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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Muskeln an, als sie ihn bemerkten. Er ging einen Schritt auf sie zu, und nun witterten sie ihn auch, weil der Wind sich gedreht hatte.
    Als er noch einen Schritt näherkam, zerrten sie an ihren Ketten, und ihr wütendes Gebell zerriß die Stille im Wald.
    »Bist du verrückt, Jared?« rief Luke Roberts. »Was, wenn Jake zu Hause ist?«
    »Er ist nicht da«, erwiderte Jared. »Er ist nicht einmal in der Nähe.«
    »Woher willst du das wissen?« fragte Luke, erhielt aber keine Antwort.
    Jared ging furchtlos auf die Hunde zu, die ihn mit gefletschten Zähnen anknurrten.
    Einen knappen halben Meter vor den angeketteten Tieren blieb er stehen, ging in die Hocke und streckte seine Hand dem Hund entgegen, der sich noch wilder als sein Gefährte gebärdete. »Ist es das, was du willst? Ein Stück von meinem Fleisch? Das hättest du wohl gern?«
    Vor Wut heulend, versuchte der Hund ihn anzufallen, rutschte aber auf der vom Regen durchweichten Erde aus und fiel auf die Schnauze. Er rappelte sich jedoch sofort wieder auf und griff wieder an.
    Jareds Finger waren nur wenige Zentimeter von den scharfen Zähnen entfernt. »Na komm, hol dir, was du haben möchtest!«
    »Hast du völlig den Verstand verloren?« rief Luke wieder. »Wenn er sich losreißt…«
    Jared hörte nicht auf ihn. »Versuch’s doch«, flüsterte er dem Hund zu. »Du wirst schon sehen, was dann passiert!«
    Er hielt ihm seine Finger hin, und der Hund schnappte danach.
    »O Gott!« schrie Luke, so als wäre er selbst gebissen worden.
    »Na, hat’s geschmeckt?« murmelte Jared, ohne den Hund aus den Augen zu lassen, der sich plötzlich winselnd duckte, während der andere seine erfolglosen Angriffe fortsetzte.
    Jareds Finger schlössen sich um den Hals des geduckten Hundes. »Tu das nie wieder«, sagte er leise. »Nie wieder!«
    Er verstärkte den Druck seiner Finger und machte eine heftige ruckartige Bewegung.
    Der Hund stieß einen hohen Schmerzensschrei aus, bevor er mit gebrochenem Hals zusammenbrach.
    Luke starrte den schlaffen Körper entsetzt an. »Du hast ihn getötet!« murmelte er.
    Jared drehte sich um. »Er hat mich gebissen«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »Hätte ich ihn etwa streicheln sollen?«
    Der zweite Hund beschnupperte seinen leblosen Gefährten und preßte sich ängstlich an die Hütten wand.
    Jared nahm dem toten Hund die Kette ab und hob ihn hoch.
    »Was willst du damit machen?« erkundigte Luke sich eingeschüchtert.
    Ohne ihm zu antworten, trug Jared den Hund in Jakes Hütte und schloß die Tür.
    Jake Cumberland hatte fast den ganzen Nachmittag auf dem See verbracht. In dem verbeulten Eimer, der ihm als Fischkorb diente, lag ein halbes Dutzend Katzenwelse – mehr als genug für ihn und die beiden Hunde. Eigentlich hatte er schon vor einer Stunde, nach dem letzten Fang, zurückrudern wollen, um mit seinen Hunden einen Waldspaziergang zu machen, die Fallen zu kontrollieren und vielleicht sogar ein bißchen zu jagen. Doch nachdem er in der letzten Nacht kaum geschlafen hatte, war er ziemlich groggy oder – wie seine Mama es ausgedrückt hätte – »völlig ausgelaugt«. Die Hunde hatten ihn lange vor Tagesanbruch geweckt, und danach war er wach geblieben, weil er sich nicht erklären konnte, warum sie sich so wild gebärdet hatten.
    Irgendein Tier, versuchte er sich einzureden – eine Beutelratte oder ein Waschbär. Aber er wußte genau, daß das nicht stimmte, denn wenn sie irgendeine Beute witterten, benahmen sie sich ganz anders. Mit ihrem Geheule in den frühen Morgenstunden hatten sie ihn warnen wollen. Deshalb hatte er die Öllampe angezündet und die Tür geöffnet.
    Er hatte niemanden gesehen.
    Er hatte nichts gehört.
    Aber er hatte gewußt, daß dort draußen jemand war.
    Jemand, der seine Hütte beobachtete.
    Und während er auf der Türschwelle gestanden und in die Finsternis gespäht hatte, ohne erkennen zu können, wer sich dort versteckte, hatte er im Geiste die Stimme seiner Mama gehört, die ihm, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, zugeflüstert hatte: Du kannst ihn spüren, Junge. Wenn er in der Nähe ist, kannst du ihn spüren, mein Kind. Und dann mußt du ganz vorsichtig sein, denn er ist stärker als du, das darfst du nie vergessen, mein Junge – er ist stärker als du. Deshalb war Jake wach geblieben, auch nachdem seine Hunde sich beruhigt hatten. Und als dann am östlichen Himmel der Morgen graute, hatte er seine üblichen Arbeiten verrichtet – die Hütte aufgeräumt, die Hunde gefüttert, die

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