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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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wußte, daß das nicht klappen würde. Die Zeiten, als man den Eltern blind gehorchte, weil ihr Wort Gesetz war, waren längst vorbei. Auch wenn Vater MacNeill das nicht einsehen wollte. Heutzutage machten die Kinder so ziemlich das, was sie wollten, und das war nicht verwunderlich. Sogar in St. Albans gab es viele Scheidungswaisen, oder aber beide Elternteile arbeiteten. Man konnte Kinder einfach nicht mehr so im Auge behalten wie früher. Doch es war eine große Hilfe, daß Luke die Konfessionsschule besuchte. Im Gegensatz zu den Lehrern an öffentlichen Schulen ließen die Nonnen keinen Unfug durchgehen.
    Und Luke hatte keine schulischen Probleme gehabt.
    Bis heute.
    Als Vater Bernard anrief und sie über Lukes Missetat informierte, fühlte sie sich zutiefst gedemütigt. Sie saß an ihrem Schreibtisch im Pfarramt und preßte den Hörer schmerzhaft fest ans Ohr, so als könnte sie auf diese Weise verhindern, daß die Geschichte anderen zu Ohren kam. Aber das war in St. Albans, und speziell in der Kirchengemeinde, unmöglich.
    Was, wenn Luke demnächst aus der Schule flog?
    Was, wenn sie deswegen ihren Job verlor?
    Notgedrungen suchte sie Vater MacNeill auf.
    Er arbeitete an einer Predigt, und als er aufschaute, konnte sie ihm ansehen, daß Vater Bernard auch ihn schon informiert hatte. Dadurch blieb ihr wenigstens die Demütigung erspart, Lukes Sünden beichten zu müssen. Doch während des Gesprächs begriff Ellie sehr schnell, daß die Situation nicht so schlimm war, wie sie befürchtet hatte.
    »Niemand macht Luke für diese Geschichte verantwortlich«, versicherte der Priester. »Wir alle kennen ihn und wissen, was für ein netter junger Mann er ist. Aber sogar die nettesten jungen Leute können … unter die …« Vater Mack verstummte und suchte nach den richtigen Worten. »Sagen wir mal so – gegen schlechte Einflüsse ist keiner von uns gefeit.« Er lächelte Ellie zu, und ihre Ängste verflogen. »Das Problem ist nicht Luke.« Er schürzte die Lippen und faltete die Hände vor der Brust.« Es ist Jared Conway, der mir Sorgen bereitet.«
    »Ich weiß« warf Ellie rasch ein. Vater MacNeill hatte ihr nicht nur Arbeit gegeben, als sie in größter Not war, er war auch ihr Ratgeber in allen Lebensfragen. »Ich mache mir Sorgen, seit Luke mit diesem Jungen Freundschaft geschlossen hat.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, sie würden von hier wegziehen. Ich weiß, daß dieser Gedanke nichts mit Nächstenliebe zu tun hat, aber ich wünschte, die ganze Familie würde verschwinden.«
    Die Miene des Priesters hellte sich auf. »Dann sollten Sie vielleicht zu der Anhörung kommen, bei der über Ted Conways Plan, ein Hotel zu eröffnen, abgestimmt werden soll.«
    Ellie hatte natürlich, wie jeder in der Stadt, von diesem Plan gehört, aber ihr war nicht in den Sinn gekommen, daß sie etwas tun könnte, um das zu verhindern. Sie hatte sich nie für Politik interessiert, und Big Luke hatte ihr immer gesagt, es sei vernünftiger, sich nicht einzumischen. Wenn man keinen Ärger haben will, hält man am besten den Mund und läßt andere Leute die Entscheidungen treffen.
    Daran hatte sie sich immer gehalten, doch jetzt sah sie ein, daß sie ihren eigenen Standpunkt vertreten mußte, wenn sie Luke von Jareds Einfluß befreien wollte. Seit dem Tod ihres Mannes hatte sie schon soviel geschafft, das sie sich früher nicht zugetraut hätte. Sie konnte auch das schaffen.
    Als Luke endlich nach Hause kam, wartete Ellie auf ihn. Sie saß im Sessel von Big Luke, das große Möbelstück beherrschte das Wohnzimmer des kleinen Hauses in der Court Street, und Ellie benutzte es nur, wenn sie Luke eine Strafpredigt halten mußte. »Ich möchte mit dir reden«, sagte sie, als er sofort auf sein Zimmer zusteuerte.
    »Ich muß noch Hausaufgaben machen«, widersprach Luke. »Nach der Schule habe ich …«
    »Ich weiß, was du nach der Schule gemacht hast«, fiel Ellie ihm ins Wort. »Vater Bernard hat mich angerufen – an meinem Arbeitsplatz!« Sie warf ihrem Sohn einen vorwurfsvollen Blick zu. »Wie konntest du so was tun? Nach allem, was ich für dich getan habe, nach allen Opfern, die ich …«
    »Herrgott, Ma!« stöhnte Luke. »Jared und ich sind nur ein bißchen zu spät zum Nachmittagsunterricht gekommen, weiter nichts.«
    »Du sollst den Namen des Herrn nicht mißbrauchen«, zitierte Ellie eines der zehn Gebote und bekreuzigte sich rasch. »Dein Vater …«
    Lukes Augen funkelten wütend. »Verdammt, Ma, Dad ist tot, hast du

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