Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
luxuriöse Hotelsuite in Nairobi geflüchtet hatte, war zwar kaum der geeignete Mann, ihren Plan zu genehmigen. Aber als Ballarin die Suite verließ, war sie in bester Stimmung. Einige Tage später schickte sie eine E-M ail an mehrere ihrer Geschäftspartner in den Vereinigten Staaten, darunter auch Chris Farina, den Chef der in Florida ansässigen privaten Sicherheitsfirma ATS Worldwide.
»Jungs, erfolgreiches Meeting mit Präsident Adullay Yussef [sic] und seinem Stabsleiter Personal«, schrieb Ballarin. »Er hat seinen Protokollchef zu unserem vorläufigen Kontaktmann bestimmt.« In derselben E-M ail deutete sie an, dass die CIA über ihre Pläne informiert sei und sie vorhabe, sich mit einer Kontaktperson, die sie bei der CIA habe, in New York zu treffen.
Farina riet zur Vorsicht und warnte sie in seiner Antwort davor, mit einem halbgaren Plan an den Start zu gehen. »Zu diesem Zeitpunkt würde eine gewaltsame Zutrittsoperation [nach Mogadischu] ohne zusätzliche nachrückende Kräfte, die sich die Dynamik/Initiative der ursprünglichen Operation zunutze machen könnten, mit einer Neuauflage von Dien Bien Phu enden«, schrieb er in Anspielung auf jenes Debakel, das die Franzosen 1954 in Indochina erlebt hatten.
Zudem sei, schrieb Farina weiter, die CIA womöglich nicht der beste Partner für ihr Projekt – vor dem Hintergrund dessen, was sich gerade in Somalia abgespielt hatte, aller Wahrscheinlichkeit nach ein kluger Ratschlag. Mit dem Pentagon dürfte sie, fügte er hinzu, besser beraten sein.
Am Ende beherzigte sie Farinas Ratschlag, aber es sollten noch zwei weitere Jahre ins Land gehen, bevor sie das Pentagon so weit hatte, ihre Abenteuer in Somalia zu finanzieren.
Die Machtübernahme durch die Union islamischer Gerichte bescherte Mogadischu zunächst eine Ruhephase, wie sie die somalische Hauptstadt seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Eine Stadt, die die Warlords unter sich aufgeteilt hatten, war wieder offen und vereint. Kinder, die nur einen Kilometer vom Meer entfernt aufgewachsen waren, es aber nie mit eigenen Augen gesehen hatten, weil der Weg dorthin durch das Gebiet eines rivalisierenden Klans führte, konnten nun erstmals in ihrem Leben einen Tag am Meer verbringen.
Doch der Shabaab-Flügel innerhalb der UIC , der die eigentliche Macht in Mogadischu ausübte, brachte noch im selben Sommer mit einer ganzen Serie von Erlassen viele Somalier gegen die neuen Führer auf. Ausländische Filme wurden ebenso verboten wie Fußballspiele, und die Frauen mussten ihr Gesicht verschleiern. Am unpopulärsten aber war das Verbot des Khat-Konsums, der narkotisierenden grünen Blätter, die fast alle somalischen Männer tagtäglich kauen und die einen milden, angenehmen Rausch erzeugen.
Die Besorgnis in Washington wegen der Einführung der Scharia-Rechtsprechung in Mogadischu wurde noch weiter angeheizt durch die Äthiopier, die fürchteten, an ihrer Ostgrenze könnte ein neuer sicherer Hafen für al-Qaida entstehen und deshalb die Bush-Regierung mit einer Flut nachrichtendienstlicher Informationen versorgten. Die Feindschaft zwischen Äthiopiern und Somaliern wurzelte tief. In den 1970er-Jahren hatten die beiden Länder einen erbitterten Krieg um die ostäthiopische Region Ogaden geführt, eine Auseinandersetzung, die zu einem Stellvertreterkonflikt des Kalten Kriegs wurde – Somalia wurde von den Vereinigen Staaten hochgerüstet, Äthiopien von den Sowjets mit Waffen versorgt. Doch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lösten sich in Afrika, wie in so vielen anderen Teilen der Welt auch, alte Allianzen auf, und es entstanden neue. Und in den 1990er-Jahren, als in Washington die Angst vor der Ausbreitung des islamischen Fundamentalismus grassierte, fing man an, in Äthiopien und seiner christlichen Bevölkerungsmehrheit einen natürlichen Verbündeten der Vereinigten Staaten zu sehen.
Als im Sommer 2006 in äthiopischen Regierungskreisen erstmals offen über die Möglichkeit einer Invasion in Somalia gesprochen wurde, um die Union islamischer Gerichte und vor allem al-Shabaab zu zerschlagen, sahen etliche Leute in Washington darin eine willkommene Chance. Der Versuch, eine bunt zusammengewürfelte Ansammlung von Warlords zu bewaffnen und gegen die Islamisten zu führen, war gescheitert, aber vielleicht taugte ja die äthiopische Armee als Amerikas neue Stellvertretermacht in Somalia. Wenige Wochen nach der Machtübernahme der Islamisten in Mogadischu legte General John Abizaid vom U.S. Central Command
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