Killing time
Kurl«, meldete Abby sich in ihrem Schönheitssalon an der West Jackson, zwei Blocks vom Gerichtsgebäude entfernt.
»Hallo, mein Schatz.«
»Hallo, du.«
»Ich muss unsere Verabredung heute Mittag absagen«, sagte er.
Sie stöhnte enttäuscht.
»Der neue Chief Deputy ist gekommen, und Bernie will, dass ich mit ihr, ihm und Jerry Dale zu Mittag esse. Ich konnte ihr schlecht sagen, dass ich nicht dabei sein kann, weil ich mich mit Abby Miller auf einen Quickie im Hinterzimmer ihres Schönheitssalons treffe.«
Abby kicherte. »Nein, das wäre ungefähr so gut angekommen wie ein Furz im Sonntagsgottesdienst. Bernie ist okay, aber ein bisschen verstockt, wenn es um die Moral ihrer Hilfssheriffs geht. Finde ich jedenfalls.«
»Was Bernie über mein Privatleben nicht weiß, tut ihr nicht weh und mir auch nicht – ganz zu schweigen von dir. Du willst doch wohl auch nicht, dass deine Schwiegermutter von uns beiden erfährt. Die alte Gewitterhexe würde sofort an Ricky Wayne schreiben und ihm sagen, dass du ihn betrügst.«
»Nein, das will ich natürlich nicht«, sagte Abby mit einem lauten Seufzer, bevor sie leise weitersprach: »Wenn Ricky Wayne was rausbekommt, bringt er uns womöglich beide um, sobald er zurück ist. Du weißt ja, wie schnell bei ihm die Sicherungen durchbrennen.«
»Eben. Deshalb sollten wir unser bisschen Spaß unbedingt für uns behalten. Das geht ja auch wirklich keinen was an. Wir lieben uns nicht, und du machst keine Pläne, dich von Ricky Wayne scheiden zu lassen.«
»Stimmt genau. Ich bin verrückt nach meinem Mann und liebe ihn abgöttisch.«
»Na klar! Aber du musst ja nicht gleich ein Keuschheitsgelübde ablegen, um das zu beweisen, oder?«
Abby lachte.
»Wie wär’s, wenn wir über das Wochenende nach Huntsville fahren?«
»Klingt wundervoll, aber ich kann nicht vor morgen Mittag hier weg. Bis halb zwölf bin ich total ausgebucht.«
»Okay, dann buch ich uns nachher was und sag dir hinterher Bescheid, wo wir uns in Huntsville treffen. Ich versuch’s im Marriott am Raumfahrtszentrum. Das Hotel gefiel dir doch letztes Mal gut, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Ja, es gefiel mir sogar sehr gut. Ich muss jetzt Schluss machen.«
»Zu viele neugierige Kunden, die sich fragen, mit wem du telefonierst?«
»Genau, Martha Dean. Ruf mich später an. Bis dann.«
Ron lauschte noch einen kurzen Moment dem Dröhnen des Freizeichens. Martha Dean war Abbys Cousine, die nicht in Adams Landing lebte, also konnte sie diesen Namen bedenkenlos benutzen, um Rons wahre Identität zu verheimlichen, falls jemand zuhörte. Da er vor Abby noch nie etwas mit einer verheirateten Frau gehabt hatte, war diese Heimlichtuerei Neuland für ihn. Aber wenn er ehrlich war, fand er gerade das Verbotene daran besonders reizvoll. Außerdem war Abby es allemal wert, ein bisschen Versteck zu spielen. Der Sex mit ihr war einfach umwerfend.
Es klopfte. Ron blickte sich um, weil er nicht gleich wusste, woher das Geräusch kam. Dann begriff er, dass jemand an die Tür klopfte. »Ja?«
John öffnete die Tür ein Stück weit und steckte den Kopf hinein. »Ich habe frischen Kaffee gekocht und eine Packung Bärentatzen aufgemacht. Willst du?«
»Kaffee ist gut.« Ron nahm die Füße vom Schreibtisch, schob den Drehsessel zurück und stand auf. »Von den Bärentatzen halte ich mich aber lieber fern«, sagte er und klopfte sich dabei auf den flachen Bauch. »Ein alleinstehender Mann wie ich muss aufpassen, dass er in Form bleibt.«
John lachte. »Da habe ich ja richtig Glück, dass ich mit einer pummeligen, verständnisvollen Frau verheiratet bin, die mich so liebt, wie ich bin. Sonst könnte ich meine Lieblingskekse nur noch alle Jubeljahre essen.«
Als Ron zu John ins äußere Büro kam, goss John gerade einen Kaffee für ihn ein und reichte ihm den Becher, ehe er sich selbst etwas von dem Schokoladen-Mandelgebäck nahm.
»Was hältst du von Captain Norton?«, fragte John.
Ron zuckte nur mit den Schultern.
»Ich weiß, dass du erwartet hast, Bernie würde …«
»Ich habe gar nichts erwartet«, fiel Ron ihm ins Wort. »Ich hatte nur gehofft, dass sie denkt, ich verdiene den Job. Und wenn nicht ich, dann du.«
»Nee, ich doch nicht. Damit hatte ich auch nie gerechnet.«
»Aber du hättest auch nicht abgelehnt.«
»Nein, bestimmt nicht, aber … na ja, ich glaube, in gewisser Weise bin ich schuld, dass du nicht befördert worden bist.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Ach, komm schon, Ron. Das weißt du
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