Kind des Glücks
ein Meister der meditativen Künste zu sein. »Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Sonne, folge dem Gelb… «
Dasselbe tat ich, als ich den Text um eine bescheidene Schlußzeile erweiterte, die noch höhere Bewußtseinschichten stimulieren sollte: »Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Zauberstraße…«
Dieses einfache Lied sang ich mir endlos und leise vor, während ich über das Bloomenveldt sprang. Und statt meine höheren Gedanken von praktischen Überlegungen abzuhalten, half mir der stetige Gesang dieses Mantras, sie zu beruhigen und zu ordnen, denn nun war ich mir der wahren Natur meiner Lage sehr genau bewußt und ebenso des einzig möglichen Auswegs aus ihr, den ich mir vorstellen konnte.
Die grausame Wahrheit war, daß ich ohne Essen die Küste nicht erreichen konnte, und der Abgrund des Nichtseins, aus dem ich mich mit knapper Not erhoben hatte, um der aufgehenden Sonne zu folgen, war im Umkreis von Hunderten von Kilometern die einzige Nahrungsquelle.
Das soll heißen, daß ich keine Wahl hatte, außer diesen Tod des Geistes nicht nur ein einziges weiteres Mal, sondern immer und immer und immer wieder zu riskieren, oder einen noch endgültigeren körperlichen Tod durch Verhungern zu sterben. Wirklich, wie ich bereits nur zu gut gelernt hatte, würde ich, wenn ich erschöpft und hungrig genug war, früher oder später nicht mehr die biologische Energie aufbringen können, um einen bewußten Willen aufrechtzuerhalten, und von den Düften der Früchte angezogen werden wie eine Motte von einer Flamme.
Deshalb bestand, da ich mich nicht darauf verlassen konnte, daß mich die Kontinuität meines bewußten Willens über Wasser hielt, da das einzig Sichere sogar die Tatsache war, daß ich sie immer wieder verlieren würde, um die Vitalität meines Körpers zu erhalten, meine einzige Möglichkeit darin, mit der, wie ich hoffte, stärkeren Macht meines Bewußtseins das zu erreichen, das ich einmal bereits mit knapper Not durch eine Laune des Schicksals erreicht hatte.
Ich würde also diese Perioden bewußter Klarheit dazu nutzen, einen mantrischen Tropismus in die tieferen Schichten meines Bewußtseins zu setzen, indem ich ihn singend wiederholte und tief über ihn meditierte, so daß auch dann noch, wenn Vernunft und bewußter Wille abermals versagten, mein Bloomenkind-Selbst in den Perioden des pflanzlich erzeugten Nirwanas so programmiert blieb, daß es dem gelben Kreis folgte, daß es der Sonne folgte, die früher oder später in einem Zyklus solcher Meditationen in meine Wahrnehmungssphäre vordringen mußte.
»Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Zauberstraße…«
Über diese Tage oder vielleicht sogar Wochen, in denen ich auf diese Weise über das Bloomenveldt nach Osten zog, von einem Mahl und einer Frucht zur nächsten, gibt es wenig zu sagen, das nicht in der endlosen Wiederholung des Mantras, das ich mir selbst gegeben hatte, enthalten ist.
»Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Zauberstraße…«
Denn dies wurde ebenso zum einzigen Trost in meinen wachen, bewußten Perioden wie zur Hintergrundmusik der zeitlosen Phasen, wenn ich gezwungen war, wie ein Bloomenkind zu leben.
»Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Zauberstraße…«
Damals wußte ich noch nicht viel über die Wissenschaft der mantrischen Programmierung oder der Kunst der Selbsthypnose; nicht mehr jedenfalls als die einfachen Techniken, die wir in den ersten Jahren unserer Schulzeit lernen. Doch einige Jahre später, als ich mich gründlicher mit dieser Angelegenheit beschäftigte, erfuhr ich, wie kraftvoll die mantrische Technik, die ich in meiner Unwissenheit aus Bruchstücken von Wissen zusammengestoppelt hatte, wirklich war.
»Folge der Sonne, folge dem Gelb, folge der Zauberstraße…«
Denn was ich im Grunde geschaffen hatte, wurde von den Meistern der Kunst als synergetisches Mantra bezeichnet, in dem ein konventioneller mantrischer Rhythmus im Biorhythmus des betreffenden Bewußtseins mit einer einfachen, verbalen Metapher von tiefer Bedeutung für das Bewußtsein verbunden wird. Dann wird ein visuelles Mandala als Symbol desselben gewählt, so daß die beiden wichtigsten Sinne verschmelzen und Auge und Ohr zu Empfängern eines synergetischen Bildes werden, das, indem es die gesamte Wahrnehmung erfüllt, das Bewußtsein auf einen einzigen Befehl konzentriert.
Unter den richtigen Bedingungen und der Anleitung eines wirklichen Meisters der Kunst kommen noch ein passendes Räucherwerk
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