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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Benommenheit bis zu einem Zustand nervöser Erregung, der mich auf meinem Stuhl zittern ließ; von einem plötzlichen Verlust der Fähigkeit, Farben zu erkennen, bis zu einer visuellen Wahrnehmung, bei der alles in einem inneren Licht erstrahlte; von rasendem Hunger, unstillbarem Durst und sexueller Lust bis zu der sicheren Überzeugung, daß ich ein körperloser Geist sei.
    Nach meinem ersten Arbeitstag als Psychonautin taumelte ich einigermaßen benommen in die öden Straßen von Ciudad Pallas hinaus, denn obwohl diese absonderlichen psychischen Zustände allesamt rasch vorübergegangen waren, hatten die Erinnerungsspuren an die schwindelerregende Folge eng begrenzter psychischer Zustände meine Verankerung im Alltagsbewußtsein so weit gelockert, daß ich eine Weile brauchte, um in die alltägliche Realität zurückzufinden.
    Guy war höchst unzufrieden. »Primitives Zeug«, erklärte er überheblich. »Ich hab’ keine einzige länger als einen Augenblick amüsant gefunden. Und du?«
    »Nichtmal das«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    Er zog ein Blatt Papier aus der Tasche und las, was er daraufgekritzelt hatte. »Als sie das Geld auf deinen Chip buchten, hab’ ich von einigen anderen Labors gehört, die heute Psychonauten suchen«, sagte er. »Laß uns mal sehen, ob es woanders bessere Kost gibt…«
    Nachdem er es gesagt hatte, zog er mich ins nächste freien Schwebetaxi, und wir fuhren zum nächsten Labor – zwar nicht völlig gegen meinen Willen, aber auch nicht mit begeisterter Zustimmung, denn um die Wahrheit zu sagen, war ich kaum in der Lage, etwas nachdrücklich gutzuheißen oder abzulehnen.
     
    Zu Guys Empörung wurden wir von den nächsten vier Labors, die wir an unserem ersten Tag auf Pallas aufsuchten, abgewiesen, denn anscheinend hatte die rasche Folge von Substanzen, die wir im ersten getestet hatten, genügend Spuren in unserem Stoffwechsel hinterlassen, um uns als Versuchsperson bis zum nächsten Morgen zu disqualifizieren.
    Doch was Guy anging, war die Zeit nicht völlig verschwendet, denn während wir in den Vorzimmern der Labors mit unseren Psychonauten-Kollegen warteten, befragte er die erfahreneren Angehörigen dieser Berufsgruppe – wenigstens jene, die zu einem zusammenhängenden Gespräch fähig waren – nach dem Insider-Wissen des Gewerbes.
    Anscheinend wurde die Arbeit in den Labors nicht sonderlich geschätzt. Einmal testeten die meisten Labors die neuesten psychotropen Erfindungen der Forschungskuppeln nur oberflächlich, so daß man recht häufig seine Zeit mit trivialen Drogen vergeudete. Außerdem bezahlten sie ziemlich schlecht. Und schließlich mußte man sich für das bescheidene Honorar, das sie anboten, normalerweise einer ganzen Batterie von Substanzen aussetzen, die den ganzen Stoffwechsel so gründlich durcheinanderbrachten, daß man kaum hoffen konnte, am gleichen Tag noch einmal von einem anderen Labor angeheuert zu werden.
    »Die Nervenkliniken sind viel besser«, erfuhr Guy von einem der erfahreneren – soll heißen hinfälligeren, älteren und ziemlich hohläugigen – Psychonauten. »Primero wird nur eine Droge pro Tag verabreicht. Segundo machen sie dort molekulare Feineinstellungen bei den Extrakten, so daß der Trip intensiver wird. Tercero zahlen sie viel besser, weil das Risiko größer ist. Und al fin, sollten… unerwartete Probleme auftauchen, haben sie die Möglichkeit und auch die Verpflichtung, das Grundbewußtsein so weit wie möglich wiederherzustellen oder schlimmstenfalls für die zu sorgen, die das Gewerbe nicht mehr ausüben können.«
    Naturellement war der Konkurrenzkampf um diese angenehmsten und bestbezahlten Stellungen recht hart, doch man versicherte uns, die Tatsache, daß wir relativ unverbrauchte Versuchspersonen waren, würde einige Wochen lang sehr für uns sprechen, jedenfalls solange, wie diese vorteilhafte Beschreibung auf uns zutraf.
    Auf diese Information hin hellte sich Guys Stimmung beträchtlich auf. Er stocherte lustlos in dem einfachen Essen herum, das wir vor dem Schlafen in unserer Suite einnahmen; seine tantrische Hingabe war recht oberflächlich, denn seine Aufmerksamkeit richtete sich völlig auf den nächsten Tag; er schwatzte ständig über Sanatorien und Drogen – sogar noch, als wir uns in den Armen lagen.
    Was mich anging – nun, ich hatte schon genug von Ciudad Pallas gehabt, bevor ich den ersten Fuß auf die grauen, häßlichen Straßen setzte; meine erste Erfahrung als Psychonautin hatte wenig dazu

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