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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mazzetti
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und einer Köchin war Raymond Allen Davis unter ärmlichen Verhältnissen in einem kleinen Schindelhaus in dem Weiler Strawberry Patch aufgewachsen. Strawberry Patch war ein Ortsteil von Big Stone Gap, einer Kleinstadt mit 6000 Einwohnern im Kohlerevier von Virginia, die ihren Namen dem tief eingeschnittenen Tal verdankt, in dem der Powell River sich hier durch die Appalachen zwängt. Davis, ein schüchterner und zurückhaltender Junge, war ungewöhnlich stark und brachte es im Football- und im Ringerteam der örtlichen Highschool zum umjubelten Star. Als er 1993 seinen Schulabschluss in der Tasche hatte, meldete er sich zur Armeeinfanterie und leistete 1994 einen Einsatz als UN -Blauhelm in Mazedonien. Nach Ablauf seiner fünfjährigen Dienstzeit bei der Infanterie verpflichtete er sich erneut, dieses Mal bei der 3rd Special Forces Group der US -Armee in Fort Bragg, von der er 2003 Abschied nahm. Wie viele andere ehemalige Navy SEAL s und Green Berets wurde er von Blackwater USA angeheuert und kurz darauf als Personen- und Objektschützer für die CIA in den Irak geschickt.
    Über Davis’ Arbeit für Blackwater ist wenig bekannt, aber 2006 hatte er die Firma bereits wieder verlassen und zusammen mit seiner Frau ein privates Sicherheitsunternehmen in Las Vegas gegründet. Wenig später wurde er von der CIA als privater Dienstleister verpflichtet, als, wie die Agency es nennt, »Green Badge« – nach der Farbe der Ausweiskarten, die die Auftragnehmer vorzeigen müssen, wenn sie das CIA -Hauptquartier in Langley betreten. Wie Davis wurden viele solche Dienstleister als Verstärkung für den Global Response Staff der CIA angefordert – sprich als Bodyguards, die in Kriegszonen zum Schutz von Führungsoffizieren, zur Überprüfung der Sicherheitslage an potenziellen Treffpunkten und zum Teil sogar für Erstkontakte mit Quellen eingesetzt wurden. Letzteres, um zu vermeiden, dass ein Führungsoffizier in einen Hinterhalt geriet. Angehörige dieser bewaffneten Sicherheitseinheit waren es auch, die am 11. September 2012 auf dem Dach des US -Konsulats im libyschen Bengasi, in dem sich auch die dortige CIA -Station befand, so vernichtend unter Beschuss gerieten. Bei seinem ersten Einsatz für die CIA in Pakistan 2008 hatte Davis von der CIA -Basis in Peschawar aus gearbeitet und einschließlich Zulagen und Spesen über 200000 US -Dollar im Jahr verdient.
    Mitte Februar 2011 saß Davis nun schon mehrere Wochen hinter Gittern, und es sah auch nicht danach aus, als würde er demnächst wieder auf freien Fuß kommen. Der tödliche Zwischenfall in Lahore hatte die antiamerikanischen Emotionen in Pakistan mächtig aufgepeitscht; auf den Straßen demonstrierten zahllose wütende Menschen, und in den Zeitungen forderten empörte Kommentatoren ihre Regierung auf, dem Drängen Washingtons auf eine Freilassung von Davis nicht nachzugeben und ihn stattdessen zum Tode zu verurteilen. Nach allem, was man zu diesem Zeitpunkt wusste, hatten die beiden von Davis erschossenen Männer an dem Tag bereits mehrere kleine Diebstähle verübt. Das entlastete Davis. Allerdings gab es noch ein zusätzliches Problem: Ein dritter Pakistaner war von einem vom Tatort davonbrausenden amerikanischen Geländewagen ohne Kennzeichnen überfahren und getötet worden.
    Was Davis’ Lage noch weiter verschlimmerte, war der Umstand, dass er in Lahore im Gefängnis saß, der Stadt, in der sich die ganze Sache zugetragen hatte und deren politische Kultur von Nawaz Sharifs Familie dominiert wurde. Und der pakistanische Ex-Premier, der keinen Hehl aus seinen Absichten machte, wieder an die Spitze des Staats zurückzukehren, war der Hauptgegenspieler des amtierenden Präsidenten Asif Ali Zardari und seines politischen Apparats im 350 Kilometer entfernten Islamabad. Die amerikanische Botschaft in der Hauptstadt hatte in ihren Bemühungen, Davis aus dem Gefängnis zu holen, zunächst auf Zardaris Regierung gesetzt, aber bald erkannt, dass Zardari wenig Einfluss auf die Polizei und die Richter in der Stadt seines erbittertsten Rivalen nehmen konnte.
    Der wichtigste Grund für Davis’ anhaltendes Schmachten in der Gefängniszelle aber war, dass die Obama-Regierung sich weiterhin weigerte, einen Verdacht der pakistanischen Führung zu bestätigten, den diese schon seit einiger Zeit hegte und den Raymond Davis’ Treffsicherheit auf dem Kreisverkehr in Lahore nur verstärkte: dass es sich bei ihm keineswegs nur um irgendeinen aktenwälzenden US -Diplomaten handelte.

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