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Killing God

Killing God

Titel: Killing God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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verdammt, da versucht man bloß,
freundlich
zu sein –«
    »Koffein, Ginseng, Taurin«, sagt Mel vom Bett her.
    Ich schau zu ihr rüber und seh, wie sie vorliest, was hinten auf der Flasche steht.
    »Guarana und Fruchtsaft«, ergänzt sie, während sie hochsieht. »Sonst nichts, Fruchtsaft, Koffein, Ginseng, Guarana und Taurin.«
    »Taurin?«, frag ich und nehm Taylor den Drink ab.
    »Ja«, sagt Mel. »So ein natürliches Aufputschmittel. Ist auch in allen Powerriegeln drin, deshalb heißen sie ja
Power
-Riegel.«
    »Das ist Guarana«, erklär ich ihr.
    »Was?«
    »Guarana. Powerriegel enthalten Guarana, nicht Taurin.« Ich seh Mel an. »Ist so was Ähnliches wie Taurin –«
    »Ja, ja, ja«, sagt Taylor und tut so, als ob sie gähnen muss, während sie sich zurück aufs Bett setzt. »Faszinierend, echt.«
    »Macht, dass du zu spät kommst«, sag ich und bin überrascht, dass es mir gelingt, sie anzustarren.
    Sie schaut böse zurück.
»Was?«
    »Guarana«, sag ich. »Das Zeug macht, dass du zu spät zur Schule kommst.«
    Sie wirft mir wieder einen dieser Blicke zu. »Ja?«
    Ich nicke (und denk an meinen Unsichtbar-Mantel – wie ich seinetwegen auch immer zu spät komm, und der Gedanke lässt mich schmunzeln). »Ja«, sag ich (ohne so richtig zu wissen, was ich da eigentlich tu, aber das ist mir ziemlich egal). »Weißt du, das läuft so: Du wachst morgens auf und fühlst dich total müde, also stellst du dich unter die Dusche und nimmst Duschgel, das Guarana enthält … verstehst du, weil dir das doch den sofortigen Energiekick geben soll und deinen Zustand transformiert.« (Den Ausdruck hab ich von einer Duschgel-Flasche.) »Und du denkst, das ist es, jetzt bist du total beschwingt, kannst dich anziehen und zur Schule gehen, alles gar kein Problem. Aber dann wäschst du noch schnell deine Haare und nimmst aus Versehen ein Kräutershampoo mit Mimosenextrakt, das bekanntlich hilft, ruhigzu werden, dich nach einem langen, stressigen Tag entspannt –«
    »Dawn?«, unterbricht mich Mel. »Verdammte Scheiße, wovon redest du?«
    »Also«, erklär ich ihr, »musst du dich wohl noch mal waschen, oder? Ich meine, erst hast du dich mit dem Guarana-Duschgel aufgeputscht und
dann
hast du die ganze Wirkung mit dem entspannenden Mimosenshampoo wieder kaputt gemacht. Deshalb musst du noch mal duschen und dich neu wach machen.«
    »Okay«, sagt Mel. »Und deshalb kommst du zu spät zur Schule?«
    »Genau.«
    »Scheiße«, sagt Taylor zu Mel und schüttelt den Kopf. »Wenn die schon so drauf ist,
bevor
sie irgendwas mit Koffein trinkt, wie soll das
danach
erst werden?«
    Ich schau auf den Drink in meiner Hand.
    Er hat jetzt aufgehört zu bitzeln.
    Ich heb das Glas an die Lippen und trink einen Schluck.
    Schmeckt echt okay. Süß und zuckrig. Irgendwie fruchtig, aber nicht nach einer bestimmten Frucht, mehr
allgemein
fruchtig. Wohl wirklich ein bisschen so wie
Red Bull
(wie Taylor gesagt hat). Was ja in Ordnung ist.
    »Okay?«, fragt Taylor.
    »Ja, nicht schlecht.«
    »Gut.« Sie hebt ihr Glas »Dann Prost.«
    Und sie trinkt ihren Wodka und Mel auch und beide lächeln mir zu (Mel ein bisschen traurig), als ich wieder mein Glas heb und es in einem Zug leer trink.
    Als ich das leere Glas auf den Schreibtisch stell und mich danach wieder zu Taylor und Mel umdreh, seh ich, wie Jesus sich hinter ihnen auf dem Bett hockreckt, den Kopf stillhält und seine kleinen Augen auf mich richtet. Und nur für einen kurzen Moment – einen scheinbar unendlichen Moment – ist es eine andere Zeit, eine andere Dawn, ein anderer Jesus …

    Eine andere Zeit.

    (Auch damals richtete sich Jesus auf, genau wie er es jetzt tut, mit demselben Blick in seinen braunen Hundeaugen ( ich kann dir nicht helfen ), und er tat mir leid. Denn Hunde
wissen
nichts, sie verstehen nichts, sie wissen nicht,
wieso
etwas ist, was es ist. Das Einzige, was sie kennen, ist gut und schlecht und glücklich und traurig. Und Jesus wusste, dass es schlecht war, aber ich wollte nicht, dass er sich meinetwegen schlecht fühlte. Und als der Song weiterlief,

    (are you washed in the blood of the lamb)

    hörte ich eine zitternde Stimme sagen: »Schon gut, Jesus, schon gut.«)

    »Na schön«, sagt Taylor, grinst wie wild und klatscht in die Hände (als ob die Party jetzt angefangen hat). »Wer hat Lust auf eine Radikal-Verschönerung?«
    Ich bin gerade nicht ganz
da
, bin noch ein bisschen hypnotisiert von Jesus’ Augen, deshalb kann ich nichts sagen oder richtig aufnehmen, aber

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