Kind des Glücks
von anderen Städten und Wortkristalle, die das Leben in ihnen schilderten, glauben, daß kaum eine andere Stadt auf den Menschenwelten so bar jeder joie de vivre war wie diese.
»Quelle horreur!« murmelte ich bitter, während ich in unserem Wohnzimmer stand und die Stadtlandschaft überblickte, die ich bereits gründlich hassen gelernt hatte. »Was wollen wir hier, Guy?« schmollte ich. »Welchen geheimen Charme kann dieser gräßliche Ort besitzen, um dich zu bewegen, auch nur eine Stunde hier zu verweilen?«
»Hab’ ich dir nicht gesagt, daß die Hauptindustrie Belshazaars psychotropische Drogen herstellt?« sagte er. »Ciudad Pallas besitzt zugegebenermaßen keine äußerlich attraktive Landschaft, weil die Aufmerksamkeit für eine solche in einer Stadt, in der die volle Pracht der inneren Landschaft in solcher Überfülle zugänglich ist, weitgehend überflüssig ist.«
Diese Antwort gefiel mir ganz und gar nicht. »Wenn die einzige Attraktion von Ciudad Pallas die Verfügbarkeit einer Vielzahl von Drogen ist, warum sollte man sich dann mit seinen verstärkten Sinnen einer so erbärmlichen Umgebung aussetzen? Mit deinem unbegrenzten Kreditchip könntest du doch alle psychischen Verstärker kaufen, die du willst, und sie in einer Umgebung zu dir nehmen, die der spirituellen Erbauung förderlicher ist…«
»Ah, aber hier sind alle Drogen, die das Herz begehrt, gratuit!«
»Gratuit?«
»Sogar noch besser als umsonst!« sagte Guy begeistert. »Hier in Ciudad Pallas kann man sich sogar bezahlen lassen, wenn man Drogen nimmt! In dieser edlen Stadt ist es eine angesehene Arbeit, sich als Versuchsperson für Drogenexperimente zur Verfügung zu stellen!«
»Was?« rief ich und sank im nächsten Stuhl zusammen, denn eine solche Vorstellung war etwas, das ich nicht aufrecht stehend verdauen konnte.
»Vraiment!« fuhr Guy in derselben begeisterten Art fort. »Ständig werden in den Forschungskuppeln neue Substanzen entdeckt, die hier unter kontrollierten Bedingungen getestet werden müssen, ehe sie auf den Markt geworfen werden. Naturellement wird jedes potentielle neue Produkt an Dutzenden Menschen erprobt, und deshalb gibt es viele Psychonauten, die im Dienste des wissenschaftlichen Fortschritts und des finanziellen Gewinns beschäftigt werden. Kannst du dir eine Karriere vorstellen, für die ich besser geeignet wäre? Kennst du jemand, der bei dieser edlen Berufung mehr Erfolg haben könnte als Guy Vlad Boca?«
»Merde!« erwiderte ich böse. »Wozu brauchst du noch mehr Geld? Du brauchst doch wirklich nicht als Versuchskaninchen zu arbeiten, um dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen!«
»Richtig«, räumte Guy ein. »Ich brauche nicht mehr Geld. Aber ich brauche immer neues Amüsement.«
Obwohl ich Guy inzwischen kannte, entging mir seine Logik. »Aber ich dachte, du hättest dich bereits für eine Karriere als reisender Händler entschieden, als Thronfolger und Erbe der Interstellar Master Traders«, widersprach ich.
»In der Tat.«
»Nun, wenn du dann dein Gehirn in einem Ozean von Drogen ersäufen mußt, warum kaufst du sie dann nicht einfach? Oder wenn du plötzlich Skrupel hast, das Vermögen deines Vaters zu deinem Vergnügen auszugeben – was etwas ganz Neues wäre –, warum gibst du den örtlichen Produzenten dieser Drogen nicht einfach deine Identität bekannt und bittest um kostenlose Proben, um die Markttauglichkeit zu untersuchen?«
»Keine schlechte Idee…«, grübelte Guy. »Aber das ist alles nicht so amüsant und lange nicht so profitabel wie meine Idee. Natürlich, als anerkannten Vertreter von Interstellar Master Traders würde man mich mit kostenlosen Proben von allem, was auf dem Markt ist, überschütten. Aber die Chance für den größten Profit liegt darin, die besten neuen Drogen kennenzulernen, bevor sie in den Handel kommen. Indem ich also als armes Kind des Glücks auftrete – eins von Tausenden bezahlter Versuchskaninchen, die es so reichlich in dieser Stadt gibt –, kann ich die besten neuen Produkte vor den anderen Händlern kennenlernen. Indem ich mich an die Hersteller wende, bevor sie Importeure beauftragen, und ihnen eine bescheidene Prämie für ein Monopol zahle, kann ich eine Serie geschäftlicher Coups landen, auf die mein Vater stolz sein wird.«
»Pah!« schnaubte ich. »In Wirklichkeit findest du die Vorstellung, daß du dich inkognito mit allerlei Chemikalien vollpumpst und dafür auch noch bezahlt wirst, einfach amüsanter, als sie einfach zu kaufen oder
Weitere Kostenlose Bücher