Killing time
erzählte Bernie. »Unter der Woche ist hier mittags immer richtig viel los. Falls Sie Hausmannskost mögen, werden Sie das Essen lieben.«
Jim griff an ihr vorbei und hielt ihr die Tür auf. Bernie zuckte kurz zusammen, sah dann aber über ihre Schulter zu ihm und lächelte, bevor sie ins Restaurant ging. Offensichtlich war sie es nicht gewöhnt, dass Männer ihr Türen aufhielten, und entsprechend reagierte sie etwas verunsichert auf seine höfliche Geste.
»Wir setzen uns einfach an einen freien Tisch«, sagte sie. »Hier gibt es niemanden, der uns einen Platz zuweist.« Dann blickte sie sich im Restaurant um, das ein bisschen wie ein alter Imbiss wirkte. Links an der Wand entlang waren Sitznischen, rechts ein langer Tresen mit sechs Barhockern und dazwischen ein Dutzend freistehende kleine Tische. Die Kellnerinnen trugen Jeans, weiße Blusen, Tennisschuhe und rekrutierten sich aus allen Altersgruppen zwischen achtzehn und sechzig, wie Jim feststellte.
Um Konversation zu machen, sagte er: »Irgendwas duftet hier ganz köstlich.«
»Das ist das Tagesgericht, Rinderbraten.« Bernie hob die Hand und winkte jemandem zu. »Die anderen sind schon da, hinten in der letzten Nische. Kommen Sie. Wenn wir nicht vor eins bestellen, kriegen wir keine Pfirsichpastete mehr ab. Die ist immer ganz schnell weg.«
Jim folgte ihr. Alle anderen Gäste im Restaurant beäugten ihn neugierig. Er vermutete, dass jeder wusste, wer er war, und sie sich alle fragten, wie er sich wohl in der Stadt machen würde. Als sie an die hinterste Sitznische kamen, rutschten zwei Männer aus den roten Kunstlederbänken heraus und standen auf. Ron Hensley kannte Jim ja bereits, also musste der andere Mann mit den roten Haaren und den Sommersprossen der Staatsanwalt sein, Jerry Dale Simms. Simms reichte ihm strahlend die Hand. Er war größer als Hensley, ungefähr einsfünfundachtzig, breitschultrig und hatte die kräftige Figur eines Ringers.
Nachdem Bernie sie bekanntgemacht hatte, schüttelte Jerry Dale heftig Jims Hand, grinste und klopfte Jim auf den Rücken, während er in einem fort redete. Normalerweise konnte Jim es nicht leiden, wenn die Leute so über ihn herfielen – über den Jimmy Norton vielmehr, der er einmal war –, aber von Jerry Dale gingen nichts als freundliche Schwingungen aus. Und so beschloss Jim gleich hier und jetzt, diesen sympathischen Mann zu mögen.
»Setzen Sie sich, setzen Sie sich«, sagte Jerry Dale und rutschte wieder auf die Bank. »Wir haben schon vier Portionen Pfirsichpastete bestellt, weil wir nicht riskieren wollten, keine mehr abzubekommen.«
Ron setzte sich neben Jerry Dale, und Bernie nahm auf der Bank gegenüber Platz. Bis Jim sich neben sie gesetzt hatte, war die blonde Kellnerin auch schon da. Sie musste etwa Mitte zwanzig sein, lächelte fröhlich und reichte jedem von ihnen eine plastiküberzogene Speisekarte. Jim hatte noch kaum auf die Karte gesehen, als die Kellnerin fragte: »Was kann ich euch bringen?«
»Ich nehme das Tagesgericht«, antwortete Jerry Dale.
»Für mich dasselbe«, sagte Ron.
»Für mich auch, also dreimal«, fügte Bernie hinzu.
Jim sah die Kellnerin an, wobei sein Blick auf ihr Namensschild fiel, auf dem »Renee« stand, und sagte: »Dann schließe ich mich an.«
»Viermal Tagesgericht also und vier Pfirsichpasteten. Nehmt ihr alle gesüßten Eistee dazu?« Renee sah nur Jim an, der nickte. »Sind Sie der neue Chief Deputy?«
»Ja«, antwortete Jim. »Ich bin Jim Norton.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Renee Michaels.« Sie blickte zu Ron und grinste, bevor sie sich mit einem kecken Hüftschwung umdrehte und in Richtung Küche eilte.
Jim fragte sich, was dieser kurze Blicktausch zwischen Renee und Ron zu bedeuten hatte, tat allerdings so, als hätte er nichts bemerkt. Der Gesichtsausdruck des Lieutenants verriet ihm, dass die Kellnerin einen empfindlichen Nerv getroffen haben musste. Wenn Jim raten sollte, würde er sagen, dass die beiden vor nicht allzu langer Zeit ein Paar waren.
»Haben Sie es sich in der Stadt denn schon ein bisschen heimisch gemacht?«, fragte Jerry Dale.
»Geht so«, antwortete Jim. »Ich habe ein möbliertes Haus gemietet. Da gab’s nicht viel zu tun.«
»Wohl nicht. Vielleicht wollen Sie sich später lieber ein eigenes Haus kaufen. Wenn ja, sagen Sie mir Bescheid. Meine Amy ist Maklerin und weiß immer, welche Angebote die besten sind.«
»Danke, aber ich denke, ich werde vorerst beim Mieten bleiben. Ich brauche nicht viel
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