Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
durchzuführen – zum Beispiel in Syrien, in Somalia oder eben auch in Pakistan. Gemäß der neuen Direktive unterlagen die Einsätze einer hohen Geheimhaltungsstufe, sie wurden nur selten öffentlich anerkannt und der Kongress wurde nur unregelmäßig über sie informiert.
Das Joint Special Operations Command gehörte nun zu den am hellsten strahlenden Sternen am Firmament des Verteidigungsministeriums. Sein Budget für Spezialeinsätze wurde binnen sechs Jahren mehr als verdoppelt und belief sich 2007 auf knapp acht Milliarden US -Dollar. Das war zwar nur ein Bruchteil dessen, was das Pentagon in derselben Zeit für Schiffe und Flugzeuge ausgab, aber das JSOC konnte mit dem üppig fließenden Geld nicht nur neue Einsatzzüge einrichten, sondern auch in großem Stil in Nachschub- und Logistiksysteme investieren, die es den Navy SEAL s und der Delta Force erlaubten, verdeckte Operationen über Tage oder Wochen hinweg durchzuführen. Das JSOC war damit nicht mehr nur auf »Schnell rein, schnell raus«-Geiselrettungsmissionen beschränkt. Ganz im Gegenteil: Jetzt konnte es seine eigenen Kriege führen.
Wie sehr es das konnte, demonstrierte es im Irak. Dort hatte Generalleutnant Stanley McChrystals Task Force den Befehl erhalten, gegen die von dem jordanischen Terroristen Abu Musab al-Sarkawi angeführte Qaida-Gruppe im Irak vorzugehen. Welle um Welle tödlicher Gewalt rollte über das Land, und al-Sarkawis »al-Qaida im Zweistromland« hatte die Verantwortung für zahlreiche verheerende Anschläge auf amerikanische Truppenkonvois und heilige Stätten der Schiiten übernommen. Binnen weniger Monate nach Beginn des Aufstands erkannten die US -Kommandeure vor Ort, dass der Krieg auf Jahre hinaus die Stationierung starker amerikanischer Kräfte im Land erfordern würde, und Rumsfeld und sein oberster Geheimdienstberater, Stephen Cambone, ließen das JSOC von der Leine, um wenigstens den tödlichsten Arm des irakischen Aufstands zu neutralisieren.
Das Mantra der Task Force, die in einem alten irakischen Luftwaffenhangar auf der nördlich von Bagdad gelegenen Balad Air Base stationiert war, lautete: »Wir kämpfen für Geheimdienstinformationen.« Am Anfang herrschte auf den Whiteboards, die McChrystal und sein Team aufgestellt hatten, um darauf die Struktur der Terrorgruppe nachzuzeichnen, gähnende Leere. Ein Großteil des Problems ließ sich, wie McChrystal erkannte, auf die mangelhafte Kommunikation zwischen den diversen amerikanischen Militärkommandos im Irak zurückführen, die kaum Prozeduren für den Austausch von Geheimdienstinformationen vorsah. »Zunächst versuchten wir uns einen Überblick über den Feind zu verschaffen – und über uns selbst«, schrieb McChrystal später. »Weder das eine noch das andere war leicht.« Wie wenig man überhaupt wusste, zeigte sich 2004 , als irakische Truppen in der Nähe von Falludscha al-Sarkawi festnahmen, ihn aber, da niemand genau wusste, wie der jordanische Terrorist aussah, wieder laufen ließen.
Doch nach und nach nahm ein Plan Gestalt an. Bei den nächtlichen Razzien gegen al-Sarkawis Netzwerk ging es nicht darum, irgendwo eine Tür einzutreten und wild um sich zu schießen. McChrystal legte weniger Wert auf den Bodycount, die Zahl der erlegten Feinde, als vielmehr auf die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse, die man durch Verhöre und Computerforensik vor Ort gewinnen konnte. Diese Erkenntnisse wiesen einen Weg zum nächsten mutmaßlich sicheren Haus, wo sich im Idealfall höherrangige Qaida-Kämpfer versteckt hielten. Steck die Nadel in irgendeine Vene, lautete die Theorie, und du erfährst etwas über das gesamte System.
Gleichzeitig versuchte McChrystal zu verhindern, dass seine Task Force durch dieselben Rivalitäten lahmgelegt wurde, die schon in Afghanistan manchen Operationen der Spezialkräfte ganz und gar nicht gut bekommen waren. Er machte CIA -Beamten im Irak seine Aufwartung und brachte einen hochrangigen CIA -Mitarbeiter dazu, sich jeden Morgen zur täglichen Lageberichterstattung für die Task Force mit ihm an den Tisch zu setzen. Viele tausend Kilometer entfernt gingen in einem unscheinbaren Regierungsgebäude in Fairfax, Virginia, Analysten die bei den nächtlichen Razzien im Irak gewonnenen Informationen durch, die McChrystals Leute von USB -Laufwerken, Mobiltelefonen und Computer-Festplatten gezogen hatten. So füllten sich die Whiteboards im Laufe der Zeit mit den Namen und Decknamen einer zunehmenden Zahl von al-Sarkawis Gruppe
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