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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mazzetti
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gesellschaftliche Entwicklungen schon im Vorfeld zu erkennen, die amerikanischen Spionagedienste nicht nur einen, sondern gleich mehrere Schritte hinter den sich rapide entfaltenden Ereignissen herhinkten. »Die CIA hat Tunesien nicht vorhergesehen. Sie hat Ägypten nicht vorhergesehen. Und sie hat Libyen nicht vorhergesehen. Sie hat die Aufstände einzeln für sich genommen und kollektiv betrachtet nicht vorhergesehen«, kommentierte ein hoher Mitarbeiter der Regierung Obama das Versagen der Spione. In den hektischen Wochen nach Ausbruch der arabischen Rebellion wurden in der CIA und den anderen amerikanischen Geheimdiensten ganze Hundertschaften an Analysten von ihren bisherigen Aufgaben abgezogen und darauf angesetzt, sich irgendeinen Reim auf die Unruhen zu machen – eine verzweifelte Aufholjagd.
    Es war der erste Massenaufstand in der gerade anbrechenden Ära der sozialen Medien, und die Proteste in den nordafrikanischen Ländern verbreiteten sich über Twitter-Botschaften und Facebook-Updates. Etwas in der Art hatte man in Langley noch nie gesehen, und auch historische Vorläufer wie der Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Osteuropa boten den CIA -Oberen wenig Hilfestellung in ihren Bemühungen, das Weiße Haus und das State Department mit Prognosen darüber zu beliefern, welchem arabischen Diktator als Nächstes der Sturz drohte. Bei einem Meeting auf höchster Ebene drängte CIA -Direktor Leon Panetta seine Beamten, aus dieser Sintflut an digitalen Nachrichten endlich irgendwie schlau zu werden. »Ist denn keiner hier in der Lage, diese Botschaften an einem zentralen Ort zusammenzuführen?«, rief er in die Runde, ganz offensichtlich überfordert von der Art und Weise, wie die jüngere Generation kommunizierte.
    Aber das war nicht das einzige Problem für die CIA – einen Spionagedienst, der sehr schnell den Nachteil seiner einseitigen Ausrichtung auf den Krieg gegen den Terror zu spüren bekam. Die CIA war 1947 aus der Überlegung heraus gegründet worden, dass die Präsidenten und politischen Entscheidungsträger der USA möglichst frühzeitig über die die Welt gestaltenden Entwicklungen informiert sein sollten, aber dann hatten zuerst Präsident George W. Bush und anschließend sein Nachfolger Barack Obama die Jagd auf und Ermordung von Terroristen zum vorrangigen Ziel der Agency erhoben. Die CIA hatte in Ländern wie Ägypten und Tunesien weder ausreichend Spione, die tatsächlich spionierten, noch genügend Führungsoffiziere vor Ort, die in der Lage gewesen wären, zuverlässige Erkenntnisse über die gärende Wut auf den Straßen oder über die Ängste der dortigen Führer vor dem Verlust ihrer Macht zu gewinnen.
    Die CIA hatte im Nahen Osten und in Nordafrika mit skrupellosen und von Leuten wie Hosni Mubarak und Muammar al-Gaddafi geführten Geheimdiensten zusammengearbeitet – Partnerschaften, die ihr im Krieg gegen den Terror jede Menge Köpfe ans Messer geliefert hatten. Mehr als ein CIA -Direktor war per Du mit Moussa Koussa, von 1994 bis 2009 Direktor des für seine brutalen Methoden gefürchteten libyschen Geheimdiensts, und mehr als einmal hatten amerikanische und libysche Geheimdienstler bei der Jagd auf Leute kooperiert, denen man Kontakte zu al-Qaida unterstellte und die nach erfolgtem Zugriff in das berüchtigte Abu-Salim-Gefängnis in Libyen verfrachtet wurden. Als die Rebellen nach Gaddafis Sturz die Zentrale des libyschen Geheimdiensts plünderten, fanden sie zahllose Dokumente, die die engen Beziehungen zwischen amerikanischen und libyschen Geheimdienstlern belegten, darunter ein Brief von Porter Goss an Moussa Koussa, in dem der frühere CIA -Direktor dem libyschen Oberspion für die Orangen dankte, die dieser ihm zum Weihnachtsfest geschickt hatte.
    Und genau darin lag zu großen Teilen das Problem: Abgesehen davon, dass die libyschen und ägyptischen Spione kaum offen mit ihren amerikanischen Kollegen über die Instabilität ihrer Regierungen gesprochen haben dürften, hielten sie auch die Dissidentenführer unter scharfer Beobachtung, was es CIA -Führungsoffizieren in Städten wie Kairo sehr schwer machte, sich mit Oppositionsgruppen zu treffen und nachrichtendienstliche Informationen über die inneren Unruhen in den nordafrikanischen Staaten zu sammeln. Mike Hayden, von 2006 bis 2009 CIA -Direktor, sollte später eingestehen, dass die Entscheidung, mit den autoritären Regierungen in der arabischen Welt zu kooperieren, die Fähigkeiten der Agency massiv geschwächt

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