Killerwelle
erhob sich eine Mauer wild wuchernder Vegetation. Knapp fünf Kilometer von dieser Stelle entfernt hatte sich Soleil zum letzten Mal gemeldet.
Sie manövrierten das Boot in ein Schilfdickicht, das den kleinen Bach säumte, und schoben es so gut es ging in Deckung. Kaum hatten sie dies erledigt, hatte Smith sein Maschinengewehr schon schussbereit an der Schulter und suchte die Umgebung durch das Zielfernrohr ab. Zu hören war nichts anderes als das Summen von Insekten, Vogelgezwitscher und das Plätschern des Wassers am Heck des RHIB.
Sie brauchten nur ein paar Minuten, um ihre Ausrüstung zusammenzuraffen. Sie alle trugen auf dem Rücken Trinkbehälter und leichtgewichtige Nylonrucksäcke. Der von Linda wog fünfundzwanzig Pfund, während Cabrillo und die beiden anderen Männer jeweils vierzig Pfund schleppten.
Mit ein wenig Glück würden sie nichts anderes brauchen als das Wasser.
Cabrillo schaute zum RHIB zurück, um sich zu vergewissern, dass es ausreichend gut versteckt war. Er entfernte sich ein paar Schritte von den anderen, um das Versteck aus einer anderen Perspektive zu inspizieren, als er das Gesicht entdeckte. Es musterte ihn mit verschleiertem starrem Blick. Einen atemlosen Moment lang dauerte es, bis sein Gehirn erfasste, was er sah. Es war der Kopf einer Buddha-Statue, die ein paar Schritte vom Fluss entfernt umgekippt war. Dahinter, überwuchert von Kriech- und Schlingpflanzen, befand sich ein Steingebäude, das den Stufenpyramiden in Angkor Wat im benachbarten Kambodscha zwar ähnelte, allerdings bei weitem nicht so groß war wie diese.
Das Bauwerk war vielleicht zehn Meter hoch, wobei der Buddha-Kopf einst auf dem Dach der obersten Etage geruht hatte. Alles sah irgendwie zeitlos aus, so als existiere der gesamte Komplex schon seit ewigen Zeiten an dieser Stelle und als sei der Urwald erst im Laufe der Zeit darum herum entstanden.
»Ich glaube, wir sind am richtigen Ort«, murmelte er.
»Stimmt auffällig«, sagte Linda. »Sieh mal.«
Juan löste den Blick von der Pyramide und sah zu Linda, die einen belaubten Ast beiseitegezogen hatte, so dass dahinter zwei Einer-Kajaks zu erkennen waren. Die schlanken Boote gab es bei Expeditionsausrüstern auf der ganzen Welt zu kaufen. Diese beiden waren dunkelgrün und die geeigneten Hilfsmittel, um flussaufwärts zu gelangen, weil sie von ihren jeweiligen Paddlern allein und ohne fremde Hilfe an Hindernissen vorbeigetragen werden konnten.
»Sie müssen die Boote von Bangladesh über Land hierhergeschleppt haben«, sagte Smith.
Cabrillo schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlicher ist, dass sie den Fluss von dort aus genommen haben, wo er ins Meer mündet. Wahrscheinlich haben sie für die erste Etappe ihrer Reise in Chittagong ein Schiff gechartert. Soleil hatte ganz eindeutig ein festes Ziel im Sinn. Sie wusste genau, wohin sie wollte. Seht euch das an.«
Sie alle folgten seinem Finger, mit dem er auf den Kopf des Buddha deutete. Die letzten Sonnenstrahlen ließen das Steingesicht für einen kurzen Moment erstrahlen, als wäre es vergoldet.
Linda presste eine Hand auf ihren Mund, um einen lauten Ausruf zu ersticken. »Das ist ja wunderschön«, sagte sie atemlos.
»Ich denke, wir sind wohl doch nicht in Lafourche Parish«, meinte Lawless.
Smith äußerte sich nicht dazu. Er betrachtete den Tempel noch einen kurzen Moment lang, ehe er sich die Maschinenpistole unter den Arm klemmte und Cabrillo mit einem Ausdruck ansah, als wolle er sagen, dass die Besichtigung von antiken Stätten nicht auf ihrem Programm stehe.
Juan zweifelte nicht an Smiths Loyalität zu Roland Croissard und auch nicht an seinem Bestreben, die Tochter seines Arbeitgebers zu retten, aber er dachte, der ehemalige Legionär könnte ruhig ein wenig lockerer werden und sich auch mal an den Überraschungen erfreuen, die das Leben gelegentlich bereithielt. Es gab sicherlich nicht mehr als eine Handvoll Menschen, die diesen Tempelkomplex je zu Gesicht bekommen hatten. Diese Erkenntnis elektrisierte ihn geradezu, und er wünschte sich nichts anderes, als die Rätsel dieses Ortes zu erforschen.
Aber er wusste auch, dass Smith recht hatte. Sie befanden sich auf einer Mission, und das Studium archäologischer Schätze war nicht Teil der Abmachung. Sie konnten die restlichen Kilometer zu ihrer GPS-Position zurücklegen, ehe es im Dschungel zu dunkel war, um noch etwas erkennen zu können. Er ließ Linda ein paar Fotos schießen und verstaute ihr Mobiltelefon anschließend wieder in seiner
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