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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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die Persephone immer folgt und vorausgeht. Du wirst die Königin der Schatten sein, Göttin der Unterwelt, die Fürstin des Friedhofs, die die Seele durch das Dunkel des Nicht-Seins geleitet. Die das Leben erfahren hat, Leid und Trauer, Freude, Wahnsinn und Tod. Die weise Alte. Die Hexe. Du wirst ihre Weisheit brauchen, um die Verwandlung zu vollziehen.«
    Carol hing im Spiegel an Moriannas Lippen, wie gebannt von dem, was sie sagte. Chloe, Gerlinde und Jeanette rieben ihr dieselbe weiße ölige Creme in jede Pore. Sie roch stark nach Rosen. Die sanften Finger von sechs Händen kreisten langsam im Uhrzeigersinn, und Carol wurde wieder schläfrig und spürte zugleich ihre Sinnlichkeit, während sie Moriannas Worten lauschte.
    »Du wirst fasten und heute Abend nichts essen außer sechs Granatapfelkernen, die die Hingabe der Jungfrau an das Dunkel symbolisieren. Bis auf das Blut ist das alles, was du in den nächsten drei Tagen zu dir nehmen wirst.«
    Als die Rede auf das Bluttrinken kam, war Carol mit einem Mal wieder hellwach. Offensichtlich zeitigte es bei Rene die gleiche Wirkung. »Haben Sie ihr gerade gesagt, dass sie Blut trinken soll? Wird es vorher sterilisiert? Es stammt doch nicht von einem Menschen, oder?«
    Morianna ignorierte sie. »Neun werden anwesend sein, neun Gaben, neun, um das Leben weiterzugeben. Von jedem musst du empfangen, was er dir bietet. Und jedem musst du etwas von dir zurückgeben. Neun ist die Zahl der Vollendung, das letzte Stadium vor dem Ende, das uns sagt, dass die Wandlung unausweichlich ist.«
    Carol verstand so gut wie nichts von dem, was Morianna da sagte, dennoch hing sie an jedem Wort, und das ein oder andere ergab sogar einen Sinn.
    »Es gibt vier Himmelsrichtungen, um das Gleichgewicht zu wahren. Zunächst das Feuer; es wird immer neben oder hinter dir sein. Es steht für den Süden und für die Wärme, mit der du Andrd umgibst, der sich wiederum dir stellen muss. Während des gesamten Rituals wird dein Feuer ihn anziehen, denn Feuer ist unwiderstehlich. Es ist das männliche Prinzip, Macht, Reinigung, glühendes Verlangen, die Fähigkeit zu penetrieren, aber auch zu zerstören. Was von einer Substanz als Abfall übrig bleibt, wird in der Flamme des Alchimisten verbrannt. In Neuguinea glaubt man, eine alte Frau sei die Hüterin des Feuers, das sie in ihrer Vagina verwahrt, damit es zur Verfügung steht, wenn man es braucht.«
    Carol hörte wie gebannt zu.
    »Im Westen liegt das Wasser, Mitgefühl, Heilen, Verständnis. Hier durchfließt dich der Fluss des Lebens, den du André im Austausch für das ewige Leben anbieten wirst. Dies ist das weibliche Prinzip, Beleben, Nähren, Wahrheit, Weisheit, intuitives Verständnis. Es ist die Richtung des Mondes, des Gefühls, und hier wirst du als die Jungfrau sitzen.
    Wenn du morgen Nacht André gegenübertrittst, wirst du auch dem Norden entgegentreten, der Richtung der Luft. Vielleicht erhaschst du hier einen Blick auf die Ewigkeit, den Himmel, die Seele. Träume, Inspirationen, Freiheitsliebe, ja, die Sonne selbst wird dir enthüllt werden, wenn deine und Andrés Gedanken miteinander verschmelzen.«
    Jeanette war fertig, aber Gerlinde hantierte hektisch an Carols Haar herum, gab ihm mit den Händen Form, bis es schließlich perfekt an ihrem Gesicht anlag.
    »Am Sonntag, wenn das Ritual endet, wirst du nach Osten schauen, zur Erde, deinem Körper. Hier ist jemand, der das Leben liebt und alles in Einklang sehen möchte, aber auch Tod und Dunkelheit. Zu dieser Zeit und an diesem Ort schließt sich der Zyklus von Geburt, Reifezeit und Verfall, und die Verwandlung vollzieht sich in der Ekstase. Hier musst du die Weisheit von Sophia suchen.«
    Die Frauen waren fertig mit ihr. Carol wandte sich um und blickte Morianna und das Mädchen an, Susan, die noch immer zufrieden an den Knien der älteren Frau lehnte. Gerlinde kauerte zu Carols Füßen,  Jeanette saß am Fußende des Bettes, Rene zum Kopfende hin und  Chloe in einem Sessel. Es herrschte Schweigen. Schließlich sagte  Morianna: »Von nun an wird dich - bis auf den Kuss - niemand mehr  berühren, so lange nicht, bis André dich am Sonntag um Mitternacht  nimmt. Du darfst ihm auf keinen Fall gestatten, dich anzufassen, denn  die Blutgier könnte ihn zur Raserei treiben. Der Geruch allein könnte  schon ausreichen. Aber es auch noch unter der Haut zu spüren, ist für  ihn unerträglich. Hast du verstanden?«
    Carol

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