Kind des Glücks
Sprung transzendiert die Beschränkungen des alltäglichen Reiches von Energie, Materie und Zeit; wir zwei sind die Zeugen, nachdem wir erst vor kurzem Lichtjahre in Tagen überwunden haben«, erklärte Guy. »Sollten deshalb die Raumpilotinnen nicht fähig sein, die höchste Ebene des Bewußtseins, zu dem unsere Art fähig ist, zu erreichen?«
»Wie dem auch sei«, sagte ich, »die Nutznießerinnen dieser transzendenten Vereinigung mit dem Raum sind genau dadurch unfähig, die Freuden einer ganz normalen Frau zu empfinden, unfähig zum sozialen Leben, und nach wenigen Jahren sterben sie.«
»Vraiment«, gab Guy zu. »Aber ist es nicht die Sache wert? Kann es nicht sein, daß wir fleischliche Wesen in den Armen des anderen einen blassen Schatten des höchsten Entzückens suchen, an den sich unsere zeitlosen Geister erinnern? Und außerdem, sind Dinge wie Lebensdauer nicht irrelevant für einen Geist, der einen einzigen Augenblick transzendierter Zeit erlebt?«
»Als nächstes Willst du mir wohl beibringen, daß du Raumpilotin werden willst«, schnaubte ich.
Guy zuckte die Achseln. »Wie du weißt, steht dieser Weg zur höchsten Transzendenz des Reichs der Maja leider nur den Angehörigen deines Geschlechtes offen«, sagte er anzüglich. »Doch hier, in den Nervenkliniken von Ciudad Pallas – sucht man hier nicht ein Elixier, das die biochemische Matrix eines Bewußtseins erzeugt, das fähig ist, dasselbe in gewöhnlichen Frauengehirnen zu erleben? Wird man nicht schließlich einen Trank herstellen, der auch armen Männern wie mir einen solchen Höhepunkt schenkt? Vraiment, ist dies nicht das höchste Amüsement, das ich so begierig suche? Wie kann ich darum den Pfad verlassen, der mir von den Zauberern von Ciudad Pallas geöffnet wird – feige zitternd und besorgt um den Zustand meines unedlen Körpers?«
Das verschlug mir buchstäblich die Sprache; für den Rest des Abends widersprach ich seinem Geschwätz nicht wieder. Leider hörte er nicht einmal lange genug auf, um eine ordentliche passage d’amour einzulegen, bevor ich endlich einschlief. Am Morgen konnte er meine Weigerung, ihn zu einem anderen Sanatorium zu begleiten, ebensowenig verstehen wie ich seine Weigerung, Drogen mit erwiesener Kraft und Wirkung schlichtweg zu kaufen, wenn er schon so darauf aus war, über seinen eigenen spirituellen Nabel zu kontemplieren.
»Ich suche keine Reiche, die andere schon gesehen haben, denn ich weiß, daß noch kein Mann das Reich besucht hat, das ich finden will!« sagte er nachdrücklich. »Vraiment«, fuhr er fort und zeigte eine Spur seines alten, trockenen Humors. »Zweifellos ist das nur der halbe Grund. Aber wie kannst du dich ein wahres Kind des Glücks nennen, ohne den Wunsch zu verspüren, in Bewußtseinssphären zu fliegen, die noch kein Sterblicher gesehen hat, während doch vor dir zu deinem Genuß ein wahres Smorgasbord aufgebaut ist?«
»Wie kannst du dich ein wahres Kind des Glücks nennen und deine Zeit verschwenden, ganz zu schweigen davon, daß du deinen Geist riskierst, wenn du dich in dieser verdammten Stadt mit Drogen vollpumpst, während dir dank der grenzenlosen Großzügigkeit deines Vaters alle Menschenwelten als riesiges Smorgasbord voller Abenteuer zu deinem Genuß offenstehen?«
»Die Menschenwelten, die Welten des Geistes in diesem einzelnen Mann, la même chose, nicht wahr?«
»Pah! Merde! Hast du nicht die Besucher der Labors und Nervenkliniken bemerkt? Willst du so werden, Guy? Ein hagerer, hohläugiger armer Hund, der Wände anstarrt und unverständliche Flüche vor sich hin murmelt?«
»Ah, aber wer kann schon sagen, welche Pracht des Geistes, welche transzendenten Höhen des Amüsements in so vermeintlich dekadenten fleischlichen Hüllen enthalten sind?«
»Ein maestro der Sophisterei?« fragte ich ironisch.
Und so weiter. In den folgenden Tagen, wenn Guy nach einem Ausflug zu den Sanatorien zurückkehrte – manchmal mit glasigen Augen und völlig erschöpft, häufig aber auch mit schlecht gelenkter Energie und von unverständlichen Wundern plappernd –, durchlief diese Dialektik Runde um Runde, ohne sich einer Synthese anzunähern.
Auf der anderen Seite und zu Guys Ehre muß ich sagen, daß er nie finanzielle Überlegungen in unsere fruchtlosen Diskussionen einbrachte, denen zu begegnen ich die größte Mühe gehabt hätte. Eine Weile verdiente er in den Nervenkliniken so um die fünfundzwanzig Krediteinheiten pro Tag, während ich, eine Mittellose, die von seiner
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