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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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mit einem kleinen tragbaren Gerät, das mit einem Gürtel an meiner Hüfte befestigt wurde.
    »Sie können sich frei auf dem Gelände bewegen, Sunshine«, erklärte mir der Professor mit warmer, irgendwie zuckersüßer Stimme, als wäre er ein Schauspieler, der sich selbst als Rolle spielte. »Ich werde Sie begleiten, und wir werden uns ungezwungen unterhalten.«
    »Und das ist alles?« fragte ich etwas zweifelnd.
    Er schenkte mir ein freundliches Lächeln, das mir etwas aufgesetzt vorkam; vielleicht aber rührte der Eindruck einer Art professioneller Unaufrichtigkeit nur von seinen eisblauen Augen und dem etwas zu würdevollen Gesicht her sowie von meinem eigenen, ganz natürlichen Unbehagen. »Selbstverständlich werden alle physiologischen Veränderungen aufgezeichnet«, sagte er, »so daß Ihre mündlichen Äußerungen zu den Meßdaten in Korrelation gebracht werden können. Wenn wir genug Versuchspersonen getestet haben, können wir auf diese Weise ein mehr oder weniger genaues Profil der psychischen Zustände zeichnen, die durch schrittweise biochemische Veränderungen entstehen, welche wiederum durch die Testsubstanz hervorgerufen werden.«
    »Was ist es denn?«
    »Ein Blumenextrakt, in dessen molekularem Aufbau gewisse Veränderungen vorgenommen wurden«, sagte er vage, indem er ein kleines Reagenzglas mit einer durchsichtig blauen Flüssigkeit hervorzog. »Wir beginnen jetzt, ja?«
    Ich zuckte etwas fatalistisch die Achseln und schluckte den Trank, der einen nicht unangenehmen rauchig-süßen Geschmack hatte; allerdings wurde der Eindruck durch einen metallischen Nachgeschmack, der meine Zähne kitzelte, etwas verdorben.
    »Und jetzt…?« fragte ich.
    »Ein Spaziergang im Garten vielleicht?« schlug der Professor vor.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, daß Bewegung die Aufnahme in den Stoffwechsel beschleunigt.«
    So streiften wir durch den Garten, wo andere Angestellte, vielleicht ebenfalls Professoren, sich ganz offenkundig bemühten, andere Psychonauten, unter ihnen auch Guy – in beträchtlichem Abstand voneinander zu halten.
    Während ich auf das wartete, das da kommen sollte, versuchte ich den Professor in ein Gespräch über seinen Beruf zu verwickeln, um auf diese Weise weitere Informationen über die wirkliche Natur des seltsamen Unternehmens, in dem ich mich nun befand, zu bekommen. »Diese Klinik nennt sich Sanatorium; heißt das, daß Sie geistig gestörte Menschen behandeln?«
    Er zuckte unbestimmt die Achseln. »Ein veraltetes Konzept, nicht wahr?« erklärte er. »Wir machen uns hier nicht vor, daß es beim Menschen nur eine Art von geistiger Gesundheit gibt, nach deren Vorbild wir mit unserer Kunst alle abweichenden Zustände zurechtbiegen müßten. Au contraire, unser Ziel ist es, eine so breite Palette psychotroper Substanzen zu entwickeln, daß jeder beliebige psychische Zustand hervorgerufen werden kann.«
    »Je ne sais pas… «
    »Ein Klient betritt ein Sanatorium in einem Zustand egoloser Zersplitterung, ja, und wir sehen uns verpflichtet, seine Psyche an eine einheitliche Wahrnehmung der Alltagswelt zu binden. Aber ein anderer kommt vielleicht mit übermäßiger Egobindung ans Rad der Maja, so daß wir verpflichtet sind, einen psychischen Zustand zu schaffen, in dem das Ego in nirvanischer Vereinigung mit dem Atman aufgelöst wird. Oder wir könnten daran arbeiten, die Verfügbarkeit gewisser alter psychischer Gestalten zu erhöhen, um ökonomischen oder sozialen Notwendigkeiten zu entsprechen…«
    »Als da wären?«
    »Am lukrativsten ist die Befriedigung des offensichtlichen Bedarfs an einer Droge, die bei neutralen weiblichen Versuchspersonen zuverlässig die einzigartige psychische Gestalt der Raumpilotin-Persönlichkeit hervorruft, denn vraiment, das würde auf ein goldenes Zeitalter hinauslaufen, das man mit Recht das Dritte Raumfahrende Zeitalter nennen könnte«, sagte er begeistert. »Wie die Dinge jetzt stehen, müssen wir die Nervenkliniken und demimondes nach dem natürlichen Vorkommen dieser appetitlosen, süchtigen Persönlichkeiten absuchen, die dem ausgefallenen Profil entsprechen, und dieses Syndrom tritt unglücklicherweise so selten auf, daß wir nie mehr als etwa zweihundert aktive Pilotinnen haben, tja, und dieser Prozeß verhält sich zur wissenschaftlich verläßlichen Erzeugung von Raumpilotinnen genauso wie die alte Alchemie zur Quantenphysik, nicht wahr…«
    Er unterbrach sich einen Augenblick und starrte mich mit schmalen Augen an, als hätte er

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