Kind des Glücks
Melonen, beide waren mit einer sirupartigen Flüssigkeit gefüllt. Lange, röhrenförmige Früchte waren am Stamm der hohen weißen Blumen zu sehen. Einige dieser Blumen verströmten Düfte träger Ruhe, so daß die Bloomenkinder zwischen den Früchten dösten, und einige waren die Schauplätze versunkener, doch irgendwie würdevoll vorgetragener tantrischer Figuren – Figuren von beachtlicher Kompliziertheit, die aufgeführt wurden, ohne daß auch nur eine Beere zerdrückt wurde.
Außerdem schienen die Blumen mit ausgewogener Regelmäßigkeit einen Zyklus zu durchlaufen, als suchten sie – wie achtsame Eltern – obsessive Exzesse zu verhindern. Statt bis zur Ermüdung von einer einzigen Frucht oder einem Nektar zu nehmen, sollten die Bloomenkinder hierhin und dorthin wandern, die verschiedenen Gerichte sammeln und die Flüssigkeiten probieren wie Gäste an einem Buffett.
Selbst im Reich der Sexualität waren Variationen zu sehen, die zumindest die Frage nach Bewußtsein aufkommen ließen. Es gab kurze, intensive, komplizierte Figuren, von beliebig vielen Teilnehmer in hektischer, vielfältiger Verwirrung vollzogen, die sich nach wenigen Minuten wieder lösten. Es gab kleinere, stabilere Gruppen, die eine Weile beisammen blieben, und sogar die Dyaden der konventionellen Liebe.
»Man könnte fast glauben, daß es Müßiggänger auf einer selbstversunkenen Fete sind, die zwischen dem Smorgasbord und dem Boudoir pendeln«, flüsterte ich Guy zu, während wir verwundert durch diesen Garten der Bloomenkinder wanderten.
»Gut gesprochen!« erklärte Guy bedeutsam. »Denn sehen wir nicht eben jenes Paradies, von dem die Bodhis sprechen, wo vollkommen Unschuldige eine endlose Soiree tantrischer und sinnlicher Freuden erfahren und wo Streben und Arbeit für ewig verbannt sind?«
»Die Bodhis sprechen auch von einer spirituellen Facette des Nirvana«, erinnerte ich ihn. »Denn gewiß gibt es hier doch mehr als ein endloses, berauschtes Gelage.«
»Vraiment«, sagte Guy. »Kannst du nicht die vollkommene spirituelle Harmonie dieser Menschen riechen, siehst du nicht die animalische Anmut jeder Bewegung, ihre verzückten Gesichter? Ist dies nicht der höchste Zustand, den alle Menschen anstreben?«
»Je ne sais pas…«, sagte ich. »Ich sehe Harmonie und Anmut, vraiment, aber ich habe keinen Wunsch, mich dieser vollkommenen Gemeinschaft anzuschließen.«
»Ich auch nicht, muß ich sagen«, räumte Guy bedauernd ein. »Denn da wir niemals vollkommen unschuldige Bloomenkinder sein können, können dies auch nicht unsere Blumen der Vollkommenheit sein.« Sein Gesicht hellte sich wieder auf. »Aber verspricht dies nicht einen Garten mit stärker bewußter Vollkommenheit für Menschen wie uns, die tiefer ins psychische Innere eingedrungen sind? Ah, Sunshine, ich rieche es im Wind…«
Vraiment, selbst ich konnte schließlich die Verlockung dieses Versprechens fühlen, denn wie konnte ich leugnen, daß ich tatsächlich die Möglichkeit einer gewissen Art von menschlicher Vollkommenheit sah?
Denn die Bloomenkinder, soweit man ihnen überhaupt menschliches Bewußtsein zugestehen wollte, mußten wirklich in einem Zustand ewiger Verzückung leben. Waren nicht ihre Bedürfnisse auf Sex, Essen, Trinken und Ruhe beschränkt, und wurden diese nicht sofort befriedigt, wenn sie durch die Düfte der Blumen erweckt wurden? Schliefen und aßen und liebten sie nicht mit dem vollkommenen wu von Zen-Meistern?
Soll heißen, daß ich trotz der Maske die Wohltaten des Bloomenveldts spürte – die Sorgfalt, die es für die animalische Glückseligkeit seiner Bewohner aufwandte. Wer könnte da sagen, daß sich irgendwo tiefer in seinem Herzen diese tiefe Sorgfalt nicht auch auf den bewußten Geist erstreckte? Denn hatten wir nicht bereits Blumen gesehen, die anscheinend die sterbenden Babas mit der Gabe der Erleuchtung beschenkten, um ihre letzten Stunden zu erhellen?
So glitt ich selbst in einen träumerischen Zustand, so war ich fast versucht, meine Gasmaske abzustreifen und den Duft dieses Märchengartens einzuatmen, und so dachte ich daran, die Rollen zu tauschen und Psychonautin zu sein, um mich vom Geist des Waldes verführen zu lassen.
Bis wir schließlich zufällig nahe an einem der großen, regenbogenbunten Boviste vorbeikamen.
Eine genauere Betrachtung zeigte, daß diese Blume aus Tausenden winziger roter, blauer, grüner, gelber oder bunter Blüten bestand, die sich versammelt hatten, um auf einem kurzen, dicken Stamm, umgeben
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