Kind des Glücks
die ebenso schönen und ebenso geistlosen Blumen wenden können.
Auch der Mann dieser Menschengruppe gab keine klarere Antwort; doch ich bin sicher, daß, wenn sich in diesem Augenblick die Blütenblätter geöffnet und das Parfüm d’amour verströmt hätten, seine Antwort erheblich anders ausgefallen wäre. Trotz meiner intellektuellen Abneigung gegen sexuellen Verkehr mit berauschten Wesen wünschte ich fast, daß sie es taten, denn selten hatte ich ein Exemplar von so offenbarer, animalischer Virilität gesehen.
Wie dem auch sei, der Vorschlag, die Bloomenkinder zu fragen, schien eine Art Bloomenveldt-Scherz zu sein, denn die Bloomenkinder reagierten mitnichten auf eine verbale Annäherung.
Inzwischen begann die Sonne dem Horizont entgegenzusinken, und die sich vertiefenden Schatten des Zwielichts breiteten sich über dem Blattwerk aus und warfen schwindende, nach Westen gerichtete Linien über das endlose Grün, in dem alle schattengesprenkelten Strukturen gen Sonnenuntergang wiesen.
»Die Bloomenkinder fragen?« sagte ich. »Da könnten wir genausogut eine Marmorstatue fragen!«
Doch während ich sprach, während die Blattfläche und die drei Blumen im schrägen Bernsteinlicht des Spätnachmittags gebadet wurden, begannen sich die Blätter der Blume, auf der die Kopulation stattfand, langsam zu heben, und die tantrischen Übungen hörten auf. Die Menschen verließen ihr Blumenbett und standen in reglosem Schweigen davor. Ebenso hörten die, zwischen denen wir standen, zu essen auf, ließen die Reste fallen und erhoben sich langsam.
Einige Augenblicke später gingen alle, die aus den Menschenwelten in den Zauberwald gekommen waren, gemessenen Schrittes zu der Blume, wo bereits fünf von ihrer Art schliefen, um ihnen binnen kurzem im Traumland Gesellschaft zu leisten.
Aber die Bloomenkinder! Ah, die Bloomenkinder!
Wo auch immer sie sich befunden hatten, als die Blumenuhr das Ende des Tages einläutete, waren sie erstarrt, und so würden sie stehenbleiben, bis die Sonnenscheibe den Horizont geteilt hatte. Und alle standen sie dort wie Sonnenblumen, blickten in genau die gleiche Richtung gerade nach Westen, gebannt vom Sonnenuntergang oder vielleicht gen Mekka gewandt, dessen Richtung, wie uns gesagt worden war, nur die Bloomenkinder wußten.
Als auch wir unser eigenes Blätternest für die Nacht im Bloomenveldt gefunden hatten, tat Guy seine unerschütterliche Überzeugung kund, daß die Bloomenkinder wirklich unsere Frage beantwortet hatten.
»Certainement, diese Bloomenkinder müssen in spirituellem Kontakt mit einem verlorenen Eden irgendwo im Westen stehen«, erklärte er.
»Vielleicht ist in ihren Genen eine kollektive Erinnerung kodiert…«, schlug ich zweifelnd vor.
»La même chose, denn je weiter wir ins Bloomenveldt eindringen, desto höher sind die Blumen entwickelt, desto enger sind sie mit der Psyche der Menschen verbunden; da diese Bloomenkinder eindeutig besser an den Geist des Waldes angepaßt sind als alle anderen Menschen, die wir getroffen haben, müssen sie deshalb aus einer Gegend im Westen stammen. Auf jeden Fall müssen wir weiter in die Richtung gehen, in die sie unsere Aufmerksamkeit lenkten, denn wenn der Duftgarten wirklich existiert, wer außer den Bloomenkindern kann uns dann den Weg weisen?«
»Zweifellos«, sagte ich. »Aber den Weg wohin?«
»Wohin?« rief Guy. »Zu den mächtigsten Psychotropika, die das Bloomenveldt im Kontakt mit unserer Rasse entwickelt hat! Zum Duftgarten!«
»Falls er wirklich existiert«, erwiderte ich – unsicher, ob ich wünschte, sein ultima thule zu erreichen, oder ob ich es fürchtete.
»Nun, dann zumindest ins Herz der Dinge«, sagte Guy, der schließlich spürte, daß meine Begeisterung der seinen nicht gleichkam – doch ohne auch nur einen Millimeter nachzugeben. »Auf jeden Fall bin ich an der Reihe, den Psychonauten zu spielen, wenn wir morgen weitergehen.«
So reisten wir am Morgen weiter, ich mit der Maske Guy folgend, der seinerseits dem folgte, was der Wind ihm zutrug.
Bis in den Nachmittag hinein sprang er in weiten, hohen, geraden Sätzen von Blatt zu Blatt, um so schnell wie möglich soviel Raum wie möglich zu überwinden; auf diese Weise zogen wir ohne Rast nach Westen, als hätte er sich in einem Willensakt entschlossen, trotz der Düfte einen geraden Kurs zu halten.
Am frühen Nachmittag wurden dann seine Sprünge kürzer, und der Weg, dem wir folgten, wurde gewundener. Einige Male sprang er direkt nach
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