Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
von wem. Washington war »dieser mysteriöse Ort, wo man zu unseren großartigen Ideen ›ja‹ oder ›nein‹ sagte. Und wir alle verfluchten es.«
Am 11. September 2001 hatte Michael Furlong seinen aktiven Militärdienst bereits quittiert und arbeitete für die Science Applications International Corporation ( SAIC ), ein Rüstungsunternehmen, das wegen geheimer Staatsaufträge schon bald in Geld schwimmen sollte. Furlong hatte sich jahrelang damit befasst, wie man in einer feindseligen ausländischen Öffentlichkeit proamerikanische Botschaften verbreitet, und nun stand er plötzlich im Zentrum eines Kriegs um Herz und Verstand der Menschen in der muslimischen Welt. Im Herbst 2001 arbeitete er mit Donald Rumsfeld an Strategien für Informationskampagnen (eine Arbeit, für die er einen Orden des Verteidigungsministeriums erhielt), und gelegentlich war er auch im Situation Room des Weißen Hauses mit dabei, wenn Bushs Regierungsmitglieder verzweifelt nach Mitteln und Wegen suchten, um den Muslimen ihre wichtigsten Anliegen zu vermitteln.
Keine zwei Jahre nach dem 11. September bekam die SAIC eine massive Geldspritze, als das Militär neue Aufträge für den Wiederaufbau des zerstörten Irak vergab. Furlong reiste nach Bagdad und leitete für die SAIC das Projekt, für 15 Millionen Dollar im Irak den Fernsehsender Iraqi Media Network aufzubauen. Er sollte ein Gegengewicht zu al-Dschasira und anderen arabischen Medien bilden, die man in Washington als antiamerikanisch empfand. Doch bei dem Projekt gab es schon bald Probleme. Die irakischen Mitarbeiter liefen davon, weil sie nicht bezahlt wurden, und der Sender hatte technische Probleme, die irakischen Haushalte zu erreichen. Nach wenigen Monaten hatte die SAIC 80 Million Dollar Geld aus dem Pentagon verbraten, aber das Projekt stand kurz vor dem Zusammenbruch. Furlong wurde im Juni 2003 die Leitung des Projekts entzogen, obwohl seine Kollegen sagten, er sei wohl kaum der einzige Verantwortliche für die Schwierigkeiten des Senders gewesen. Doch er konnte ein schrecklicher Angeber sein. Er bestand darauf, in einem weißen Hummer in Bagdad herumzufahren, der immer noch Nummernschilder von Maryland trug und den er sich eigens in den Irak hatte liefern lassen.
Mit diesem Verhalten brachte Furlong manche Kollegen gegen sich auf, aber sein meisterlicher Umgang mit dem byzantinischen System, nach dem im Pentagon die Aufträge vergeben werden, machte ihn für Rüstungsunternehmen unschätzbar wertvoll. Projekte zur Informationsvermittlung kosten nur einen kleinen Bruchteil der Entwicklung eines neuen Panzers oder Kampfflugzeugs, und wie Furlong besser wusste als die meisten, können gescheite und ehrgeizige Leute in einem milliardenschweren Apparat wie dem Pentagon manchmal Million Dollar locker machen, wenn sie in obskuren Ecken der Bürokratie neue Geldquellen anzapfen. Mit diesem Geld lassen sich kleine Imperien aufbauen.
Im Frühjahr 2005 tauchte Furlong im Las Vegas Convention Center auf. Er stand kurz davor, eine hohe zivile Stelle in der Abteilung für psychologische Kriegführung des U.S. Special Operations Command ( SOCOM ) anzutreten und hatte einen Stapel Visitenkarten dabei, die ihn als Verkäufer von Büroartikeln auswiesen und von seiner eigentlichen Tätigkeit ablenken sollten: der Suche nach kleinen Unternehmen, die dem Pentagon helfen würden, im Nahen Osten Propagandakampagnen durchzuführen und Nachrichten zu beschaffen.
Er verbrachte mehrere Stunden am Stand von U-T urn Media, einer kleinen tschechischen Firma, die Möglichkeiten entwickelt hatte, Videos auf Mobiltelefone zu übertragen. Das Team von U-T urn erkannte sehr schnell, dass Furlong nicht wirklich Büroartikel verkaufte, weil einige Mitarbeiter auf seiner Visitenkarte die Adresse des Special Operations Command in Tampa erkannten. Wie sich herausstellte, war die zufällige Begegnung mit ihm ein Glücksfall für das um seine Existenz kämpfende Unternehmen, das in Las Vegas dringend neue Aufträge an Land ziehen musste.
U-T urn wurde von Jan Obrman geführt, einem Tschechen, dessen Familie während der sowjetischen Invasion Ende der 1960-Jahre aus Prag geflohen war. Aufgrund seiner Kindheitserfahrungen war Obrman entschieden proamerikanisch und wollte unbedingt auf der ganze Welt für das westliche Demokratieverständnis werben. Er hatte in den 1980-Jahren für einen proamerikanischen Thinktank gearbeitet und war später leitender Angestellter bei Radio Free Europe geworden. Der Aussicht,
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