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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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tu nur meine Arbeit, und die besteht darin zu ermitteln, was vergangene Nacht passiert ist. Ich darf mich nicht von vornherein auf einen Schuldigen festlegen.«
    Vater MacNeill starrte den Polizisten wütend an. Was in
    aller Welt hatte Ray Beckwith dazu bewogen, plötzlich jeden Respekt vor dem Priesteramt zu vergessen, und ihn wie einen Kriminellen zu behandeln?
    Dann fiel ihm die Szene ein, die er aus dem Fenster des Gemeindesaals beobachtet hatte: Ray hatte Conway angesprochen, und Conway hatte das große Wort geführt, so wie bei der gestrigen Versammlung. Offenbar war der Sheriff dem Charme dieses Mannes ebenso erlegen wie die meisten Einwohner von St. Albans.
    Ich muß selbst mit ihm sprechen. Beschloß Vater MacNeill. »Es liegt mir fern, Sie in Ihrer Arbeit behindern zu wollen«, sagte er zum Sheriff. »Ich bin mir sicher, daß Sie die Wahrheit herausfinden werden, aber eines sollte Ihnen klar sein – wenn Sie einen von uns dieses schrecklichen Verbrechens bezichtigen, irren Sie sich gewaltig, und es könnte sogar ein tödlicher Irrtum sein!«
    Mit diesem Hinweis auf Ray Beckwiths Seelenheil verließ der Priester sein Büro.
    »Vielleicht sollten wir lieber bis morgen vormittag warten«, stöhnte Vater Bernard. Es war ein warmer Herbstnachmittag, aber daß ihm der Schweiß in Strömen über Arme und Rücken rann, hatte nichts mit der Temperatur zu tun – von Hitze konnte keine Rede mehr sein. Nein, es waren seine Nerven, die ihn zum Schwitzen brachten. Und wozu das alles? Er hätte Jared Conway und Luke Roberts für morgen früh zu sich ins Direktorat bestellen können, und dort hätte er die Wahrheit sehr schnell aus ihnen herausbekommen. In seinem Büro war er eine unangefochtene Respektsperson. Außerhalb der Schule sah die Sache jedoch ganz anders aus. Seit seiner Berufung nach St. Albans leitete er die Konfessionsschule, aber ansonsten ordnete er sich meistens Vater MacNeill beherrschender Persönlichkeit unter. Deshalb lief er jetzt auch die Pontchartrain Street entlang und fühlte sich so unwohl in seiner Haut, daß die Ärmel seiner Soutane Schweißflecke aufwiesen.
    »Es gibt keinen Grund, bis morgen zu warten!« widersprach Vater MacNeill vehement. »Wenn Ray Beckwith nicht imstande ist, ordentliche Arbeit zu leisten, müssen wir eben handeln.« Er blieb kurz stehen und betrachtete das Haus der Conways. Mit seinem frischen, in der Sonne leuchtenden Außenanstrich hatte es das Aussehen einer Ruine verloren. Das Dach war repariert, und Ted Conway hatte sogar die verwitterten und abgebrochenen Holzverzierungen an der Veranda durch neues kunstvolles Schnitzwerk ersetzt. Das ganze Grundstück war von dem alles überwuchernden Unkraut befreit, und das düstere Gesamtbild, das sich im Laufe der Jahrzehnte zusehends verschlimmert hatte, war völlig verschwunden. Einen Moment lang fragte der Priester sich sogar, ob alles, was er jemals über dieses Haus gehört hatte, und alles, was in der Familienbibel der Conways stand, der Wahrheit entsprach. Doch als er dann die Straße überquerte, spürte er es: Das Haus strahlte eine negative Kraft aus. Vater MacNeill versuchte das Gefühl zu ignorieren, aber es wurde immer stärker, je näher er kam.
    Eisige Kälte.
    Und noch etwas anderes.
    Etwas Unsichtbares wartete auf ihn. Wartete auf ihn und bereitete sich darauf vor, ihn anzugreifen.
    Jeder Nerv in seinem Körper begann zu reagieren, und der wurde von Panik erfaßt. Unter Aufbietung aller Willenskraft bezwang er sie. Er ging die Verandastufen hinauf und klingelte an der Haustür. Während er sich nach Vater Bernard umdrehte, der mehrere Schritte zurückgeblieben war, hörte er wütendes Hundegebell. Er wollte gerade ein zweites Mal klingeln, als Janet Conway die Tür öffnete. Sie bemühte sich in gebückter Haltung einen großen Golden Retriever am Halsband festzuhalten, der sich bellend loszureißen versuchte. »Entschuldigung«, rief sie. »Ich befürchte, daß …« Die Worte erstarben auf ihren Lippen, als sie Vater MacNeill erkannte. Sie runzelte leicht die Stirn, während sie sich aufrichtete, den Hund hielt sie dabei nach wie vor fest. »Ich befürchte, daß Scout kein perfekt abgerichteter Wachhund ist«, beendete sie ihren Satz und öffnete die Tür etwas weiter.
    Eine Kältewelle strömte durch den Spalt nach draußen, und Vater MacNeill machte unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Was kann ich für Sie tun?« fragte Janet so neutral wie möglich.
    »Ich wollte kurz mit Ihnen sprechen … und

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