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Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Titel: Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Schleudern, die sie sich entweder illegal auf irgendwelchen Märkten erstanden oder untereinander weitergereicht haben. Carl hat sogar einen Wurfstern, den er auf dem Spielplatz allen gezeigt und gegen einen Baum geschleudert hat. Alle durften ihn einmal ausprobieren, nur Billy nicht, weil irgendjemand sie warnte, dass ein Lehrer im Anmarsch sei, als er an der Reihe war.
    Er will sich aber keinen Pfeil und Bogen kaufen.
    Die Jungen in der Schule würden ihm vermutlich sowieso keine Waffe verkaufen und ihn vielleicht sogar auslachen, wenn er sie darum bitten würde. Der Markt schied aus ähnlichen Gründen aus: Würde er sich an die großen Männer in ihren riesigen Mänteln wenden, dann würden sie ihn vermutlich nicht einmal auslachen, sondern einfach ignorieren.
    Der Hauptgrund aber ist, dass er tief in seinem Inneren gar nicht wirklich eine Waffe haben will.
    Er will nur spielen.
    Und der Wald ist, man kann es nicht anders sagen, Billys bester Freund. Wenn er zwischen den Bäumen spielt und neue Pfade durch das Unterholz erspäht, fühlt er sich zu Hause. Jeder Wald hat versteckte Pfade und freut sich immer, wenn kleine Jungen ganz wild darauf sind, diese zu entdecken. Damit scheint er dem Wald einen Gefallen zu tun. Er spielt in ihm, und nachdem der Wald eine Zeitlang zugesehen und sich gewundert hat, beginnt er mitzuspielen. Und obwohl er immer allein hier ist, ist dies der einzige Ort auf der ganzen Welt, wo er sich am wenigsten einsam fühlt.
    Und deshalb hat er keine Angst, auch wenn sie in den Nachrichten im Fernsehen immer davor warnen, abgelegene Orte allein aufzusuchen. Er kann es nicht erklären, spürt aber, dass sich der Wald um ihn kümmert. Und dass, falls dieser Mörder hier herumlaufen sollte, er Billy lieber mag als ihn, und ihn wahrscheinlich überhaupt nicht mag.
    Billy versteht den Typ Mensch, nach dem sie suchen. Manchmal stellt er sich vor, einen der Jungen zu töten, die ihn in der Schule ärgern, aber das ist nichts Böses, weil er es nicht tun würde. Hätte er sie in seiner Gewalt – wie eine Katze im Käfig –, würde er ihnen nicht weh tun. Er würde sie ein wenig mit dem Stock triezen, einmal, nur um ihnen zu zeigen, wie das ist. Aber er würde aufhören, wenn sie anfingen zu heulen. Niemals würde er es übers Herz bringen, Wehrlosen Leid zuzufügen. Böse ist, das nicht nachzuempfinden, und genauso ist der Mann, über den sie in der Zeitung schreiben. Der Killer. Jemand, der es fertigbringt, eine Katze zu Tode zu quälen, um sich danach darüber zu amüsieren, und davon gibt es jede Menge.
    Eine halbe Stunde später hat Billy den Bogen fertig und einen einzigen Pfeil angespitzt. Welches Holz er für welches Teil gewählt hat, weiß er nicht, aber sie werden ihren Zweck schon erfüllen. Er ist zufrieden mit sich. Der Bogen ist elastisch genug, um sich, ohne zu brechen, zu einem Halbkreis biegen zu lassen, und die Sehne sitzt fest in den Nocken, die er geschnitzt hat. Er hat eine Weile gebraucht, um einen Zweig zu finden, der gerade und dünn genug war, um daraus einen Pfeil zu schnitzen. Auf dem Boden im Umkreis des Baumes hat er herumgestöbert, bis sich ein brauchbarer fand: ein Ende flach schnitzen und mit dem Messer eine Kerbe für die Bogensehne hineinritzen, dann das andere Ende wie einen Bleistift anspitzen.
    Jetzt legt er den Pfeil in den Bogen ein, hält ihn vor sich und zielt auf den Boden. Dann schließt er ein Auge und zieht den Faden zurück. Es erweist sich als viel schwieriger, als er dachte, den Pfeil waagerecht zu halten, aber er versucht, ihn auf der Faust abzulegen. Der Faden rutscht ein paarmal aus der Kerbe, aber nach einer Weile schafft er es.
    Er schwirrt davon!
    Er fliegt schnell, aber nicht geradeaus, und er bleibt auch nicht im Boden stecken, wie er sich das vorgestellt hatte. Stattdessen landet er schräg und wirbelt andere Zweige herum, wie ein Fisch, der plötzlich auf dem Meeresgrund zappelt, und bleibt dann auf einem Geflecht anderer Zweige liegen. Ein hübsches Muster, denkt er – ein Winkel über drei geraden Zweigen. Sehr hübsch.
    Er nimmt ihn auf. Er ist bereit.
    Er blickt über den Bach.
    Bereit zur Jagd.

    Wilde Tiere sind weit und breit nicht zu sehen.
    Billy huscht eine Weile zwischen den Bäumen umher, widersteht dem Drang, wie ein Indianer zu schreien, bleibt hier und da abrupt stehen – lauert! – und feuert den Pfeil auf einen Baum ab, von dem er sich vorstellt, er wäre einer der Jungen aus der Schule. Im wirklichen Leben bleibt er nie

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