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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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unweigerlich unglücklichen Experimenten, die jeder erleiden mußte, der in Ciudad Pallas lange genug dem Gewerbe der Psychonauten nachging, hier untergebracht zu werden. Soll heißen, daß sie irgendwann ein Gebräu geschluckt hatten, das ihre Psyche in einen schizoiden Zustand versetzte, den selbst die mächtigen und fortgeschrittenen Wissenschaften des Geistes nicht mehr zurechtrücken konnten.
    So wurde der Garten der Nervenklinik von zwei Arten von Insassen besucht: eifrige Plapperer, deren Gemurmel und Gerede für jeden außer ihnen selbst völlig unverständlich blieb – wenn es auch für sie von kosmischer Bedeutung war –, und jene, die in ständige Katatonie verfallen waren und auf der Wiese oder auf Bänken hockten und in eine private Leere starrten.
    Was mich anging, so brauchte ich mich glücklicherweise zu keiner der Gruppen zu zählen; doch je mehr ich versuchte, mich mit Wesen auszutauschen, die entweder nicht besser sprechen konnten als die Bloomenkinder oder auf jede Gesprächseröffnung mit einem Strom von Geplapper antworteten, desto mehr Angst bekam ich, daß ich früher oder später als Angehöriger einer dieser Gruppen enden würde, falls es mir nicht gelang, aus dem Sanatorium zu fliehen.
    Eines Tages schließlich, es war kurz nach Mittag, als man mir eine kurze Verschonung vom Dienst für die Wissenschaft gewährt hatte, wanderte ich ziellos durch den Garten. Die gelbe Sonne schien aus einem blauen Himmel auf mich herab, und ich mußte an meine Zeit als Flötenspielerin des Bloomenveldts denken. In diesem Augenblick entschloß ich mich aus Überdruß, Zorn oder Verzweiflung, mit purer Teufelei gegen diese Nervenklinik zurückzuschlagen.
    Ich entschied mich für eine quixotische Geste, die nicht nur den gewünschten Aufruhr erzeugen, sondern am Ende auch meine Flucht aus der Situation ermöglichen sollte. Vielleicht war in diesem Augenblick mein Geist weiser, als mein Intellekt wußte, oder vielleicht war der Abschluß meiner Therapie im Clear Light Sanatorium auch bewußt so angelegt, daß ich schließlich floh. Vielleicht bekamen Urso und ich am Ende doch genau das, was wir wollten.
    Nun, solche rückblickenden Spekulationen hin oder her, jedenfalls suchte ich mir eine Stelle, die in Hörweite von mindestens einem Dutzend oder mehr Insassen lag; letztere saßen in verschiedenen Stadien der Benommenheit oder Beredsamkeit auf der Wiese herum. Ich ging ähnlich vor wie damals, als ich vielversprechende Plätze oder Ecken im großen Edoku gesucht hatte, um meine Waren zu verkaufen. Hier war es eine Holzbank, die genau richtig im Schatten einer großen Eiche stand. Ich kletterte darauf, wie ich einst auf eine ähnliche Bank vor dem künstlichen Vulkan des Luzplatzes gestiegen war, faßte genug Mut, um das Gefühl meiner Lächerlichkeit zu überwinden, und begann so laut und durchdringend zu sprechen, wie es mir gelingen wollte.
    »Merde! Caga! Chingada! Einst wart ihr Kinder des Glücks, die der Zauberstraße des Wanderjahrs folgten – hinaus zu den Sternen, um eure leuchtende Bestimmung und eure wirklichen Eigennamen zu finden! Seht, was in diesem Bloomenveldt des Geistes aus euch geworden ist! Entgeisterte Krüppel! Menschliches Gemüse! Bloomenkinder!«
    Allein die Lautstärke und das Überraschungsmoment dieser verbalen Attacke reichte aus, um mehrere Plapperer für den Augenblick verstummen und benebelt in meine Richtung blicken zu lassen. Sogar zwei oder drei Katatoniker schafften es, ihre Augen mehr oder weniger auf mich zu richten; jedenfalls schien es mir so. So kümmerlich diese Reaktionen nach objektiven Maßstäben schienen – sie reichten aus, um mich anzuspornen, denn selbst dies war mehr gebannte Aufmerksamkeit, als ich bei meinem ersten Versuch in der Kunst des Geschichtenerzählers auf dem Luzplatz bekommen hatte.
    »Auch ich habe den Planeten meiner Geburt verlassen und bin dem Camino real gefolgt, der uns von den Bäumen unserer Vorfahren zu den weitverstreuten Menschenwelten führte!« schrie ich so laut ich konnte, denn wenn es darum ging, die Aufmerksamkeit dieses Publikums zu fesseln, war Lautstärke zweifellos erheblich wichtiger als eine gut erzählte, ausgefeilte Geschichte.
    »Vraiment, auch ich stürzte in die nächstbesten psychotropen Abgründe dieses widerlichen Planeten! Really, ich benebelte mich mit Düften und Pheromonen, gegen die die Psychotropika der Labors von Ciudad Pallas erscheinen wie die kristallklare, kalte Luft auf einem Berg!«
    Ob ich nun das

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