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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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was seine Mama manchmal trieb.
    Während er hinter ihr herschlich, betete er, daß sie umkehren und ihn in die Hütte zurückführen möge. Statt dessen erreichten sie nach langer Zeit – ihm war es wie eine Ewigkeit vorgekommen – den Waldrand, und Jake wußte, wo sie waren.
    Das riesige Haus ragte inmitten des Grundstücks empor – das Haus, wo seine Mutter jeden Tag putzte, wusch, kochte und sonstige Arbeiten verrichtete. Allmählich dämmerte ihm, wen sie in dieser Nacht mit ihrer Magie treffen wollte, und er verkroch sich in den tiefen Schatten neben der Garage, während sie ins Licht des aufgehenden Mondes trat, langsam, mit gesenktem Kopf, so als suchte sie etwas. Ein leiser Gesang stieg aus ihrem tiefsten Innern auf, und sie bewegte sich zunächst im Kreis, dann in immer enger werdenden Spiralen, sie tänzelte auf der Stelle herum und ließ sich im Schneidersitz auf der Erde nieder. Ein Fenster im ersten Stock fest im Blick, holte sie alles mögliche aus den tiefen Taschen ihres Kleides.
    Zuerst die Rachepuppe, die sie mit dem Kopf zum Haus vor sich auf den Boden legte.
    Dann ein Messer, dessen Klinge im Mondschein funkelte.
    Knochen, an denen keine Fleischfaser mehr haftete, legte sie kreisförmig um sich herum.
    Es folgten Steine und Moos, Blätter und eine Handvoll Staub.
    Ihr beschwörender Singsang wurde immer lauter, bis es Jake so vorkam, als könnte sie damit sogar Tote auferwecken.
    Im Haus ging ein Licht an, ein Licht, das von dem Fenster in der ersten Etage ins Freie fiel und Jakes Mutter wie ein Spinnennetz umgab. Wenige Minuten später wurde eine Tür geöffnet, und ein Mann trat auf die Schwelle.
    »Eulalie, bist du das?«
    Jake erkannte die Stimme. Es war George Conway, der Mann, dem das Haus gehörte. Der Mann, für den seine Mutter arbeitete.
    Als sie keine Antwort gab, verließ er sein Haus und ging auf sie zu. Sogar von seinem Versteck aus konnte Jake sehen, daß Conways Gesicht wutverzerrt war, während er die Sachen betrachtete, mit denen Eulalie Cumberland ihren Zauber bewirken wollte.
    »Nimm diesen ganzen Mist an dich und geh nach Hause, Eulalie«, befahl er.
    Jake hielt den Atem an. Er dachte, seine Mama würde hastig alles zusammenklauben und das Weite suchen, doch statt dessen legte sie den Kopf in den Nacken und fixierte ihren Arbeitgeber. Mit ausgestreckter rechter Hand deutete sie auf das große Haus, dessen Silhouette sich vom Nachthimmel abhob. »Hier regiert das Böse – überall! In Ihrem Haus ebenso wie in Ihnen!« Sie griff nach der Puppe und hielt sie ihm vors Gesicht. »Jetzt ist es hier drin, und bald werde ich es herausschneiden!« Sie hob das Messer auf und richtete es gegen die Puppe. »Wie ein Geschwür werd’ ich’s rausschneiden!«
    George Conway runzelte die Stirn, und seine Augen schleuderten Blitze. »Willst du mir drohen, Eulalie Cumberland? Wag es ja nicht, mir zu drohen!«
    Jake sah, daß seine Mama sich stolz in die Brust warf, völlig unbeeindruckt von Conways Zorn. »Es ist keine Drohung.« Ihre Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern, und doch hallte jedes Wort durch die Stille der Nacht. »Es ist ein Versprechen! Wenn der Mond das nächste Mal aufgeht, wird das Böse von diesem Ort ausgetrieben sein.« Wieder begann sie, ihre Beschwörungen zu murmeln. George Conway wandte sich abrupt ab und ging auf die Garage zu.
    Überzeugt davon, daß der Mann ihn gesehen hatte, hielt Jake mit rasendem Herzklopfen Ausschau nach einem Fluchtwerg, aber der Wald war zu weit entfernt, und ein anderes Versteck gab es nicht. Nahe daran, einen Schreckensschrei auszustoßen, beobachtete er, daß George Conway das Garagentor öffnete und im Gebäude verschwand.
    Er war in Sicherheit! Der Mann hatte ihn nicht entdeckt. Er war in Sicherheit!
    Trotzdem hielt Jake den Atem an, denn jedes Geräusch könnte ihn verraten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis George Conway mit einem Kanister in der rechten Hand die Garage verließ und auf die Stelle zusteuerte, wo Jakes Mama saß. Endlich traute der Junge sich, tief Luft zu holen.
    »Ich warne dich jetzt zum letztenmal, Eulalie«, hörte er Conway sagen. »Geh sofort nach Hause!«
    Als sie sich nicht von der Stelle rührte, hob Conway den Kanister mit beiden Händen hoch, so als wollte er damit zuschlagen. Zu Jakes großer Erleichterung übergoß der Mann seine Mama aber nur mit Wasser.
    Sekunden später stieg Jake ein scharfer Geruch in die Nase.
    Kein Wasser.
    Benzin!
    »Deine allerletzte Chance, Eulalie«, sagte Georg

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