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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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gewachsen, wie ich sehe.«
    »Es ist fünf Jahre her«, antwortete Garion.
    »So lange?«
    Garion nickte und paßte seine Schritte dem Freund an.
    »Sind alle wohlauf?«, fragte Wolf.
    »O ja«, meinte Garion. »Hier ist alles beim alten, nur daß Breldo geheiratet hat und fortgezogen ist, und die braune Kuh letzten Sommer gestorben ist.«
    »Ich kann mich an die Kuh erinnern«, sagte Wolf. Dann meinte er: »Ich muß mit deiner Tante Pol sprechen.«
    »Sie ist heute nicht in bester Laune«, warnte Garion. »Es ist vielleicht besser, wenn du dich in einer der Scheunen ausruhst. Ich kann dir nachher etwas zu essen und zu trinken bringen.«
    »Wir müssen ihre Laune in Kauf nehmen«, sagte Wolf. »Was ich ihr zu sagen habe, kann nicht warten.«
    Sie gingen durch das Tor und über den Hof zur Küchentür. Tante Pol wartete. »Du schon wieder?« fragte sie barsch, die Hände in die Hüften gestemmt. »Meine Küche hat sich von deinem letzten Besuch noch nicht wieder erholt.«
    »Edle Pol«, grüßte Wolf und verbeugte sich. Dann tat er etwas Merkwürdiges. Seine Finger zeichneten ein kleines, verschlungenes Zeichen in die Luft. Garion war sich ziemlich sicher, daß er diese Geste nicht hatte sehen sollen.
    Tante Pols Augen weiteten sich kurz, wurden dann wieder schmal, und ihr Gesicht nahm einen grimmigen Ausdruck an.
    »Woher…« begann sie, riß sich dann aber zusammen. »Garion«, rief sie scharf, »ich brauche ein paar Karotten. Am anderen Ende des Küchengartens sind noch ein paar. Nimm Spaten und Eimer und hol mir welche.«
    »Aber…« protestierte er, verschwand dann aber, durch ihren Gesichtsausdruck gewarnt, schnell. Er nahm einen Spaten und einen Eimer aus dem nächsten Schuppen und lungerte an der Küchentür herum. Horchen war zwar keine schöne Angewohnheit und zählte in Sendarien zu der schlimmsten Sorte von schlechtem Benehmen, aber Garion hatte schon vor langer Zeit begriffen, daß die Unterhaltung bestimmt sehr interessant wurde und ihn wahrscheinlich direkt betraf, wenn er fortgeschickt wurde. Er hatte kurz mit seinem Gewissen gerungen, aber da er keinen ernstlichen Schaden dabei entdecken konnte – solange er nichts ausplauderte, was er hörte –, hatte sein Gewissen gegenüber seiner Neugier den kürzeren gezogen.
    Garions Ohren war sehr gut, aber er brauchte einen Moment oder zwei, um die beiden vertrauten Stimmen von den anderen Geräuschen in der Küche zu unterscheiden.
    »Er wird dir keine Spur hinterlassen«, sagte Tante Pol gerade.
    »Das muß er auch nicht«, gab Wolf zurück. »Das Ding selbst wird mir seine Spur zeigen. Ich kann ihr so leicht folgen wie ein Fuchs der Spur eines Kaninchens.«
    »Wohin wird er es bringen?« fragte sie.
    »Wer weiß? Sein Geist ist mir verschlossen. Ich vermute, daß er es nordwärts nach Boktor bringt. Das ist die kürzeste Route nach Gar og Nadrak. Er wird wissen, daß ich hinter ihm her bin und so bald wie möglich die Grenze zu den Ländern der Angarakaner überschreiten wollen. Sein Diebstahl ist nicht vollendet, solange er sich im Westen aufhält.«
    »Wann ist es geschehen?«
    »Vor vier Wochen.«
    »Er könnte schon in den Reichen der Angarakaner sein.«
    »Das ist unwahrscheinlich. Die Entfernungen sind groß. Aber wenn er dort ist, muß ich ihm folgen. Ich werde deine Hilfe brauchen.«
    »Aber wie kann ich hier fort?« fragte Tante Pol. »Ich muß auf den Jungen aufpassen.«
    Garions Neugier wurde fast unerträglich. Er schlich sich näher an die Küchentür.
    »Der Junge wird hier sicher genug sein«, sagte Wolf. »Es handelt sich um eine dringende Angelegenheit.«
    »Nein«, widersprach Tante Pol. »Selbst dieser Ort ist nicht sicher. Letztes Erastide kamen ein Murgo und fünf Thulls hierher. Er trat als Händler auf, aber er stellte zu viele Fragen nach einem alten Mann und einem Jungen namens Rundorig, die vor einigen Jahren in Obergralt gesehen wurden. Vielleicht hat er mich auch erkannt.«
    »Dann ist die Sache ernster, als ich dachte«, sagte Wolf nachdenklich. »Wir müssen den Jungen wegschaffen. Wir können ihn woanders bei Freunden unterbringen.«
    »Nein«, lehnte Tante Pol abermals ab. »Wenn ich mit dir gehe, wird er auch mitkommen. Er kommt jetzt in ein Alter, wo man besonders gut auf ihn achtgeben muß.«
    »Sei nicht albern«, sagte Wolf scharf.
    Garion war verblüfft. Niemand sprach so mit Tante Pol.
    »Es ist meine Entscheidung«, erwiderte Tante Pol knapp. »Wir waren übereingekommen, daß er in meiner Obhut bleibt, bis er

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