Kind der Prophezeiung
Königin eine einzelne rote Rose.
»Wo hat sie die her?« fragte Garion erstaunt.
Silk zwinkerte ihm zu.
Die Königin betrachtete die Rose zweifelnd und hielt sie in beiden Händen. Sie untersuchte sie genau, und ihre Augen wurden groß. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht, ihre Hände begannen zu zittern.
Die zweite Königin war vorgetreten. Sie war eine kleine Blondine mit einem schönen Lächeln. Ohne Umstände küßte sie König Fulrach und Meister Wolf und umarmte Tante Pol herzlich. Ihre Zuneigung schien einfach und unbefangen.
»Porenn, Königin von Drasnien«, sagte Silk mit einem seltsamen Unterton in der Stimme. Garion schaute ihn an und sah den Anflug eines bitteren, selbstironischen Ausdrucks über sein Gesicht huschen. In diesem kurzen Augenblick erkannte Garion so klar, als ob es hell beleuchtet würde, den Grund für Silks merkwürdiges Verhalten. Eine ihn fast erstickende Welle des Mitgefühls stieg in ihm hoch.
Die dritte Königin, Silar von Algarien, begrüßte König Fulrach, Meister Wolf und Tante Pol mit ein paar kurzen Worten und leiser Stimme.
»Ist der Rivanische Hüter nicht verheiratet?« fragte Durnik und sah sich nach einer weiteren Königin um.
»Er hatte eine Frau«, antwortete Silk knapp, dessen Augen noch immer auf Königin Porenn ruhten, »aber sie ist vor ein paar Jahren gestorben. Sie hat ihm vier Söhne zurückgelassen.«
»Ah«, machte Durnik. Dann betrat Barak, finster blickend und offensichtlich verärgert, die Halle und ging auf König Anhegs Thron zu.
»Willkommen daheim, Vetter«, begrüßte ihn König Anheg. »Ich dachte schon, du hättest dich verlaufen.«
»Familienangelegenheiten, Anheg«, sagte Barak. »Ich mußte ein paar Worte mit meiner Frau wechseln.«
»Ich verstehe«, sagte Anheg und ließ das Thema fallen.
»Habt ihr unsere Freunde schon kennengelernt?« fragte Barak.
»Noch nicht, Lord Barak«, antwortete König Rhodar. »Wir waren noch mit den üblichen Formalitäten beschäftigt.« Er kicherte und sein enormer Bauch wabbelte.
»Ich bin sicher, ihr alle kennt den Grafen von Seline«, sagte Barak, »und dies ist Durnik, ein Schmied und ein tapferer Mann. Der Junge heißt Garion. Er ist in Polgaras Obhut und ein braver Bursche.«
»Findest du nicht, daß wir endlich zur Sache kommen sollten?« fragte Meister Wolf ungeduldig.
Cho-Hag, König der Algarier, sprach mit leiser Stimme. »Seid Ihr, Belgarath, des Unglücks gewahr, das uns heimgesucht hat? Wir wenden uns an Euch um Rat.«
»Cho-Hag«, sagte Wolf gereizt, »du klingst wie ein schlechtes arendisches Epos. Ist all das GeIhre und GeEuche unbedingt notwendig?«
»Mein Fehler, Belgarath«, sagte Anheg reumütig. »Ich habe Schreiber angestellt, die unsere Besprechungen aufzeichnen sollen. Cho-Hag sprach sowohl zur Geschichte als auch zu dir.«
Seine Krone war etwas verrutscht und hing gefährlich schief über einem Ohr.
»Die Geschichte ist sehr großzügig, Anheg«, sagte Wolf. »Du mußt sie nicht beeindrucken. Sie wird sowieso das meiste von dem, was wir sagen, vergessen.« Er wandte sich an den Rivanischen Hüter. »Brand«, fragte er, »glaubst du, daß du mir alles ohne große Umschweife erklären kannst?«
»Ich fürchte, es ist meine Schuld, Belgarath«, sagte der graugekleidete Wächter mit tiefer Stimme. »Der Abtrünnige konnte nur wegen meiner Nachlässigkeit sein Diebesgut fortschleppen.«
»Der Gegenstand müßte sich eigentlich selbst schützen können, Brand«, sagte Wolf. »Ich kann ihn nicht einmal berühren. Ich kenne den Dieb, und es gibt keinen Weg, wie du ihn von Riva hättest fernhalten können. Mich beschäftigt jetzt vielmehr die Frage, wie er es geschafft hat, Hand an ihn zu legen, ohne von dessen Kraft zerstört zu werden.«
Brand breitete in einer hilflosen Geste die Hände aus. »Wir wachten eines Morgens auf, und er war weg. Die Priester konnten lediglich den Namen des Diebes weissagen. Der Geist des Bären-Gottes wollte nicht mehr sagen. Seit wir wußten, wer es war, haben wir darauf geachtet, seinen Namen nicht mehr auszusprechen oder den Namen des Dings, das er gestohlen hat.«
»Gut«, sagte Wolf. »Er verfügt über Möglichkeiten, Worte über große Entfernungen aus der Luft aufzunehmen. Ich selbst habe ihn das gelehrt.«
Brand nickte. »Das wußten wir«, sagte er. »Das machte es für uns so schwierig, unsere Nachricht an dich zu formulieren. Als du nicht nach Riva kamst, und der Bote nicht zurückkehrte, dachte ich, daß etwas schiefgelaufen sein
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