Killing time
ihm nach draußen gegangen und hatten versucht, ihm alles zu erklären.
»Dein Dad und ich sind nur Freunde«, hatte Bernie gesagt. »Er hat mit dem, was er tat, weder dich noch mich betrogen. Es gibt nämlich kein Gesetz, das einem Mann verbietet, eine schöne Frau zu küssen.«
Aber sosehr sich Bernie und er auch bemühten, die Situation zu erklären, Kevin sagte kein Wort und fragte am Ende nur, ob er bei J. D. schlafen könnte. Widerwillig hatte Jim es ihm erlaubt. Als er Kevin dann am Sonntagnachmittag bei den Simms abholte, hatte ihm sein Sohn deutlich zu verstehen gegeben, dass er immer noch stinksauer auf ihn war.
»Ich habe Miss Brenda gefragt, ob ich für ein paar Tage ganz bei ihnen bleiben kann, und sie sagt, es ist okay.« Kevin hatte sich geweigert, Jim anzusehen.
Jim hätte es ihm am liebsten verboten, weil er wollte, dass sie die Sache zu Hause klärten. Doch dann war er zu dem Schluss gekommen, dass Kevin seine Wut und Enttäuschung vielleicht besser verarbeiten könnte, wenn er etwas Abstand zu Jim bekam. Wieder einmal hatte er das Gefühl gehabt, als Vater auf ganzer Linie zu versagen.
Und als wären die Probleme mit seinem Sohn nicht schon schlimm genug, herrschte seitdem auch zwischen Bernie und ihm eine, gelinde gesagt, angespannte Atmosphäre. Sie verhielt sich ihm gegenüber außergewöhnlich kühl und schien ihn absichtlich zu meiden, wo sie nur konnte. Seit sie am Samstag auseinandergegangen waren, hatte er sie erst einmal wiedergesehen.
Er war nicht sicher, ob sie um Kevins willen wütend auf ihn war oder ihr einfach die Vorstellung widerstrebte, dass er etwas mit ihrer Schwester hatte. Wie dem auch sei, er hatte sich ausgerechnet bei den beiden Menschen unbeliebt gemacht, die er am allerwenigsten enttäuschen wollte – bei seinem Sohn, der ihm alles bedeutete, und bei seiner Vorgesetzten und neu gewonnenen Freundin, deren Meinung ihm wirklich wichtig war.
Robyn hatte ihn am Sonntag gleich zweimal angerufen und beide Male vorgegeben, sie würde sich Sorgen um ihn machen. Vielleicht stimmte das ja auch. Er wusste es nicht, und es interessierte ihn auch nicht. Robyn war für ihn ebenso reizvoll wie jede andere gutaussehende Frau, aber er hegte keinerlei Gefühle für sie und bezweifelte, dass sie irgendetwas für ihn empfand.
Jim war heute Morgen mit Kopfschmerzen aufgewacht. Gestern Abend hatte er ein bisschen zu viel Jack Daniel’s getrunken, also waren die Kopfschmerzen ganz allein seine Schuld. Als er an seinem Schreibtisch saß, sich die Schläfen rieb und sich über sich selbst ärgerte, klingelte das Telefon.
Er nahm den Hörer auf. »Captain Norton hier.«
»Captain Norton, hier ist Derek Lawrence. Ich habe das Profil von Ihrem Mörder fertig. Wollen Sie es lieber per Fax oder per E-Mail?«
»Das überlasse ich Ihnen. Und vielen Dank. Ich weiß Ihre Unterstützung zu schätzen.«
»Danken Sie Ihrem Freund Griffin Powell.«
»Ja, das werde ich machen.«
»Captain Norton?«
»Ja.«
»Ich glaube, der Mann, der die zwei Frauen in Ihrem Bezirk ermordet und eine dritte entführt hat, ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch der, der die ähnlichen Morde während der letzten sechs Jahre in den östlichen Südstaaten beging«, sagte Derek. »Es ist sehr gut möglich, dass Heather Stevens sein erstes Opfer war, und entweder haben ihn all die anderen Frauen an sie erinnert, oder sie und alle anderen erinnern ihn an eine Frau aus seiner früheren Vergangenheit.«
»Das habe ich mir auch schon gedacht.«
»Da ist noch etwas«, begann Derek und machte eine kurze Pause. »Es ist offensichtlich, dass er jetzt häufiger tötet, und das wird wohl so bleiben. Er wird weitermorden, bis er erwischt wird, und er wird voraussichtlich auch immer weniger, wenn nicht überhaupt keine Zeit mehr zwischen dem Mord an einer Frau und der Entführung einer anderen verstreichen lassen.«
»Ich freue mich zwar nicht, das zu hören, aber ich hatte damit gerechnet.«
»Ich faxe Ihnen meinen Bericht.« Er wiederholte die Faxnummer, die Jim ihm gegeben hatte, um sie sich bestätigen zu lassen, und verabschiedete sich.
Jim drückte eine Telefontaste und wählte dann die Nummer des Sheriff-Büros. Lisa Wiley meldete sich nach dem dritten Klingeln. »Hier ist Jim Norton. Ich muss Sheriff Granger sprechen, geschäftlich.«
Das
geschäftlich
hatte er angefügt, weil er nicht sicher war, ob Bernie sonst seinen Anruf annähme. Nicht dass er sie seit Samstag noch nicht angerufen hätte, aber er wusste
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