Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
W. Gnehm und legte ihm einen Zettel auf den Schreibtisch. Es war eine Nachricht des Pentagons, die direkt an den Attaché gegangen und eigentlich nur für seine Augen bestimmt war. Sie lautete, dass bald ein Team des militärischen Geheimdiensts in Jordanien eintreffen und Informationen über die Stabilität des jordanischen Regimes sammeln werde. Auf keinen Fall, hieß es in der Nachricht, dürften der Botschafter oder der CIA -Stationschef von den Aktivitäten des Pentagons in Jordanien erfahren.
Der Militärattaché, der nun im Büro des Botschafters saß, hatte diese Anweisung natürlich ignoriert. Nach der Besprechung informierte Gnehm sofort den CIA -Stationschef, der, wie Gnehm sich erinnerte, »an die Decke ging«.
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D ER BÖSE V OGEL
»Dies ist ein politischer Krieg, der ein differenziertes Töten erfordert. Die beste Waffe zum Töten wäre ein Messer, aber ich fürchte, damit schaffen wir es nicht. Die schlechteste ist ein Flugzeug.«
Lt. Colonel John Paul Vann, amerikanischer Offizier in Vietnam
Die Beamten in der Operationszentrale des Counterterrorist Center der CIA sahen in der Videoübertragung, wie der Toyota Land Cruiser in der jemenitischen Provinz Ma’rib, dem Geburtsland der legendären Königin von Saba, auf der Wüstenstraße durch die Schlaglöcher bretterte. Es war eine unbequeme Fahrt für die sechs Männer in dem staubbedeckten Allradfahrzeug, aber nichts an dem Geländewagen hätte normalerweise bei der jemenitischen Polizei oder dem dortigen Militär Verdacht erregt. Auf der Rückbank des Fahrzeugs jedoch verriet das Handy von Qaed Salim Sinan al-Harethi den Standort des meistgesuchten Mannes im Jemen. Über dem Geländewagen schwebte eine bewaffnete Predator-Drohne der CIA .
Die Vereinigten Staaten hatten al-Harethi als einen der Drahtzieher des Bombenanschlags auf die U.S.S. Cole identifiziert , bei dem siebzehn Seeleute umkamen, als das Schiff im Golf von Aden auftankte. Wegen des Angriffs stand al-Harethi fast ganz oben auf der von der Regierung Bush erstellten Liste der zum Abschuss freigegebenen Qaida-Mitglieder, und als im Frühjahr 2002 ein Team amerikanischer Spezialeinsatzkräfte im Jemen landete, wurde die Jagd auf al-Harethi zu seiner Top-Priorität. Doch der Gesuchte hatte schon in den 1980er-Jahren mit den Mudschahedin in Afghanistan gekämpft, und was er an Überlebenstechniken im Kampf gegen die Sowjetunion nicht gelernt hatte, eignete er sich in dem Jahrzehnt an, als er sich vor der Geheimpolizei in den Vereinigten Arabischen Emiraten und vor den loyalen Elitetruppen des jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh versteckte. Im Jahr 2000 hatte ihn Osama Bin Laden in den Jemen geschickt, um den Anschlag auf die Cole zu planen und dort Trainingslager von al-Qaida aufzubauen. Al-Harethi hatte Saleh mehrfach blamiert, indem er anrückenden jemenitischen Truppen in letzter Minute entkam.
Der geschäftstüchtige jemenitische Präsident hatte sofort erkannt, dass es finanzielle Vorteile brachte, wenn er sich in dem neuen Krieg an die Seite der USA stellte, aber er hatte darauf bestanden, dass die Regierung Bush diesen Krieg zu seinen Bedingungen führte. Er war im Jemen seit den 1970er-Jahren an der Macht, die er trotz blutiger Stammesfehden und schiitischer Separatisten behauptet hatte, und nun war er nicht bereit, die Amerikaner ohne Gegenleistung einen geheimen Krieg in seinem Land führen zu lassen. Auf einer Reise nach Washington, zwei Monate nach dem 11. September, hatte er den USA bei einer Besprechung mit Präsident Bush, Verteidigungsminister Rumsfeld und CIA -Direktor Tenet 400 Millionen Dollar abgerungen. Dafür erlaubte er, dass eine kleine Gruppe amerikanischer Spezialeinsatzkräfte in den Jemen kam, bestand jedoch darauf, dass sie Waffen nur zur Selbstverteidigung einsetzte. Ohne Saleh darüber zu informieren, schickte das Pentagon zusammen mit der Kommandoeinheit auch Abhörtechniker von Gray Fox in das Land.
Für den Einsatz von Predator-Drohnen war Saleh freilich leicht zu gewinnen gewesen.
Im Frühjahr 2002 ersuchte Botschafter Edmund Hull den Präsidenten um ein Gespräch, bei dem er seine Zustimmung zum Einsatz der Drohnen in seinem Land erlangen wollte. Er kannte den Präsidenten inzwischen so gut, dass er mit seinen heftigen Stimmungsschwankungen vertraut war, und er wusste, welche Gesprächsthemen dem Anliegen der CIA wahrscheinlich am ehesten förderlich wären. Wenige Tage zuvor war eine Gruppe von CIA -Beamten aus Langley eingetroffen und
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