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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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Tür wurde geöffnet, und André trat ein, gefolgt von Chloe. Carol blieb in der Sicherheit von Gerlindes Armbeuge. Auf Andrés Gesicht bemerkte sie einen Ausdruck, den sie als Abscheu interpretierte.
    »Hallo Carol. Wie geht’s?«, erkundigte sich Chloe. Ihre Miene war sanft, ihr Lächeln warmherzig und zugleich entrückt.
    »Ich weiß nicht«, gestand Carol ein. »Ich bin vollkommen durcheinander. Und schwanger.«
    »Ja, André hat es mir gesagt.« Chloe nahm den beiden Frauen gegenüber Platz. André baute sich am anderen Ende des Zimmers auf, so als wolle er bewusst Abstand halten.
    »Carol, wie heißt der Arzt, den du in Spanien aufgesucht hast?«
    Sie überlegte einen Augenblick. »Den Namen habe ich vergessen. Mendez - oder so ähnlich. Einen Moment! Ich habe ein paar Tabletten, die er mir gegeben hat, weil ich mich ständig übergeben musste.«
    Sie nahm einen kleinen Plastikbehälter mit weißen und blauen Kapseln aus ihrer Handtasche und reichte ihn Chloe, die das Etikett las.
    »Gerlinde, wie ist dein Spanisch?«
    »Mejor que mi Aleman«, erwiderte das Mädchen.
    »Kannst du wie eine Amerikanerin reden, die versucht, Spanisch zu sprechen?«
    »Siii, Senhorahh!«
    »Rufe diesen Arzt an! Erzähl ihm, du seist Carols Schwester. Sie sei bei dir in Frankreich und du wolltest nur ein paar Einzelheiten wissen. Du musst herausfinden, was er weiß!«
    Gerlinde erhob sich und fuhr Carol durchs Haar. »Kopf hoch!«
    Als sie an André vorüberkam, boxte sie ihm machohaft auf den Arm. »Du Teufel!«
    Er bedachte sie mit einem finsteren Blick. Chloe streckte die Hände aus, und Carol ergriff sie zögernd. Chloe sah ihr tief in die Augen. Ihre blauen Pupillen waren so beruhigend. Carol spürte, wie jede Anspannung aus ihrem Körper wich. Sie seufzte. Sie war müde, so müde. Sie hatte ein Gefühl, als sei Chloe ihre Mutter, die sie tröstete und dazu einlud, in ihren Schoß zurückzukehren, sodass sie einfach loslassen und alles vergessen konnte, was ihr zu schaffen machte. Ich kann mich ausruhen, dachte sie. Ich brauche Ruhe, und hier habe ich Frieden.
    Gerlindes Stimme holte sie in die Wirklichkeit zurück. »Er sagt, sie hat einen Braten in der Röhre, seit zirka einem Monat. Sie braucht ein bisschen Eisen, aber sonst geht es ihr gut. Ultraschall hat er auch gemacht. Sieht aus wie ein gesunder Fötus. Komplikationen gibt es, soweit er es sagen kann, keine.«
    »Schön«, sagte Chloe.
    Carol lehnte sich auf dem Sofa zurück. Sie nahm alles, was sie sehen konnte, ungewöhnlich hell wahr.
    Chloe wandte sich an André und redete auf Französisch auf ihn ein.
    »Was hast du ihm gesagt?«, wollte Carol wissen.
    »Ich habe ihm gesagt, dass du definitiv schwanger bist. Abgesehen von dem, was der Arzt Gerlinde erzählt hat, kann ich es spüren, und ich sehe es in deinen Augen. Wer allerdings der Vater ist, nun, das steht auf einem anderen Blatt!«
    Mit einem Mal war Carol wieder nach Weinen zumute. Sie nahm all ihren Mut zusammen und wollte aufstehen und ihnen sagen, vielen Dank, aber jetzt wolle sie gehen. Niemand schenke ihr Glauben, das könne sie durchaus verstehen, und sie hätte niemals zurückkehren dürfen, um sie um ihre Hilfe zu bitten. Sie würde es schon allein schaffen, wieder zurück nach zu Philadelphia gehen und die Abtreibung vornehmen zu lassen. Es täte ihr Leid, dass sie ihnen Umstände bereitet habe.
    Aber sie vermochte sich nicht zu rühren. Sowohl körperlich als auch geistig war sie völlig am Ende. Ihre gefühlsmäßige Erschöpfung und tiefe Niedergeschlagenheit beraubten sie aller Kraft.
    »André sagte, du willst es abtreiben lassen. Warum?«, fragte Chloe.
    »Ich will das Kind nicht!«
    »Aber warum denn? Du bist doch jung und kräftig und allem Anschein nach auch gesund. Magst du denn keine Kinder?«
    »Ich... ich weiß nicht. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht.«
    »Also warum willst du es dann nicht?«, wollte Gerlinde wissen.
    Carol zögerte. »Er hält sich für einen Vampir und nicht für einen Menschen, Er hat sie nicht mehr alle. Damit kann ich nichts anfangen. Und ich will kein Wesen mit gestörtem Erbmaterial zur Welt bringen. Außerdem könnte es Komplikationen geben. Ich könnte dabei sterben.«
    »Mit einer derartigen Einstellung könntest du so oder so draufgehen«, meldete André sich nun zum ersten Mal zu Wort.
    Plötzlich wurde Carol sich der Tatsache bewusst, dass sie sie vor den Kopf gestoßen hatte. Wegen André machte sie sich keine

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