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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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bis ich von den armen Hunden, zu denen ich nicht sprechen darf, nicht mehr zu unterscheiden bin?«
    »Es steht Ihnen frei, jederzeit das Clear Light zu verlassen«, erklärte Urso töricht. »Und falls sich ein solches Ereignis wiederholen sollte, wird man Sie sogar hinauswerfen!«
    »Sie wollen zulassen, daß ich verhungere?«
    Wir hatten jetzt den Gebäudeeingang erreicht, und Ursos Verhalten änderte sich schlagartig. »Sie mißverstehen meine Absichten«, sagte er beinahe entschuldigend. »Ich habe nur Ihr Bestes im Sinn.«
    »Nun, was schlagen Sie dann vor, Urso?« fragte ich.
    »Certainement hat Ihre Therapie einen Punkt erreicht, an dem Sie einige Gedanken und Mühe auf Ihr zukünftiges Leben verwenden müssen, denn wie Sie selbst gerade so freimütig erklärten, haben Sie sicher nicht den Wunsch, ewig Insassin eines Sanatoriums zu bleiben.«
    Ich betrachtete ihn mit neuen Augen. Vielleicht hatte ich ihn wirklich mißverstanden; denn was immer Urso Moldavia Rashid davor oder danach war, in diesem Augenblick war er ein wahrer psychischer Heiler, denn er hatte die Wahrheit ausgesprochen, die in meinem eigenen Herzen lag.
    »Ich könnte nicht inbrünstiger zustimmen, Urso«, pflichtete ich mit ungekünsteltem Ernst bei. »Aber was soll ich tun?«
    »Vielleicht habe ich auch im praktischen Reich etwas Weisheit anzubieten«, sagte Urso. »Wir wollen es uns in meinem Büro bequem machen, und ich werde mir ausreichend Zeit nehmen, um die Angelegenheit zu erhellen.«
    Das konnte ich natürlich nicht abschlagen, und so verwandelte sich, was zuerst der Aufruhr und der physische Abgang einer Nervensäge werden sollte, in etwas, das mir wie ein freundschaftliches tête-à-tête vorkam.
     
    »Wir wünschen beide nicht, daß unser Arrangement endlos fortgesetzt wird, no?« sagte Urso, als wir uns in der gepolsterten Höhle seines Büros niedergelassen hatten. »Während ich also bereit bin, Ihnen vorübergehend im Austausch für Ihre Mitarbeit bei unseren Untersuchungen Unterkunft und Nahrung zu geben, schlage ich vor, daß Sie sich Ihrer Freiheit bedienen, zu kommen und zu gehen, wann Sie wollen, um eine einträgliche Beschäftigung zu suchen.«
    Welche Woge von Gefühlen erhob sich auf diese Worte in mir!
    Einerseits wollte ich nichts lieber, als meine Freiheit zurückgewinnen, doch wenn es andererseits um die ökonomischen Grundlagen derselben ging, war mein Geist ein Vakuum. Was heißen soll, daß ich zwar kaum die Weisheit und Klugheit von Ursos Vorschlag bestreiten konnte, daß aber die Gefühle, die er hervorrief, leider Frustration, Zorn und Angst waren.
    »Eine einträgliche Beschäftigung…?« murmelte ich unglücklich. »Ich bin in keinem einträglichen Handwerk und keinem Gewerbe erfahren, und wenn ich meinen Lebensunterhalt als Versuchsperson bei psychotropischen Experimenten verdienen soll – nun, durch meine Erfahrungen auf dem Bloomenveldt bin ich als Psychonautin völlig ungeeignet, selbst wenn ich verrückt genug wäre, mich um eine entsprechende Stelle zu bewerben…«
    »Wirklich«, schnurrte Urso, und nun wurde der verführerische Ton seiner Stimme völlig offensichtlich. »Aber Sie sind, wie Sie selbst erklärten, Sunshine Shasta Leonardo, Geschichtenerzählerin, no? Die bereits mit Recht die Notwendigkeit unterstrichen hat, ihre Kunst auszuüben.«
    »In Ciudad Pallas?« rief ich. »Sie mögen ein maestro Ihrer eigenen Kunst sein, Urso, aber es ist offensichtlich, daß Sie nichts von der der Geschichtenerzähler verstehen! Diese verdammte Stadt hat absolut kein Straßenleben! Es gibt keine passenden Plätze, und die Bürger – «
    » – so wenig sie zu versprechen scheinen, sind gewiß in bezug auf künstlerische Wertschätzung und finanzielle Entlohnung vielversprechender als die armen Insassen einer Nervenklinik, nicht wahr?«
    Abermals schien Urso sein Gehalt als wahrer psychischer Heiler verdient zu haben; denn ich konnte kam leugnen, daß es wenig mehr Mut erfordern würde, den Bürgern von Ciudad Pallas eine Geschichte zu erzählen – kaum mehr, als mich auf den Luzplatz zu stellen und die geschätzte Aufmerksamkeit der gleichgültigen Edojin einzufangen.
    Urso lächelte mich an. »Was haben Sie zu verlieren, wenn Sie es versuchen?«
    »Gut gesprochen, Urso, sehr gut gesprochen!« erklärte ich, indem ich das erste Mal, seit unsere Diskussion begonnen hatte, sein Lächeln erwiderte.
    Würden nicht die alten Geschichten, die in Edoku keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlockten, für

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