Killerwelle
Cabrillo und blies eine Rauchwolke zur Decke, während Max eine der Seitentüren öffnete, um frische Luft hereinzulassen.
»Der Name des Bankiers lautet Roland Croissard. Er lebt in Basel. Seine Tochter heißt Soleil und ist dreißig Jahre alt. Sie steht in dem Ruf, eine Draufgängerin zu sein. Sie hat bereits ihren Platz gebucht und bezahlt, für den Fall, dass Virgin Galactic mit den geplanten Sub-orbital-Flügen beginnt. Sie hat die höchsten Berge auf sechs von sieben Kontinenten erstiegen. Zweimal musste sie am Mount Everest umkehren. Sie ist eine Saison lang als zahlende Fahrerin in der Formel Zwei an den Start gegangen. Für diejenigen, die sich nichts darunter vorstellen können, das ist eine Stufe unter der Formel Eins. Sie ist eine hervorragende Golfspielerin, rangierte als Teenager in der Weltrangliste des Damentennis ziemlich weit oben und hat soeben um Haaresbreite die Nominierung für die Schweizer Fecht-Olympiamannschaft verpasst.«
»Eine tolle Frau«, meinte Juan bewundernd.
»Das kann man wohl sagen«, bestätigte Max. »Ich würde dir ja gern ein Bild von ihr zeigen, aber dann würdest du auf der Stelle anfangen zu sabbern. Wie dem auch sei, sie und eine Freundin sind in Bangladesh auf Rucksacktour gegangen. Den GPS-Aufzeichnungen zufolge, die ihr Vater uns geschickt hat, hat sie direkten Kurs auf die Grenze von Birma genommen und ist stramm weitermarschiert.«
»Das klingt für mich nach Absicht«, sagte Linc und leerte seine Bierflasche. Sie wirkte in seiner großen Hand wie eine Tabascoflasche. »Weiß er, was sie vorhat?«
»Er hat keine Ahnung. Er sagte, dass sie ihn kaum einmal über das informiert, was sie beabsichtigt. Ich habe den Eindruck, als gebe es zwischen ihnen ein wenig böses Blut. Als ich ihn überprüfte, kam heraus, dass es eine Scheidung gegeben hatte, als Soleil siebzehn war, und er ein paar Monate später wieder geheiratet hat.«
»Wo ist die Mutter?«, fragte Juan und klopfte lässig Asche auf den schmutzigen Fußboden.
»Sie ist vor fünf Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Davor wohnte sie in Zürich, wo Soleil jetzt ebenfalls lebt.«
»Und was ist mit dem Vater?«
»Er arbeitet bei einer dieser Schweizer Banken, wo zwielichtige Leute wie wir ihr Geld deponieren. Murph und Stone haben weder über die regulären noch über die nicht so regulären Kanäle etwas Ungewöhnliches zutage fördern können. Croissard ist sauber, soweit wir das beurteilen können.«
»Hast du mal bei Langston nachgefragt? Nicht dass er sich als Bin Ladens persönlicher Bankier entpuppt.«
»Tatsächlich hat er der Agency seinerzeit geholfen, Gelder aufzuspüren, die für die terroristische Vereinigung der Jemaah Islamiyah bestimmt waren.«
»Könnte es so etwas wie eine Revanche sein?«, überlegte Cabrillo laut. »Vielleicht haben sie sie entführt.«
»Zu diesem Zeitpunkt ist noch alles möglich«, erwiderte Max. »Es könnte entweder das sein oder irgendein dort ansässiger Drogenbaron, oder es könnte auch sein, dass ihr Telefon einfach nur streikt und sie schon längst wieder auf dem Rückweg ist, während wir uns hier den Kopf zerbrechen.«
»Wie lange hat man nichts mehr von ihr gehört?«, fragte Linc.
»Sie hat sich immer einmal in der Woche gemeldet. Ihren regulären Anruf hat sie vor vier Tagen versäumt. Croissard hat einen Tag lang abgewartet, bis er nervös wurde. Er führte einige Telefongespräche. Zuerst mit seinem Kontaktmann in Langley, den er seit dieser Geldwäsche-Geschichte kannte, und dann hat er sich irgendwann mit L’Enfant in Verbindung gesetzt.«
»Hat das Telefon die ganze Zeit GPS-Koordinaten gesendet?«
»Nein«, antwortete Max. »Sie hat es nur eingeschaltet, wenn sie telefonierte.«
Juan musste seine Zigarre aufs Neue anzünden. »Demnach könnte sie nach Lage der Dinge schon vor zwölf Tagen geschnappt worden sein.«
»Ja«, sagte Max düster.
»Und alles, was wir von ihr wissen, ist ihr letzter bekannter Standort, und diese Information ist elf Tage alt.«
Diesmal nickte Hanley nur stumm.
»Das wird nicht einfach. Was wir haben, ist eine kleine Nadel und einen riesigen Heuhaufen.«
»Fünf Millionen Dollar, um es zu versuchen«, fügte Max hinzu. »Und zwei weitere, wenn wir sie zurück nach Hause bringen.«
Sie wurden von Julia Huxley unterbrochen. Sie betrat die Kommandobrücke durch den Korridor, der die sechs Kabinen auf diesem Deck miteinander verband – alle waren genauso schäbig wie das Ruderhaus.
»Wie lautet dein
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