Kind der Nacht
Füße unter. So saßen sie eine gute halbe Stunde lang da und musterten einander, keiner sagte ein Wort, aufgehoben in der Stille des Raumes. Draußen seufzte der Wind, und ein Ast schlug unentwegt gegen das Fenster.
Der Himmel wurde immer heller. Schließlich erhob sich André und knipste die Lampen eine nach der anderen aus. Danach ging er in die Diele und schaltete die Alarmanlage ein. Carol stand auf und folgte ihm nach unten.
Sie stand auf ihrer Seite des Bettes, streifte ihre Laufschuhe und Socken ab, zog dann ihr Hemd aus und öffnete die Spange, mit der sie ihr Haar hochgesteckt hatte. Sie nahm ihre Bürste vom Nachttisch und begann sich das Haar zu bürsten.
Die fünf Nächte sind um, dachte sie. Ob André mich bleiben lässt? Und falls nicht, was hat er dann mit mir vor?
Sie fuhr sich mit den Borsten durchs Haar, von der Kopfhaut bis an die Spitzen, immer wieder, ehe sie es sich endlich über die Schulter fallen ließ.
Michael ist ein richtiger kleiner Schatz, dachte sie. Mehr als alles andere will ich bei ihm sein. Nun, da ich ihn gefunden habe, kann ich nicht mehr ohne ihn leben.
Sie umfasste ihr Haar mit einer Hand und strich nun nur noch über die Spitzen, dabei wandte sie den Kopf leicht zur Seite. Ihr Blick fiel auf André, und sie hielt mitten in der Bewegung inne. Nackt stand er auf der anderen Seite des Bettes und sah ihr zu. Nervös, verlegen blickte sie wieder weg. Sie wollte ihn nicht zu irgendwelchen Schwachheiten ermuntern.
Erneut fuhr sie sich mit der Bürste von oben nach unten durchs Haar, doch schon im nächsten Augenblick spürte sie, wie er sich an sie drückte. Seine Hände umfassten ihre Taille. Seine Lippen fanden die entblößte Seite ihres Halses und küssten sie dort. Schwach nahm sie noch den würzigen Duft seines Aftershaves wahr, dennoch kratzte sein Bart bereits wieder ein bisschen.
Selbst durch ihre Jeans hindurch spürte sie seine Erregung. Plötzlich schoss ihr eine Erinnerung durch den Kopf: wie sie miteinander geschlafen hatten, wie hart und ausdauernd er war. Sein Becken wiegte sich hin und her, während er sich an ihr rieb. Er hakte ihren BH auf und begann ihre Brust zu liebkosen.
Carol war in einer Zwickmühle gefangen. Ein Teil von ihr wurde von einer unsäglichen Angst erfasst, ein anderer Teil wehrte sich gegen Gefühle, die sie verwirrten. »Nach dir habe ich mit niemandem mehr geschlafen«, platzte es aus ihr heraus, und prompt fragte sie sich, was sie wohl dazu getrieben hatte, dies zu sagen.
André küsste ihr Haar. Seine Lippen glitten an ihrem Ohr entlang, dann wieder hinab zu ihrem Hals. Sein Atem kitzelte auf der Haut.
Seine Hand wanderte über ihre Taille. Er zog den Reißverschluss ihrer Jeans auf.
»Nicht«, sagte sie leise, hin- und hergerissen, voller Angst. Er öffnete den Knopf ihrer Hose und schob sie ihr behutsam mit einer Hand über die Hüften hinab.
»Nein«, stöhnte sie, als seine Finger in sie eindrangen. Ihre Vagina zog sich zusammen, und innen wurde sie feucht. Abermals stöhnte sie auf.
Sein warmer Penis presste sich beharrlich an ihre Haut. Carol gab nach und drängte sich rückwärts gegen ihn. Doch noch einmal hörte sie sich »Nein« sagen.
Er hob ihr Gesicht an und drehte es etwas zur Seite, damit sie ihn ansehen konnte, seine Augen große silbergraue Mandeln. Seine Finger hörten nicht auf, sie zu massieren, und zu ihrer Feuchtigkeit gesellte sich eine wohlige Wärme hinzu.
»Carol, soll ich auf deinen Körper hören oder auf das, was du sagst?«
Sie spürte, wie ihr die Knie weich wurden, wie ihr Herz raste und ihr Atem schneller ging. Sie konnte ihm keine Antwort geben und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er ihr die Entscheidung abnahm, damit sie sie nicht zu treffen brauchte. Sie zögerte, und er verzog gequält das Gesicht. Er begann sich allmählich zurückzuziehen.
»Nein!«, schrie sie, umklammerte ihn, zwang seine Finger wieder zurück, griff ihm ins Haar und zog ihn zu sich herab, bis ihre Lippen sich in einem leidenschaftlichen Kuss aufeinander pressten.
Er manövrierte sie aufs Bett. Sie lag mit dem Gesicht nach unten und er auf ihr, seine Finger noch immer in ihr, wo er sie stimulierte, bis sie stöhnte. Doch schon nach einer Weile drehte er sie auf die Seite, er hinter ihr.
Warum?, fragte sie sich. Warum passiert es schon wieder? Und warum tue ich das überhaupt? Ich will doch gar nichts anfangen. In was bin ich da nur hineingeraten?
Er
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