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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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kommen mir alle so herrschaftlich vor. Würde einer von ihnen Fremde am Tisch dulden?«
    Wolf lachte und schüttelte eine klimpernde Börse an seinem Gürtel. »Wir brauchen uns nicht darum zu bemühen, Bekanntschaften zu schließen«, sagte er. »Hier gibt es Stellen, an denen man Essen kaufen kann.«
    Essen kaufen? So etwas hatte Garion noch nie gehört. Jeder, der zur Essenszeit an Faldors Tor stand, wurde selbstverständlich zu Tisch gebeten. Die Welt der Dorfbewohner war offensichtlich sehr verschieden von der Welt auf Faldors Farm. »Aber ich habe kein Geld«, wandte er ein.
    »Ich habe genug für uns beide«, beruhigte ihn Wolf und ließ das Pferd vor einem großen, niedrigen Gebäude halten, an dem über der Tür ein Schild hing, das eine Weintraube darstellte. Auf dem Schild standen auch Worte, aber Garion konnte sie natürlich nicht lesen.
    »Was bedeuten die Worte, Meister Wolf?« fragte er.
    »Sie bedeuten, daß man drinnen Essen und Getränke kaufen kann«, erklärte Wolf und kletterte vom Wagen.
    »Es muß eine feine Sache sein, lesen zu können«, meinte Garion wehmütig.
    Der alte Mann sah ihn anscheinend überrascht an. »Du kannst nicht lesen, Junge?« fragte er ungläubig.
    »Ich habe nie jemanden gefunden, der es mir beigebracht hätte«, antwortete Garion. »Faldor kann lesen, glaube ich, aber niemand sonst auf der Farm.«
    »Unsinn«, schnaubte Meister Wolf. »Ich werde mit deiner Tante darüber sprechen. Sie vernachlässigt ihre Verantwortung. Sie hätte es dir schon vor Jahren beibringen sollen.«
    »Kann Tante Pol denn lesen?« fragte Garion verblüfft.
    »Natürlich kann sie«, sagte Wolf und ging voran in die Taverne. »Sie sagt zwar, sie sehe nur wenig Vorteil darin, aber sie und ich haben diese Diskussion schon vor Jahren erledigt.« Der alte Mann schien über Garions Mangel an Bildung recht aufgebracht zu sein.
    Garion interessierte sich jedoch viel zu sehr für das verräucherte Innere der Taverne, um dem viel Aufmerksamkeit zu schenken. Der Raum war groß und dunkel, mit einer niedrigen Balkendecke und einem mit Binsen bestreuten Steinfußboden. Obwohl es nicht kalt war, brannte ein Feuer in einer steinernen Feuerstelle in der Mitte des Raumes. Der Rauch zog durch einen Kamin darüber ab, der von vier eckigen Steinsäulen getragen wurde. Talgkerzen flackerten in Tonschalen auf einigen der langen, fleckigen Tische, und der Geruch nach Wein und schalem Bier hing in der Luft.
    »Was gibt’s zu essen?« wollte Wolf von einem mürrischen, unrasierten Mann mit einer fettfleckigen Schürze wissen. . »Wir haben noch etwas Fleisch übrig«, sagte der Mann und deutete auf einen Spieß, der neben der Feuerstelle lag. »Erst vorgestern gebraten. Fleischpudding von gestern morgen, und Brot, nicht älter als eine Woche.«
    »Na schön«, sagte der Wolf und setzte sich. »Und ich möchte dann noch einen Krug vom besten Bier und Milch für den Jungen.«
    »Milch?« protestierte Garion.
    »Milch«, sagte Wolf bestimmt.
    »Du hast Geld?« fragte der mürrische Mann.
    Wolf ließ seine Börse klimpern, und der mißmutige Mann sah plötzlich weniger mißmutig aus.
    »Warum schläft der Mann dort drüben?« fragte Garion und zeigte auf einen schnarchenden Dorfbewohner, der auf einem der Tische saß und seinen Kopf auf die Tischplatte gelegt hatte.
    »Betrunken«, sagte Wolf und würdigte den schnarchenden Mann kaum eines Blickes.
    »Sollte sich nicht jemand um ihn kümmern?«
    »Er möchte nicht, daß man sich um ihn kümmert.«
    »Kennst du ihn?«
    »Ich weiß von ihm«, sagte Wolf, »und von vielen anderen. Ich habe mich selbst hin und wieder in diesem Zustand befunden.«
    »Warum?«
    »Zu der Zeit schien es angebracht.«
    Der Braten war trocken und zu lange gegart, der Fleischpudding dünn und wäßrig, und das Brot war altbacken, aber Garion war zu hungrig, um es zu merken. Er säuberte sorgfältig seinen Teller, wie man es ihn gelehrt hatte und saß wartend da, während Meister Wolf sich noch bei seinem zweiten Krug Bier aufhielt.
    »Ganz gut«, sagte er, aber es klang nicht so recht überzeugt. Alles in allem fand er, daß Obergralt nicht seinen Erwartungen entsprach.
    »Angemessen«, sagte Wolf achselzuckend. »Dorftavernen sind fast überall auf der Welt gleich. Ich habe selten eine gesehen, die ich unbedingt noch einmal besuchen möchte. Sollen wir gehen?« Er legte ein paar Münzen auf den Tisch, die der mürrische Mann rasch grapschte, und führte Garion hinaus in die Nachmittagssonne.
    »Jetzt

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