Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Amtsinhaber sich weigerte, zu einer Debatte mit ihr zu erscheinen, versuchte sie auch daraus noch Kapital zu schlagen, schnitt ein Stück Karton aus, pappte sein Porträt darauf und führte die Debatte eben ohne ihn. Bei der Wahl ging sie sang- und klanglos unter.
Nach dem Tod ihres ersten Ehemanns heiratete sie Gino Ballarin, einen ehemaligen Barkeeper des legendären »21 Club« in Manhattan, der es inzwischen zum Manager des privaten Georgetown Club in Washington gebracht hatte. Mit den Partys, die die beiden in ihrem Haus in Virginia warfen, schafften sie schließlich die Aufnahme in das Green Book, dem Verzeichnis »gesellschaftlich prominenter Washingtoner«, das als Bibel der alten Geldelite der Stadt gilt. In einem 1997 geführten Interview erzählte sie einem Reporter, wie sehr sie es erfreute, nun zusammen mit all ihren Freunden, Nachbarn und anderen »Förderern des gepflegten Reitsports« im Green Book geführt zu werden.
»Das Buch ist ein Symbol für die althergebrachte Art und Weise, wie man die Dinge tut, für eine Art des Handelns, die sich dem Wandel entgegenstemmt«, erklärte sie. »Es ist ein Symbol für eine zurückhaltendere Art, sein Leben zu führen.«
Zu der Zeit residierten die Ballarins bereits auf einem Anwesen in Markham, Virginia, das den eindrucksvollen Namen Wolf’s Crag trug. Einst hatte hier Turner Ashby gelebt, ein konföderierter Kavalleriekommandeur, der während Stonewall Jacksons Shenandoah-Feldzug zu Ruhm (und zu Tode) gekommen war und sich den Spitznamen »The Black Knight of the Confederacy« – »der Schwarze Ritter der Konföderation« – erworben hatte. Aber Michelle Ballarins Pläne reichten offenbar weit über die einer Frau hinaus, die ein vornehmes Leben voller Polo-Partien und Gartengesellschaften führte, und in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren versuchte sie sich nacheinander in mehreren Geschäftsfeldern, von der Immobilienprojektentwicklung über internationale Finanzanlagen bis hin zum Verkauf von Körperprotektoren.
Nach ihrer Schilderung war es ein zwangsloses, von einem Freund aus ihrer Washingtoner Freimaurerloge organisiertes Treffen mit einer Gruppe somalischstämmiger Amerikaner gewesen, das ihr Interesse an dem vom Krieg verheerten Land geweckt und den Anstoß zur Verwandlung von Michele zu Amira gegeben hatte. Sie unternahm mehrfach Reisen nach Afrika, und bald schon zeigte sich die bis dato fromme Christin, die jeden Sonntag in der Kirche die Orgel spielte, von den Lehren des Sufismus fasziniert, einer mystisch angehauchten Spielart des Islam, die einst vor allem auf dem indischen Subkontinent und in Nordafrika dominant gewesen war. Die Blütezeit des Sufismus ging mit dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs und der Ausbreitung fundamentalistischerer Auslegungen des Korans zwar zu Ende, doch in Somalia hat er weiterhin eine große Gefolgschaft. Ballarin gelangte zu der Überzeugung, die Unterstützung der sufistischen Gruppen in Somalia sei die beste Methode, den ihrer Meinung nach bösen Einfluss des fundamentalistischen Wahhabismus zurückzudrängen, der mithilfe reicher saudischer Geldgeber und den von ihnen finanzierten Religionsschulen und Moscheen im Land Fuß gefasst hatte.
Nach außen hin entsprach ihr Auftreten in Somalia ganz dem des üblichen reichen Gutmenschen, der sich für irgendwelche hehren Entwicklungsprojekte einsetzt, tatsächlich aber verfolgte sie mit ihrem Engagement auch andere, dunklere Ziele. Als die Union islamischer Gerichte in Mogadischu die Kontrolle übernahm, sah sie eine Chance, in den weiten, von keiner Regierung kontrollierten Gebieten Somalias Stützpunkte für eine gegen die Herrschaft der Islamisten kämpfende Widerstandsbewegung zu errichten und dabei zugleich ihre Geschäftsinteressen in dem Land zu befördern. Die Pferdenärrin aus Virginia war entschlossen, das Chaos in Somalia für ihre Zwecke auszunutzen.
Bei dem Treffen mit dem Präsidenten der Übergangsregierung, Abdullahi Yusuf Ahmed, unterbreitete Ballarin ihm den Plan, eine Basis in der nordsomalischen Hafenstadt Berbera zu errichten. In Berbera gab es ein stillgelegtes Flugfeld, das die NASA vor langer Zeit einmal als Notlandeplatz für ihre Space Shuttles angelegt hatte, und Ballarin bot an, den Standort zu einem kommerziellen Umschlagplatz und Stützpunkt für die Ausbildung von Milizen zur Bekämpfung der Shabaab-Garde auszubauen. Präsident Ahmed, der mehr als alles andere ein politisches Aushängeschild war und sich in eine
Weitere Kostenlose Bücher