Killerwelle
in einer mitfühlenden Geste nach ihm auszustrecken.
Sie bildeten eine kleine traurige Prozession. MacD war nur halb bei Bewusstsein, und Juan musste getragen werden, weil er nicht mehr die Kraft hatte zu hüpfen. Seine Wächter stützten ihn unter den Schultern und ließen sein gesundes Bein lange Schritte machen. Wäre ihm seine Lage in diesem Moment wichtig gewesen, er hätte sich gewiss erniedrigt gefühlt. Er hatte immer wieder bis zur Erschöpfung trainiert, um mit seiner Prothese nicht zu humpeln, und jetzt befand er sich in einer solch entwürdigenden Zwangslage.
Sie wurden in eine geräumige Garage mit Laderampe gebracht. Sonnenlicht drang durch die großen Tore ein und zwang Juan zu blinzeln. In der Luft lag ein Geruch von Dieselkraftstoff und verdorbenem Essen. Unter den wachsamen Blicken mehrerer Wächter luden Gefangene Säcke mit Reis von einem Lastwagen chinesischer Produktion ab, der die abgenutztesten Reifen hatte, die Juan jemals an einem Auto gesehen hatte. Sein Fahrer saß im Führerhaus und rauchte eine Zigarette. Ein anderer Lastwagen wurde mit Produkten beladen, die auf dem Gefängnisgelände angebaut wurden.
Direkt vor dem großen Raum parkte ein weißer geschlossener Lieferwagen ohne Heckfenster. Die rückwärtigen Türen standen offen und gaben den Blick auf eine Ladefläche frei, die vom Führerhaus durch ein metallenes Gitter getrennt wurde. Die beiden Gefangenen wurden in den Laderaum gestoßen. MacD schlug mit dem Kopf auf und blieb regungslos liegen. Es gab nichts, was Cabrillo in diesem Moment hätte tun können, und das steigerte seine Wut noch mehr.
Weitere Plastikfesseln wurden benutzt, um die beiden Männer an stählerne Ringe zu binden, die auf dem Wagenboden angeschraubt waren. Es war kein regulärer Gefängniswagen, sondern nur ein ziviles Nutzfahrzeug. Doch ohne Türgriffe an den Innenseiten war es genauso praktisch wie ein gepanzertes Fahrzeug. Die Türen schlugen mit einer Endgültigkeit zu, die Juan in seinen Knochen spürte. Das würde kein gutes Ende nehmen.
Einige weitere Minuten verstrichen. Er konnte sich vorstellen, dass sich Than und der General über Foltermethoden unterhielten, so wie Hausfrauen Kochrezepte untereinander austauschen. Obgleich die vorderen Fenster offen waren, wurde es im hinteren Teil des Lieferwagens so heiß wie in einem Backofen.
Jiang verabschiedete sich schließlich von Than und setzte sich selbst hinter das Lenkrad, während seine zurückhaltende Adjutantin auf den Beifahrersitz rutschte. Sie sprachen nicht miteinander, während der Motor angelassen wurde und das Fahrzeug startete. Ein leichter Wind wehte durch den Laderaum, während sie über das Gefängnisgelände kurvten und Kurs auf die Haupteinfahrt nahmen. Juan konnte von seiner Position auf dem Wagenboden aus nicht mehr als den Himmel sehen, aber er erinnerte sich, dass das Insein-Gefängnis ein riesiger Komplex in Nord-Yangon war und den Grundriss eines Speichenrades hatte. Er erinnerte sich außerdem daran, dass Familienangehörige nichtpolitischen Häftlingen Lebensmittel an den Drahtzaun bringen durften und dass ohne diese Hilfe viele von ihnen verhungern würden.
Man sagt, dass sich der Zustand einer Gesellschaft an ihren Gefängnissen erkennen lässt. Unter diesem Aspekt rangierte Myanmar am untersten Ende der Skala.
Der Wagen stoppte an der Haupteinfahrt. Wächter überprüften die Unterseite und öffneten die Hecktüren. Einer deutete zuerst auf Juan, dann auf MacD, warf einen Blick auf sein Schreibbrett, zählte ein zweites Mal und nickte. Die Türen wurden zugeschlagen.
Sie waren einen Block vom Gefängnis entfernt, und Juan wollte versuchen, ein Gespräch mit dem General anzufangen, als seine Adjutantin das Stahlgitter öffnete, hinter dem sie auf der Ladefläche eingesperrt waren. Sie nahm die Sonnenbrille ab.
Juan starrte sie an und konnte nicht glauben, was er sah. Sie kam in den Laderaum gekrochen, in der Hand einen kleinen schwarzen Koffer.
»Wie?«, fragte er krächzend.
Das Gesicht durch Latexpolster völlig verändert und das Haar gefärbt und künstlich verlängert, schenkte ihm die Chefin der Sanitätsstation auf der Oregon, Dr. Julia Huxley, das wärmste Lächeln, das er je gesehen hatte.
Dann dämmerte ihm, weshalb er den General erkannt hatte. Es war Eddie Seng, ebenfalls stark geschminkt, um älter auszusehen.
»Eddie und ich waren gerade in der Nähe.« Sie zerschnitt Cabrillos Plastikfesseln mit einem Skalpell aus ihrem Arztkoffer und begann
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