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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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schwieg er und blieb zurück, bis seine Gefährten außer Sichtweite waren; dann fiel er auf die Knie und begann das Gold aufzusammeln, so wie ein Kind Blumen pflücken mag.
    Da hörte er hinter sich ein Geräusch und drehte sich um. Was er sah, sollte man besser nicht erzählen. Er ließ all sein Gold fallen und rannte davon.
    Nun führte der Fluß, den sie gehört hatten, gerade an dieser Stelle durch eine Schlucht, und seine beiden Gefährten waren überrascht, ihn über den Rand der Schlucht laufen zu sehen. Er lief auch noch im Fallen, und seine Beine strampelten in der Luft. Dann wandten sie sich um und sahen, was ihn verfolgt hatte.
    Der eine verlor den Verstand und sprang mit einem verzweifelten Schrei in dieselbe Schlucht, die gerade erst seinen Gefährten verschlungen hatte, aber der dritte Abenteurer, der tapferste und kühnste von allen, sagte sich, daß kein Geist einem lebendigen Menschen tatsächlich etwas anhaben könnte und blieb stehen. Das war natürlich der schlimmste Fehler, den er nur machen konnte. Die Geister umringten ihn, wie er so tapfer dastand und überzeugt war, daß sie ihm nichts anhaben konnten.«
    Meister Wolf hielt inne und nahm einen kurzen Schluck aus seinem Krug. »Und dann«, fuhr der alte Geschichtenerzähler fort, »weil selbst Geister hungrig werden können, teilten sie ihn auf und fraßen ihn.«
    Garions Haare standen bei dem schockierenden Schluß der Geschichte zu Berge. Er spürte, wie die anderen am Tisch schauderten. Es war ganz und gar nicht die Art von Geschichte, die zu hören sie erwartet hatten.
    Durnik der Schmied, der in seiner Nähe saß, sah irritiert aus. Schließlich sprach er. »Ich möchte um nichts in der Welt die Wahrheit deiner Geschichte anzweifeln«, sagte er, mühsam nach Worten suchend, zu Wolf, »aber wenn sie ihn fraßen – die Geister, meine ich –, wo ging es hin? Ich meine – wenn Geister keine Materie sind, wie alle sagen, haben sie doch auch keinen Magen, oder? Und womit sollten sie beißen?«
    Wolf machte ein schlaues, geheimnisvolles Gesicht. Er erhob einen Finger, als wollte er Durnik ein rätselhaftes Zeichen zur Antwort geben und begann plötzlich zu lachen.
    Durnik sah zuerst verärgert aus und begann dann ebenfalls zu lachen, wenn auch etwas einfältig. Langsam breitete sich das Gelächter aus, als alle so allmählich den Scherz begriffen.
    »Ein ausgezeichneter Scherz, alter Freund«, sagte Faldor, der so heftig lachte wie alle anderen, »und einer, aus dem sich Lehren ziehen lassen. Gier ist schlimm, aber Furcht ist noch schlimmer, und die Welt ist gefährlich genug, auch ohne sie mit eingebildeten Schreckgespenstern zu bevölkern.« Man konnte sich darauf verlassen, daß Faldor in jeder guten Geschichte eine Moral fand.
    »Wohl wahr, guter Faldor«, sagte Wolf etwas ernsthafter, »aber es gibt Dinge auf dieser Welt, die weder wegerklärt noch durch Gelächter vertrieben werden können.«
    Brill, der in der Nähe des Kamins saß, war nicht mit in das Lachen eingefallen. »Ich habe noch nie einen Geist gesehen«, sagte er verdrießlich, »oder jemanden getroffen, der einen gesehen hätte. Ich für meinen Teil glaube nicht an irgendwelche Magie oder Zauberei oder solche Kindereien.« Und er stand auf und stapfte aus dem Saal, als ob die Geschichte eine persönliche Beleidigung für ihn gewesen wäre.
    Später in der Küche, als Tante Pol den Abwasch beaufsichtigte, und Wolf an einem der Arbeitstische mit einem Krug Bier lehnte, kam Garions Kampf mit seinem Gewissen schließlich zu einem Ende. Die sachliche, innere Stimme hatte ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß ein Verschweigen dessen, was er gesehen hatte, nicht nur ausgesprochen dumm, sondern möglicherweise sogar gefährlich sein konnte. Er stellte den Topf, den er gerade schrubbte, nieder und ging zu ihnen hinüber. »Es ist vielleicht nicht wichtig«, begann er vorsichtig, »aber heute nachmittag, als ich vom Garten zurückkam, habe ich gesehen, wie Brill dir folgte, Tante Pol.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Wolf setzte seinen Krug ab.
    »Weiter, Garion«, sagte Tante Pol.
    »Es war, als du hinaufgegangen bist, um mit Faldor zu sprechen«, erklärte Garion. »Er wartete, bis du oben warst und Faldor dich eingelassen hatte. Dann schlich er hinauf und horchte an der Tür. Ich sah ihn dort oben, als ich den Spaten wegstellen wollte.«
    »Seit wann ist dieser Brill schon auf der Farm?« fragte Wolf stirnrunzelnd.
    »Er kam im letzten Frühjahr«, antwortete Garion,

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