Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
militärischer Operationen, zum geheimen Einsatz von Abstandswaffen und zur geheimen Ausbildung ausländischer militärischer oder paramilitärischer Kräfte doppelt aufzubauen«, hieß es im Abschlussbericht der Kommission, der im Juli 2004 veröffentlicht wurde.
Dies entsprach natürlich genau Rumsfelds Ansicht, und wenige Tage nach der Veröffentlichung des Berichts gab er Tom O’Connell den Auftrag, Näheres darüber in Erfahrung zu bringen, was zu der Empfehlung geführt hatte. O’Connell sprach mit dem ehemaligen Marineminister John Lehman, einem Mitglied der Kommission, und berichtete Rumsfeld, dieser habe den Umgang der CIA mit paramilitärischen Operationen »konfus« gefunden. In seinem Memo für Rumsfeld schrieb er, Lehman habe ihm erzählt, dass die Kommission über die mangelnde Bereitschaft der CIA, »ein Risiko einzugehen«, bestürzt gewesen sei, und auch darüber, dass sie »zögere, den Abzug zu drücken, wenn sich Gelegenheiten ergäben«. Wie Lehman zu O’Connell sagte, bestand das größte Problem darin, dass das Pentagon die Fähigkeiten zum Jagen und Töten besitze, aber die CIA die Vollmachten dafür habe.
Rumsfeld beauftragte Cambone damit, herauszufinden, wie sich diese Empfehlung umsetzen ließe, und dieser stellte schon bald die radikalere Frage, ob sich die Operationen der CIA nicht noch weiter einschränken ließen. Ende September 2004 schrieb er an Rumsfeld, er habe Zweifel, ob die CIA überhaupt Geheimoperationen durchführen sollte, die man ja als »operative Tätigkeit ähnlich der eines Combatant Commander« betrachten könne. Mit anderen Worten: Vielleicht sollte das Pentagon überhaupt die gesamte Geheimdiensttätigkeit übernehmen. Das Problem, dass die CIA sowohl für verdeckte Operationen als auch für Analyse zuständig sei, führe potentiell zu »Verzerrungen«, wenn die Effizienz einer konkreten verdeckten Operation beurteilt werde. Anders gesagt, die CIA war so konstruiert, dass sie ihre eigene Arbeit benotete.
Das Argument war vielleicht eigennützig, doch es traf den Kern einer noch wichtigeren Frage: Kann ein Dienst, der mit einer gezielten Tötungskampagne gegen al-Qaida betraut ist, objektiv beurteilen, welche Auswirkungen genau diese Kampagne auf die Stärke der al-Qaida hat? Mit genau dieser Frage sollten die Mitglieder der Regierung Obama Jahre später konfrontiert sein, als der Geheimdienst seinen Drohnenkrieg in Pakistan eskalieren ließ.
Am Ende vertraten sowohl Rumsfeld als auch CIA -Direktor Porter Goss gegenüber Bush die Ansicht, dass die Vollmacht zur Durchführung verdeckter militärischer Operationen doch nicht von der CIA auf das Pentagon übertragen werden sollte. Rumsfeld war zu der Überzeugung gelangt, dass er unter der Flagge »traditionelle militärische Aktivitäten« tun konnte, was er wollte, selbst wenn die CIA parallel dasselbe tat. Goss dagegen hatte seine eigene heimliche Lobbying-Kampagne durchgeführt, um das Revier der CIA zu verteidigen, und dabei ebenfalls die Regierungsmitglieder gedrängt, der Empfehlung der 9/11 Commission nicht zu entsprechen. Diese Übereinstimmung zwischen Pentagon und CIA war freilich nur von kurzer Dauer und sollte den Kämpfen zwischen den beiden Institutionen kein Ende setzen.
Schon im Jahr 2004 begannen kleine Spezialeinheiten des JSOC, zu Spionageoperationen rund um den Erdball auszuschwärmen: nach Südamerika, Afrika, Asien und in den Nahen Osten. Sie gingen auch nach Frankreich, wo sie versuchten, Informationen über militante islamistische Gruppen zu sammeln, und eines der Teams musste Paraguay hastig wieder verlassen, weil einer von Rumsfelds Spionen bei einer Wirtshausschlägerei die Pistole zog. »Da rannten überall diese Typen für uns rum, die versuchten, James Bond zu spielen, und es lief nicht besonders gut«, formulierte es ein früherer Pentagonmitarbeiter, der an der Leitung des Programms beteiligt war.
Einige der Teams hatten die harmlos klingende Bezeichnung Military Liaison Elements und waren in Botschaften stationiert. Andere reisten heimlich in fremde Länder ein und informierten dort weder den amerikanischen Botschafter noch den CIA -Stationschef über ihre Tätigkeit. Da die ganze Welt jetzt eine Kriegszone war, glaubte das Pentagon, dass die Spezialeinsatzkräfte nur ihren militärischen Vorgesetzten, nicht jedoch dem zivilen Botschafter unterstellt seien.
Eines Nachmittags kam der Militärattaché der amerikanischen Botschaft in Jordanien in das Büro des Botschafters Edward
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