Killerwelle
verstehen sollte, doch er ergriff Adams’ Hand trotzdem und schüttelte sie. »Kein Problem, solange wir an Bord nicht aneinandergeraten, können wir sogar ein Herz und eine Seele sein.«
»Abgemacht.« Gomez konzentrierte sich wieder auf den Chopper und erbat per Funk vom Kontrollturm die Starterlaubnis.
Juan sagte zu Lawless: »Sobald wir auf dem Schiff sind, schalten wir für Sie eine sichere Verbindung zu Ihren Leuten. Die müssten mittlerweile ziemlich nervös sein. Das Gleiche gilt für Ihre Familie, falls sie informiert wurde.«
»Ich bezweifle, dass sich Fortran dort schon gemeldet hat. Ich wurde ja vor weniger als achtundvierzig Stunden geschnappt.«
»Okay. Ein Punkt weniger, weswegen wir uns Sorgen machen müssen.«
Ein Minute später heulte die Turbine schrill auf, als Adams den Gashebel nach vorn schob. Die gesamte Flugzeugzelle erzitterte, und dann wurde alles ruhig, als die Kufen von der Betonfläche abhoben.
Gomez verzichtete auf eine Demonstration seines fliegerischen Könnens, daher stiegen sie in mäßigem Tempo auf und nahmen nördlich der Fünfzehn-Millionen-Stadt Kurs über die Mangrovenwälder und die Sümpfe. Eine dichte Smogglocke reduzierte die Sicht derart dramatisch, dass die Büro- und Apartmenttürme Karatschis in der Ferne kaum zu erkennen waren. Alles hatte die Farbe von Rost, die Gebäude, die Luft, sogar das Wasser im innerstädtischen Hafen. Erst wenn man nach Westen blickte, in Richtung Ozean, konnte man andere Farben sehen. Das Wasser schimmerte saphirblau. Sie überflogen den China Creek, wo sich der Haupthafen befand, und den Baba Channel, der ins offene Meer führte. Dort drängten sich Schiffe aller Art und warteten auf die Anlegeerlaubnis.
Sie ließen die vorgelagerten Düneninseln hinter sich, und der Smog machte klarer, sauberer Luft Platz. Die Sonne legte einen funkelnden silbernen Streifen auf die Wellen, während sie hinter ihnen am Himmel höher stieg.
Weitere Schiffe strebten dem Hafen entgegen oder verließen ihn mit umfangreichen Warenladungen. Ihre Heckwellen waren wie weiße Narben im Blau des Ozeans. Doch ein Schiff, nicht sehr weit vor ihnen, erzeugte keine Heckwelle.
Nach modernen Maßstäben war es mit knapp einhundertneunzig Metern Länge allenfalls mittelgroß. Das Containerschiff, das an Backbord passierte, war mehr als zweimal so lang. Außerdem wies sein Ziel eine völlig veraltete Konstruktion auf. Lange vor dem Wechsel zu standardisierten Frachtcontainern erbaut, transportierte dieses Schiff seine Fracht in fünf tiefen Laderäumen, jeder mit einem großen Schott verschlossen und mit je einem spindeldürren Derrickkran bestückt. Der Decksaufbau befand sich dicht hinter der Schiffsmitte und wurde von einem einzigen Schornstein gekrönt. Brückennocks und Laufstege hingen wie schmiedeeiserne Feuertreppen daran herab. Zwei Rettungsboote schaukelten über dem Hauptdeck in ihren Davits. Der Bug erinnerte an einen Axtkopf, während die Form des Hecks ein wenig von der Eleganz eines Champagnerkelchs erahnen ließ.
All das war schon von weitem zu sehen. Erst als der Hubschrauber in den Sinkflug ging und sich dem Schiff näherte, waren Einzelheiten zu erkennen. Es war ein Rosteimer, eine alte Schute, die schon vor Jahren hätte verschrottet werden sollen. Farbe blätterte großflächig vom Rumpf und den Decksaufbauten ab, als litte der Seelenverkäufer unter irgendeinem maritimen Ekzem. Der Anstrich selbst war ein Mosaik sich beißender Farbschattierungen, die ohne einen Sinn für Ästhetik übereinandergepinselt worden waren. Rostiges Wasser sammelte sich in Pfützen auf dem Deck, sickerte aus Speigatts und der Klüse und hinterließ auf dem Decksaufbau braune Streifen, die an rötlich braunen Vogelmist erinnerten.
Auf dem Deck selbst herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander von defekten Maschinenteilen, Ölfässern und anderem Gerümpel inklusive einer Waschmaschine und eines riesigen Traktorreifens, deren Existenz an dieser Stelle sich kaum mit herkömmlicher Logik erklären ließ.
»Das soll wohl ein Witz sein«, murmelte MacD, als er über die wahre Natur des Schiffes aufgeklärt wurde. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
»Der Kahn mag nicht besonders ansehnlich sein«, sagte Gomez Adams, »aber dafür ist er ganz schön hässlich.«
»Glauben Sie mir ruhig, wenn ich Ihnen versichere, dass dieses Schiff nicht das ist, als was es Ihnen erscheint«, versicherte ihm Juan. »Vorläufig verraten wir Ihnen noch keins seiner Geheimnisse,
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