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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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hatten, als lebende Organismen, die meinen nichtexistierenden Körper umhüllten, ein Kleidungsstück wie das Vielfarbige Tuch, oder eher wie das Vielfühlige Tuch, denn irgendwie hatte sich der Gesichtssinn in Gefühl verwandelt, das Gefühl in Zärtlichkeiten, und die Zärtlichkeiten in… in…
    »Sprechen Sie! Sprechen Sie! Scheiße, warum muß das immer am kritischsten Punkt passieren!«
    Aber ich konnte nicht sprechen. Denn ein »Ich« existierte nicht mehr. Eine vollkommene Leere befand sich dort, wo das »Ich« gewesen war, und eine Haut aus exquisiten, vielfarbigen Flammen umgab diese Leere. Vraiment, eine Haut aus kundalinischem Feuer, denn wie aus Licht Berührung geworden war, so war die Berührung tantrische Ekstase geworden. Alles, das jetzt in dem Raum existierte, in dem ich mich befunden hatte, war ein lebendiger Mantel aus orgasmischer Substanz, ein transzendentes Wesen, das nichts als ein Zusammenklang von Orgasmen war, eine flammende Aura statischer Ekstase, die sich durch das Gewebe von Raum und Zeit brannte.
    Wie lange blieb ich in diesem egolosen Zustand? Ich sollte später erfahren, daß das Experiment einige Stunden dauerte, doch in diesem Augenblick hatten solche Messungen in meinem Bewußtsein keine Bedeutung. Denn dort gab es weder ein zeitgebundenes Ego, das die Stunden messen konnte, noch eine Schnittstelle zwischen der objektiven Realität und meiner subjektiven Wahrnehmung derselben.
    Eigentlich überflüssig zu erzählen, daß nach einer Weile das Alltagsbewußtsein zu Sunshine Shasta Leonardo zurückkehrte, die sich auf einer Wiese unter einem blauen Kuppelhimmel liegend fand, den Dunst ihres eigenen Schweißes einatmend, während sie gebrochen keuchte und mit blicklosen Augen Professor Sigismund Farben Bruna anstarrte, der wehmütig, kopfschüttelnd und unzufrieden über ihr stand und sie kalt und geschäftsmäßig beobachtete.
    »Ihre fünfundzwanzig Krediteinheiten haben Sie wohl verdient«, räumte er widerstrebend ein. »Aber ich würde das Doppelte zahlen, wenn nach Einnahme dieser Substanz eine Versuchsperson klar genug bliebe, um mir die ganze Geschichte zusammenhängend zu erzählen.«

 
   15
     
     
    Durch meine eigene, unwiderrufliche Entscheidung blieb mein erstes Abenteuer als Versuchsperson für die Wissenschaftler der Sanatorien in Ciudad Pallas auch mein letztes. Kein Argument Guys konnte mich bewegen, mich noch einmal dem zu unterwerfen, was ich nur als schreckliche Freuden bezeichnen konnte. Zwar konnte ich mich seiner Ansicht, daß dies eine möglicherweise lukrative Beschäftigung wäre, nicht verschließen, doch traute ich weder den Absichten dieser hippokratischen Söldner noch war ich bereit, zum Wohl ihres Verdienstes meine Gesundheit zu opfern.
    Guy, der dieselbe Substanz erhalten und mir während der Rückfahrt zum Hotel Pallas ganz ähnliche Erlebnisse geschildert hatte, fand es au contraire recht amüsant und war fest entschlossen, seine Karriere als Psychonaut fortzusetzen.
    »Ich kann dein Widerstreben nicht verstehen«, erklärte er, eher ehrlich erstaunt als gereizt. »Wie kann man die Transzendenz des Geistes über die Beschränkungen des körperlichen Sinnesapparates hinaus benennen, wenn nicht als eine Verstärkung; vraiment, wie kann man einen zeitlosen, endlosen orgasmischen Höhepunkt benennen, wenn nicht als die absolute Ekstase?«
    »Man könnte dasselbe über das sagen, was die Raumpilotinnen vermutlich die wahre, größte Ekstase des Sprungs nennen würden«, erwiderte ich zornig. »Würdest du mir denn zumuten, daß ich mir eine Eßunlust zulege, mein Gehirn mit einem Durcheinander brutaler Opiate beneble, eine Weile mit dem Lader spiele und einige Jahre in einem Sanatorium verbringe, nur damit ich einen Plateau-Orgasmus genießen kann, indem ich mich als Pilotin an den Sprungkreis kupple?«
    In Guys Gesicht schlich sich ein törichter, verträumter Ausdruck. »Man sagt aber, daß die Pilotin im Augenblick des Sprungs weit mehr erlebt als einen Plateau-Orgasmus«, murmelte er spekulierend. »Durch die Vereinigung mit der großen, einzigartigen Leere, aus welcher der Tanz von Materie und Energie sich erhebt, soll der Geist eine ekstatische Verbindung mit dem Atman erreichen und damit die Beschränkungen der Maja und der Zeit überwinden…«
    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. »Du plapperst auf einmal begeistert die leeren, unverständlichen Phrasen der Raumpilotinnen nach…?«
    »Das Große und Einzigartige existiert, und der

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