Killing for Love: Thriller (German Edition)
weiß, du glaubst nicht, dass ich in Gefahr bin. Du denkst, ich hätte mir diese beiden Morddrohungen ausgedacht, richtig?«
»Einen Brief«, korrigierte Mike. »Maleah sagte, du hättest den ersten weggeworfen … sofern es einen ersten gab.«
»Du egoistischer Mistkerl! Bildest du dir tatsächlich ein, ich wäre so wild darauf, mich in dein Leben zu drängen, dass ich sogar Drohbriefe fälsche?« Sie piekte ihm mit dem Zeigefinger in die Brust. »Dann wollen wir gleich einmal einiges klarstellen: Ich habe deine ach so subtilen Botschaften allesamt verstanden. Du willst mich nicht, du wünschst dir, ich wäre nie nach Dunmore zurückgekommen. Du hältst mich für pures Gift. Prima! Und jetzt hör mir gut zu! Ich bin über dich hinweg, längst. Ich würde dich nicht einmal wollen, wenn du mir auf einem Silbertablett mit einem goldenen Apfel im Maul serviert wirst!«
Er stand da und sah sie an, die blauen Augen vor Schreck weit aufgerissen.
Erst jetzt nahm sie ihren Finger von seiner Brust und ballte ihre rechte Hand zur Faust. »Jemand hat mir zwei Briefe geschickt, in denen er mir erzählt, dass ich sterben werde. Es kann ein perverser Scherz sein, oder aber dort draußen ist wirklich irgendwo ein Irrer, der mich umbringen will. Also, mach deinen Job, Sheriff! Ich bin eine Steuerzahlerin aus deinem Zuständigkeitsbereich!«
Mit diesen Worten verließ Lorie sein Büro und marschierte schnurstracks hinaus, wobei sie die Blicke der Deputys ignorierte.
4
E r stieg aus der kleinen Zubringermaschine, schwang sich seine Reisetasche über die Schulter und ging auf den Mietwagenschalter zu. Falls irgendjemand sich erinnerte, ihn gesehen zu haben, würden sie ihn als grauhaarigen Mann mit Schnauz- und Ziegenbart beschreiben. Vielleicht ergänzten sie noch, dass er eine Sonnenbrille getragen hatte, eine zerknautschte Baumwollhose und ein kariertes Hemd. Und sollte die Passagierliste des Flugzeuges jemals überprüft werden, fände man dort nicht seinen richtigen Namen, sondern den aus seinem gefälschten Pass.
Er war ein kluger Mann und hatte alles bedacht.
Binnen zwanzig Minuten saß er hinter dem Lenkrad eines fast neuen Ford Taurus und war schon halb durch die Stadt. Charlie Wong, alias Charlie Hung, wohnte in einer Maisonette in der Rider Avenue. Die angrenzende Wohnung war kürzlich frei geworden und zu vermieten. Charlie hatte jetzt eine Frau und ein paar Stiefkinder, und er war momentan arbeitslos. Erstaunlich, wie viel man über eine Person allein über das Internet herausfinden konnte!
Er bog von der Hauptstraße ab, die quer durch Blythe führte, ein ruhiges Zehntausend-Seelen-Nest an der Grenze südöstlich von Yuma. Soweit er sehen konnte, war die Stadt von Mexikanern überlaufen, und er schätzte, dass die Hälfte von ihnen Illegale waren.
Er fuhr langsamer, als er an Charlies Wohnung vorbeikam, konnte aber niemanden entdecken, nicht einmal einen streunenden Köter. Seine erste Anlaufstation war das Blythe City Diner, wo Charlies Frau arbeitete. Er hatte vorher angerufen und herausgefunden, dass sie Spätschicht hatte. Mit ein bisschen Glück war sie mitteilungsbedürftig. Er musste lediglich erfahren, welcher Abend geeignet war, um Charlie umzubringen – ein Abend, an dem weder sie noch die Töchter zu Hause waren. Falls nötig konnte er auch auf den richtigen Moment warten, und in der Zwischenzeit suchte er sich einfach den Nächsten auf seiner Liste aus und kam später noch einmal, um das mit Charlie zu erledigen.
Tagg Chambless starrte auf die beiden Umschläge in seiner Hand, beide säuberlich aufgeschlitzt, wahrscheinlich mit Hilarys perlmuttverziertem Brieföffner. Er streckte sie dem Powell-Agenten entgegen, der ihn vor ein paar Tagen nach Memphis zurückbegleitet hatte.
»Die habe ich heute Morgen gefunden«, sagte Tagg, »in einer ihrer Wäscheschubladen. Sie waren unter dem parfümierten Papier, mit dem sie die Kommode ausgekleidet hatte. Ich schätze, die Polizei hat sie übersehen, als sie unser Schlafzimmer durchsuchten.«
Holt Keinan blickte von Taggs müdem Gesicht auf die nichtssagenden weißen Umschläge, die er fest in seiner Faust hielt. »Was sind das für Briefe?« Er hoffte inständig, dass es sich nicht um Liebesbriefe von einem anderen an Taggs verstorbene Frau handelte.
»Morddrohungen«, antwortete Tagg, wobei seine Stimme leicht kippte.
Holt sah wieder auf die Briefe. »Darf ich sie mir einmal ansehen?«
Stumm reichte Tagg sie ihm, und Holt legte einen Umschlag auf
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