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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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fragte Garion ungläubig.
    »Es sind schon seltsamere Dinge geschehen. Geh zu Bett, mein Junge. Ich glaube, ich werde noch ein Weilchen die Sterne betrachten. Die Sterne und ich sind sehr alte Freunde.«
    »Die Sterne?« fragte Garion und sah unwillkürlich nach oben. »Du bist ein sehr merkwürdiger alter Mann – falls es dir nichts ausmacht, wenn ich das sage.«
    »In der Tat«, stimmte der Geschichtenerzähler zu. »Wahrscheinlich der merkwürdigste, den du je treffen wirst.«
    »Ich mag dich trotzdem leiden«, sagte Garion rasch, der ihn nicht beleidigen wollte.
    »Das ist ein Trost«, sagte der alte Mann. »Nun geh zu Bett. Deine Tante Pol wird sich Sorgen um dich machen.«
    Später, als er schlief, wurde Garion von unruhigen Träumen heimgesucht. Die dunkle Gestalt des entstellten Torak lauerte in den Schatten und monströse Dinge verfolgten ihn durch seltsame Landschaften, wo das Mögliche und das Unmögliche sich trafen und vereinten, als ob jene andere Welt versuchte, ihn für sich in Besitz zu nehmen.

3
    E ines Morgens, ein paar Tage später, als Tante Pol allmählich wegen seines fortgesetzten Herumlungerns in ihrer Küche finster dreinblickte, entschuldigte sich der alte Mann, daß er einige Besorgungen in dem nahe gelegenen Dorf Obergralt zu erledigen hätte. »Gut«, sagte Tante Pol etwas ungnädig. »Zumindest werden meine Vorräte sicher sein, solange du fort bist.«
    Er verbeugte sich spöttisch mit einem Augenzwinkern.
    »Brauchst du irgend etwas, Herrin?« fragte er. »Einige Kleinigkeiten, die ich für dich einkaufen könnte – wo ich sowieso gehe?«
    Tante Pol überlegte einen Moment. »Einige meiner Gewürzdosen sind fast leer«, sagte sie, »und in der Fenchelgasse direkt südlich der Dorftaverne ist ein tolnedrischer Gewürzhändler. Ich bin sicher, du wirst keine Schwierigkeiten haben, die Taverne zu finden.«
    »Der Weg wird wahrscheinlich trocken sein«, gab der alte Mann fröhlich zu. »Und auch einsam. Zehn Meilen ohne jemanden, mit dem man reden kann, sind ein langer Weg.«
    »Sprich mit den Vögeln«, schlug Tante Pol barsch vor.
    »Vögel hören zwar gut zu«, antwortete der alte Mann, »aber ihre Sprache wiederholt sich oft und wird schnell langweilig. Warum kann ich nicht den Jungen zur Gesellschaft mitnehmen?«
    Garion hielt den Atem an.
    »Er schnappt schon von alleine genug schlechte Gewohnheiten auf«, sagte Tante Pol bissig. »Mir wäre es lieber, wenn er nicht noch fachmännische Anleitung dazu bekäme.«
    »Aber, Herrin«, wandte der alte Mann ein, und stahl dabei, fast geistesabwesend, einen Schmalzkringel, »du tust mir Unrecht. Außerdem, ein Ortswechsel wird dem Jungen guttun – seinen Horizont erweitern, könnte man sagen.«
    »Sein Horizont ist weit genug, danke schön«, sagte sie.
    Garions Herz sank.
    »Andererseits, bei ihm kann ich mich wenigstens darauf verlassen«, fuhr sie fort, »daß er meine Gewürze nicht völlig vergißt oder vom Bier so beduselt wird, daß er Pfefferkörner mit Nelken oder Zimt mit Muskat verwechselt. Also gut, nimm den Jungen mit, aber denke daran, ich will nicht, daß du ihn an verrufene oder verkommene Orte schleppst.«
    »Edle Pol!« sagte der alte Mann und tat schockiert. »Würde ich solche Orte aufsuchen?«
    »Ich kenne dich zu gut, Alter Wolf«, sagte sie trocken. »Du wirst von Laster und Verderbtheit so natürlich angezogen wie eine Ente von einem Teich. Wenn ich hören sollte, daß du den Jungen zu einem anstößigen Ort mitgenommen hast, werde ich mit dir noch ein Wörtchen reden.«
    »Dann muß ich eben sichergehen, daß du nichts dergleichen hörst, nicht wahr?«
    Tante Pol sah ihn scharf an. »Ich werde nachsehen, welche Gewürze ich brauche«, sagte sie.
    »Und ich werde mir Pferd und Wagen von Faldor borgen«, sagte der alte Mann und entwendete noch einen Kringel.
    In erstaunlich kurzer Zeit holperten Garion und der alte Mann hinter dem rasch dahintrabenden Pferd die ausgefahrene Straße nach Obergralt entlang. Es war ein strahlender Sommermorgen, einige zarte weiße Wölkchen hingen am Himmel, und tiefblaue Schatten lagen unter den Hecken. Nach ein paar Stunden nahm die Hitze allerdings zu, und die rüttelnde Fahrt wurde ermüdend. »Sind wir bald da?« fragte Garion zum drittenmal.
    »Noch nicht ganz«, antwortete der alte Mann. »Zehn Meilen sind eine ordentliche Entfernung.«
    »Ich war schon einmal da«, erzählte Garion, bemüht, es ganz beiläufig klingen zu lassen. »Natürlich war ich damals noch ein Kind,

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