Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
Fenster öffnete sich, und das Video begann.
Es zeigte ein Standbild von einer Wiese, die in einer Reihe dunkler, schemenhafter Bäume endete. An dem Tag, an dem es aufgezeichnet worden war, war das Wetter gut. Das Gras leuchtete einladend frisch und war nicht gemäht. Die Halme wiegten sich im lauen Wind wie die Wellen einer ruhigen See. Durch den Lautsprecher vernahm ich Vogelgezwitscher – und etwas anderes. Ein Klappern.
Ein Fauchen.
Sekunden später trat eine Gestalt in das Bild und ging ein kurzes Stück vor der Kamera her. Der Mann trug Jeans, einen schwarzen Mantel und eine schwarze Sturmhaube, unter der im Nacken braune Haarbüschel hervorlugten. In einer Hand hielt er einen Hammer, den er ständig drehte. In der anderen – im Nacken gepackt – eine getigerte Katze. Sie wand sich und zuckte in seinem Griff.
»O Gott«, entfuhr es mir.
Renton nickte. »Genau.«
Der Film war nicht lang – nicht viel länger als eine Minute. Der Mann drückte die Katze zu Boden und schlug ihr mehrmals mit dem Hammer auf den Kopf. Das Fauchen und Kämpfen endete nach dem zweiten Schlag, so dass er sie loslassen und sich ganz darauf konzentrieren konnte, wieder und wieder auf sie einzuschlagen.
Nachdem er fertig war, beugte der Mann sich einen Augenblick über das Tier, neigte den Kopf und betrachtete ungerührt den Schaden, den er angerichtet hatte. Mit einer Gleichgültigkeit und Ungerührtheit, als hätte er einen Schmetterling auf einer Blume entdeckt. Dann stand er auf und ging hinter die Kamera zurück. Der Bildschirm wurde schwarz.
Während der letzten Szenen hatte ich den Atem angehalten.
» Wann wurde das gepostet?«
»Letztes Jahr«, sagte Renton. »Es ist auch noch aus dieser Gegend, weshalb es mir eigentlich ins Auge gesprungen war. Er hat noch mehr davon hochgeladen. Aber dieses hier ist das einzige, das er draußen aufgenommen hat. Die anderen scheinen Innenaufnahmen zu sein, in einer Art Garage. Es gibt auch Bilder. Sehen Sie mal hier.«
Er öffnete ein neues Fenster mit einem anderen Thread. Dieser enthielt Fotos. Katzen, die wie Versuchstiere aufgehängt und aufgeschlitzt worden waren. Einer waren die Beine und der Kopf abgeschnitten worden. Vier oder fünf am Hals in Bäumen aufgeknüpft. Und bei allen reichte eine Hand, die in einem Handschuh steckte und auf sie zeigte, von der Seite in das Bild hinein.
Angewidert sah ich mir die Bilder an. Darunter befanden sich die Kommentare von anderen Usern, die ihm zu seinem Beitrag gratulierten. Ich las den ersten – Großartige Arbeit! Bin schon ganz gespannt auf die nächsten! – und spürte Übelkeit in mir aufsteigen.
Aber ganz vage auch etwas anderes.
Sie haben wohl nicht gedacht, dass wir das finden würden, was?
Ich sagte: »Woher wissen Sie, dass es aus dieser Gegend stammt?«
Renton nickte. »Er hat die Koordinaten angegeben. Das könnte zwar ein Fake sein, aber ich wüsste nicht, warum er das tun sollte. Außerdem haben wir die Stelle erkannt, wo er das erste Video gedreht hat. Swaine Hill.«
Verdammt. Killer Hill. Dort, wo Billy Martin in den Wald gegangen war. Billy Martin, der von jemandem erzählt hatte, der eine Katze getötet hat. Was hatte er gesagt? Ich bekam Herzklopfen.
Eins nach dem anderen.
»Okay. Haben Sie sich den Account von dem Kerl schon vorgenommen?«
»Das ist die schlechte Nachricht, tut mir leid.« Renton verzog das Gesicht. »Die Seite ist absolut anonym. Der Server steht irgendwo im Ausland und wechselt immer wieder den Standort. Nicht zuletzt deshalb ist es ja so reizvoll für die User. Sie sind unauffindbar.«
»Und wenn wir uns an die Admins wenden?«
»Viel Spaß dabei.«
»Verdammt.«
Ich lehnte mich zurück.
Das war er. Ich wusste es. Er hatte die Bilder letztes Jahr aufgenommen und dann aus irgendeinem Grund online gestellt – um sich aufzuspielen vielleicht –, und die ganze Zeit hatte er geübt. Sich auf seine Taten in diesem Jahr vorbereitet. Im Probelauf sozusagen.
Kinder in der Schule. Die haben mir von jemandem erzählt, der eine Katze getötet hat.
Noch eine Erkenntnis.
Der Typ hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, Billy Martin hinterherzurennen …
Ich sprang auf und zog mein Handy aus der Tasche. Laura brauchte eine Ewigkeit, bis sie abnahm. Dann:
»Hicks. Was haben wir …?«
»Laura, hör mir zu. Schick jemanden zu Billy Martins Haus. Ich glaube, er braucht Schutz. Wir müssen ihn hierherholen, jetzt sofort.«
Ich hörte, wie sie tippte. »Bin schon dran.«
»Weil ich
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