Kind des Glücks
Auge zu bieten hatten, nun, je weniger ich darüber sage, desto besser, denn hier hatte man nicht einmal den Versuch gemacht, Kunst zu schaffen. Alle Bauformen folgten einfachen geometrischen Figuren, die vorherrschenden Farben waren Betongrau, stumpfer Aluminiumglanz, blasses Glasgrün. Auch nur oberflächliche Verschönerungen der Gebäude gab es nicht; die Kunst der Landschaftsgestalter war ebenfalls nirgends zu entdecken. Ebensowenig konnte ich von meinem Standpunkt aus Parks sehen, große öffentliche Plätze oder sonst etwas, das auf Bürgerstolz oder das öffentliche Wohlergehen hindeutete.
Ich kann die Atmosphäre nur mit dem tödlichen, chemisch neutralen Geschmack von destilliertem Wasser vergleichen. Selbst der tiefste Atemzug brachte keinen Blumenduft, keinen Geruch von Parks, keinen Verwesungsgestank, nicht einmal den feinen Geruch von städtischem Treiben in meine Nase.
»Quelle chose!« sagte ich zu Guy. »Was für eine elende Stadt! Wann fahren wir zum Bloomenwald?«
»Bloomenwald?« rief er, als wäre es der verrückteste Vorschlag der Welt. »Da gibt’s nichts außer ein paar Forschungsstationen und jede Menge Wald.«
»Und was gibt’s hier außer einer Menge häßlicher Gebäude, wenn ich fragen darf?«
Guy lächelte. »Das Äußere täuscht oft«, versicherte er mir. »Wenn wir unser Gepäck untergebracht haben, werde ich dir die vielfältigen Möglichkeiten des Amüsements zeigen, vom denen des Profits ganz zu schweigen, die hinter dem zugegebenermaßen häßlichen Äußeren von Ciudad Pallas verborgen sind.«
Und das tat er auch – zu meinem Entsetzen.
Der innerstädtische Verkehr von Ciudad Pallas wurde hauptsächlich mit Schwebetaxis abgewickelt, die Führungslinien in der Straßenmitte folgten. Wie beim Rapid diente der Sichtschirm auch als Orientierungshilfe, doch anders als beim Rapid wurden für viele Listen Gebühren verlangt. Deshalb wählte Guy das Hotel Pallas, indem er einfach nach dem teuersten Hotel der Stadt suchen ließ, und mietete auf die gleiche Weise die teuerste Suite, die zu haben war.
Nachdem ich gesagt habe, daß das Hotel Pallas das teuerste der Stadt war und unsere Unterkunft die teuerste im Hotel, fühle ich mich verpflichtet, es weiter zu loben. Von außen sah es aus wie ein schlichter gläserner Turm, der keine besonderen architektonischen Vorzüge besaß. Unsere Suite bestand aus einem großen Schlafzimmer, einem Speiseraum, der über Pneumo mit der Hotelküche verbunden war, eine Toilette, einem Bad und einem großen Wohnzimmer. Eingerichtet war sie mit dicken Teppichen, üppigen Polstern, Holzvertäfelungen, poliertem Messing, schwarzem Marmor und einer gleichermaßen kunstlosen Anwendung dieser Materialien. Das pièce de résistance aber war ein riesiges Wohnzimmerfenster, das einen prächtigen Ausblick über die ganze Schrecklichkeit von Ciudad Pallas gewährte.
Wenn bisher eine gewisse störrische Undankbarkeit gegenüber Guys zugegebenermaßen ungebrochener Großzügigkeit zum Ausdruck kam, nun, vraiment muß ich gestehen, daß die Fahrt vom Shuttlehafen zum Hotel nur meine anfängliche Abneigung gegen diese Umgebung verstärkt hatte.
Von innen besehen war Ciudad Pallas nicht weniger häßlich als vom Shuttlehafen aus. Den Stadtbezirken fehlten nicht nur Straßenzüge mit Restaurants, Boutiquen, Märkten und den üblichen Annehmlichkeiten eines zivilisierten Lebens, sondern auch große öffentliche Plätze, Gärten oder Parks. Der Anblick einiger armselig verstreuter Bäume war so selten, daß jeder einzelne bereits eine ästhetische Bedeutung bekam. Meist aber schienen die Straßen nur als effiziente Strombetten für Schwebetaxis, Privatschweber und den Fußgängerverkehr zu dienen.
Was den bescheidenen Passantenstrom anging, der vom Schwebetaxi aus zu sehen war, zerfiel er anscheinend in zwei Untergruppen. Einerseits gab es zielstrebige und überwiegend nüchtern gekleidete Männer und Frauen, die rasch von einem Gebäude zum anderen wanderten, und andererseits eine große Zahl von Menschen in ziemlich abgerissener Kleidung, die nicht viel Wert auf ihre Aufmachung legten und wie berauscht herumtrieben.
Was völlig fehlte, waren die Farbenpracht und Ausgelassenheit, die Extravaganz und Lässigkeit, der Lebensgeist der Straßen, der im großen Edoku seinen Höhepunkt erreichte und der auch in Nouvelle Orlean deutlich in Erscheinung trat. Während mein erster Eindruck des städtischen Lebens natürlich beschränkt war, so ließen mich doch Holos
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