Kind der Prophezeiung
wie du sagst«, sagte er schließlich. »Ich werde deine Einladung annehmen, vorausgesetzt, wir können morgen so früh wie möglich unser Geschäft tätigen.«
Faldor verbeugte sich. »Ich werde beim ersten Tageslicht zur Verfügung stehen, falls du es wünscht.«
»Dann ist es also abgemacht«, sagte der Murgo und kletterte vom Wagen.
An jenem Nachmittag wurde die Festtafel im Speisesaal gedeckt. Die Küchenhelfer und ein halbes Dutzend anderer, die für diesen besonderen Tag in Dienst genommen worden waren, eilten, von Tante Pols scharfer Zunge angetrieben, von der Küche in die Halle. Sie waren mit dampfenden Braten, geräucherten Schinken und brutzelnden Gänsen beladen. Während er sich mit einer riesigen Rinderlende abmühte, stellte Garion mißmutig fest, daß Faldors Arbeitsverbot an Erastide vor der Küchentür haltmachte.
Zur rechten Zeit war alles bereit. Die Tische waren gedeckt, die Feuer in den Kaminen brannten hell, Dutzende von Kerzen erhellten den Saal mit goldenem Licht, und die Fackeln loderten in ihren Haltern an den Steinsäulen. Faldors Leute marschierten in ihren besten Kleidern in den Saal, den Mund wäßrig vor Erwartung.
Als alle saßen, erhob sich Faldor von seiner Bank am Kopfende des Mitteltisches. »Liebe Freunde«, sagte er und erhob seinen Krug, »ich widme dieses Festmahl den Göttern.«
»Den Göttern«, antworteten die Leute einstimmig und erhoben sich respektvoll.
Faldor nahm einen kurzen Schluck, und alle folgten seinem Beispiel. »Hört mich, ihr Götter«, betete er. »Bescheiden danken wir euch für die Gabe dieser schönen Welt, die ihr an diesem Tag erschaffen habt, und wir weihen uns eurem Dienst für ein weiteres Jahr.« Er sah einen Augenblick lang so aus, als wollte er noch mehr sagen, setzte sich aber statt dessen hin. Faldor arbeitete immer viele Stunden an den besonderen Gebeten für Gelegenheiten wie diese, aber die Qual, öffentlich reden zu müssen, wischte unweigerlich die so sorgfältig vorbereiteten Worte aus seinem Gedächtnis. Seine Gebete waren deshalb immer sehr aufrichtig und sehr kurz.
»Eßt, liebe Freunde«, wies er sie an. »Laßt das Essen nicht kalt werden.«
Also aßen sie. Anhelda und Eilbrig, die sich nur auf Faldors Verlangen dieses eine Mal mit ihnen allen an den Tisch setzten, widmeten ihre Bemühungen um ein Gespräch ausschließlich dem Murgo, da er der einzige Anwesende war, der ihrer Aufmerksamkeit würdig schien.
»Ich habe schon lange daran gedacht, Cthol Murgos einmal zu besuchen«, meinte Eilbrig ziemlich hochtrabend. »Meinst du nicht auch, Freund Kaufmann, daß ein engerer Kontakt zwischen Ost und West ein Weg wäre, das gegenseitige Mißtrauen zu beseitigen, das unsere Beziehungen in der Vergangenheit so beeinträchtigt hat?«
»Wir Murgos bleiben lieber unter uns«, antwortete der narbengesichtige Mann kurz angebunden.
»Aber du bist doch hier, Freund«, sagte Eilbrig. »Zeigt das nicht, daß ein engerer Kontakt sich als vorteilhaft erweisen könnte?«
»Ich bin hier, weil ich muß«, erwiderte der Murgo. »Ich mache hier keinen Freundschaftsbesuch.« Er sah sich in dem Raum um. »Sind dies alle deine Leute?« fragte er Faldor.
»Jede Seele ist hier«, sagte Faldor.
»Ich war in dem Glauben, hier sei ein alter Mann – mit weißem Haar und Bart.«
»Hier nicht, mein Freund«, antwortete Faldor. »Ich selbst bin der älteste, und du siehst, mein Haar ist noch nicht weiß.«
»Einer meiner Landsleute hat vor einigen Jahren diesen Mann getroffen«, sagte der Murgo. »Er wurde von einem arendischen Jungen begleitet – Rundorig hieß er, glaube ich.«
Garion, der am nächsten Tisch saß, beugte den Kopf tief über den Teller und lauschte so intensiv, daß er glaubte, seine Ohren müßten wachsen.
»Wir haben hier einen Jungen namens Rundorig«, sagte Faldor. »Der große Bursche dort hinten an dem Tisch.« Er deutete dorthin.
»Nein«, sagte der Murgo und betrachtete Rundorig genau. »Das ist nicht der Junge, der mir beschrieben worden ist.«
»Es ist kein ungewöhnlicher Name bei den Arendiern«, erklärte Faldor. »Wahrscheinlich hat dein Freund ein anderes Paar von einer anderen Farm getroffen.«
»So muß es wohl sein«, meinte der Murgo, der die Angelegenheit damit anscheinend fallenlassen wollte. »Der Schinken ist ausgezeichnet«, sagte er und deutete mit der Spitze des Dolches, mit dem er aß, auf seinen Teller. »Sind die in deinem Räucherhaus von gleicher Qualität?«
»O nein, Freund Kaufmann!« lachte
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