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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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als Händler Proben zu verlangen!«
    »Völlig richtig!« rief Guy mit einem idiotischen Grinsen. »In dieser Hinsicht fallen das Maximum an Amüsement und das Maximum von Profit glücklich zusammen. Außerdem darf ich dir vielleicht nahelegen, dein Bewußtsein ebenfalls mit finanziellem Profit zu erweitern.«
    Er nahm meine Hände und zog mich auf die Füße. »Komm«, sagte er, »laß uns mit unserem Unternehmen beginnen. Ein Augenblick ohne Amüsement ist ein für immer verlorener Augenblick, wie ein weiser Mann einmal sagte.« Und so begann unsere endlose Runde durch die Labors und Kliniken von Ciudad Pallas. Unser erster Besuch galt einem bescheidenen Labor, das nur eine Etage eines großen Turms einnahm. Was wir zunächst vorfanden, sollte uns in den kommenden Tagen recht vertraut werden: Ein Vorzimmer mit einem Dutzend Bewerbern für die Stellung einer Versuchsperson.
    Eine widerwärtigere Versammlung von Menschen konnte man sich kaum vorstellen. Die meisten unserer Mitbewerber waren etwa in unserem Alter; die Männer trugen meist Stoppelbärte, die Frauen waren mehr oder weniger dünn bekleidet; alle verbreiteten einen Geruch von altem Schweiß, in den sich der seltsame Duft von Azeton und anderen sauren Nebenprodukten eines gestörten Stoffwechsels mischte. Einige dieser Leute waren in etwas fortgeschrittenem Alter und hatten offenbar den »Beruf« des Psychonauten länger ausgeübt, als vernünftig war, denn sie waren dürr, hohlwangig, hatten tiefe Schatten unter den Augen und eine beunruhigende Neigung, leise mit sich selbst zu sprechen und reglos die Wände oder die Decke anzustarren.
    Schließlich tauchte aus der Tür, die in den inneren Bereich führte, eine Frau in einem einfachen grauen Kittel auf und verkündete, daß die Bezahlung für das Experiment des Tages sechs Krediteinheiten betrüge. Darauf gingen drei oder vier der Bewerber mit hoch erhobenem Kopf hinaus. Der Rest wurde mit einem Stoffwechselmonitor oberflächlich untersucht, um jene auszusondern, deren Kreislauf noch nicht die Nebenprodukte der letzten Sitzung abgebaut hatte.
    Nur ein halbes Dutzend bestand diese Prüfung, unter ihnen natürlich Guy und ich, da uns die Verletzung der metabolischen Unschuld noch bevorstand. Wir wurden in einen schlichten, grau verkleideten Raum mit einer Reihe von Tischen geführt. Vor jedem Tisch stand ein Polsterstuhl. Hinter jedem Tisch saß ein graugekleideter, gelangweilt aussehender Angestellter. Auf jedem Tisch stand ein Regal mit Reagenzgläsern, die Flüssigkeiten, Pulver und gasförmige Essenzen enthielten; außerdem ein Wortkristallrekorder und ein Stoffwechselmonitor.
    Guy und ich wurden an nebeneinanderliegenden Arbeitstischen untergebracht. Eine blonde Frau mit einer kranken Hautfarbe, die mir gegenüber am Tisch saß, klebte mir Elektroden auf die Schläfen, schob mir eine Sonde unter die Zunge, eine zweite in die rechte Achselhöhle und ließ sich erst herab zu sprechen, als ich ordentlich an ihre Testgeräte angeschlossen war.
    »Bitte, erzählen Sie uns Ihre subjektiven Eindrücke, so wie sie Ihnen kommen; und versuchen Sie, sich so gut wie möglich auf Ihre Gefühle zu beschränken. Ersparen Sie uns hochtrabendes Gerede oder philosophische Betrachtungen, die ohnehin aus der Aufzeichnung herausgeschnitten würden«, erklärte sie gelangweilt, nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren.
    »Schnüffeln Sie«, befahl sie, indem sie ein Reagenzglas mit einer klaren Flüssigkeit öffnete und es mir unter die Nase hielt. Ich schnüffelte.
    »Erzählen Sie.«
    Das war leichter gesagt als getan. Der rauchig-süße Geruch fuhr mir direkt in den Hinterkopf, wo er ein gieriges Verlangen nach einer Nahrung auslöste, die ich noch nie gegessen hatte. »Wahnsinniger Hunger«, sagte ich. »Auf etwas ganz Bestimmtes, das ich nicht kenne; es ist schwer zu erklären…«
    »Und überflüssig… inhalieren Sie… erzählen Sie…«
    Das nächste Reagenzglas schien nach gar nichts zu riechen, aber plötzlich überkam mich eine irre Lust oder, genauer gesagt, ein genitales Verlangen nach sexueller Erleichterung, das völlig unabhängig von meinem psychischen Zustand war, denn ich interessierte mich in diesem Augenblick für alles andere.
    Und so ging es weiter. Um sechs Einheiten auf meinen Chip zu bekommen, mußte ich so etwa ein Dutzend Substanzen schnüffeln, inhalieren, trinken oder berühren und so nüchtern wie möglich über die psychischen Effekte berichten. Diese reichten von narkoleptischer

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