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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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waren.
    Vielmehr war ich unter bescheiden gekleideten Menschen, die überwiegend mit einem leeren Ausdruck, der genau zur farblosen Umgebung paßte, durch die Straßen eilten. Die meisten waren anscheinend nüchterne, emsige Bürger, die mit ihren Angelegenheiten beschäftigt waren, während andere, nach ihrer ungewaschenen Kleidung und ihrer verwirrten Persönlichkeit zu urteilen, ohne weiteres als die zu identifizieren waren, die in Ciudad Pallas als Kinder des Glücks galten – nämlich die Besucher der Warteräume der Labors und Sanatorien, mit denen ich bereits bei meinem ersten Besuch der Stadt Bekanntschaft gemacht hatte.
    Vraiment, ich fühlte mich dem Geist von Belshazaar mehr verbunden als diese Eingeborenen und langjährigen Einwohner. Denn drehte sich nicht das Leben seiner Hauptstadt völlig um die Psychotropika, die aus den Blumen eines Kontinents stammten, in dessen Baumwipfel sich kaum einer dieser Leute je gewagt hatte? Traf es nicht zu, daß sogar die abenteuerlustigsten Einwohner von Belshazaar, die Wissenschaftler der Forschungskuppeln, die wirkliche Realität ihres eigenen Planeten nur durch Atmosphäreanzüge geschützt wahrnahmen? Traf es nicht zu, daß sogar die Kinder des Glücks von Ciudad Pallas, die sich für die Psychonauten des Geistes hielten, die Essenzen derselben nur aus zweiter oder dritter Hand aus Ampullen und Reagenzgläsern einnahmen?
    Unter allen Menschen, die auf der Oberfläche dieses erbärmlichen Planeten klebten, gab es nur einen, der ins innere Geheimnis seiner dunklen Seele vorgedrungen und zurückgekehrt war, um die Geschichte zu erzählen, und das war ich, Sunshine Shasta Leonardo, wahres Kind des Glücks, Geschichtenerzählerin, einstmals Flötenspielerin des Bloomenveldts.
    Was hatte ich den Bewohnern dieser Stadt für eine Geschichte zu erzählen! Denn obwohl sie durch einen unbewußten Willensakt vielleicht die Realität leugneten, die wahre Natur, auf der ihre Welt begründet war, war die Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts dennoch ihre eigene wahre Geschichte, wenn sie nur den Mut fanden, zuzuhören, wenn ich nur genug Kunstfertigkeit besaß, um ihre verkrampften Geister zu berühren!
    Die richtige Umgebung für die Erzählung der Geschichte zu finden war leider eine ganz andere Angelegenheit, denn eine Straße sah genauso aus wie die andere, und ein eintöniger Auflauf von Bürgern genauso wie der andere. Soweit ich es sagen konnte, besaß Ciudad Pallas keinen einzigen Park oder öffentlichen Platz, auf dem mehrere Straßen zusammenliefen und eine angemessene Bühne schufen.
    Schließlich gab ich meine nutzlose Suche nach einem solchen Ort auf, unterbrach meine Wanderung an einer Straßenkreuzung, die aussah wie Hunderte anderer, stellte mich vor ein hohes Gebäude aus Glas und Stahl, das nach nichts Besonderem aussah, holte tief Luft, nahm meinen Mut zusammen und begann zu erzählen.
    »Die Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts!« verkündete ich mit voller Kraft, und als ich die Erzählung selbst begann, fand ich irgendwo in mir das Geschick, sie nicht in der schwer verständlichen Haiku-Form vorzutragen, wie ich sie erlebt hatte, und auch nicht in der glatten Verdichtung, die sich aus den endlosen Befragungen ergeben hatte, sondern als sehr verkürzte Darstellung der ursprünglichen Version, die ich Jahre später in eben dieser Geschichte auf Wortkristallen festhalten würde.
    »Vraiment, alle Anwesenden hier wissen sicher, daß der Geist von Belshazaar, der raison d’être für euer Leben auf diesem Planeten, nicht in dieser eintönigen grauen Stadt aus totem Glas und Stein lebt, sondern jenseits des Meeres im mächtigen Bloomenwald, wo die großen Blumen die psychotropen Substanzen absondern, von denen eure Wirtschaft abhängt und die das einzige sind, für das Belshazaar unter den weitverstreuten Menschenwelten gepriesen wird!«
    Einige Passanten waren einen Augenblick stehengeblieben, wenn auch nur, um dieses Ereignis zu begutachten; denn noch nie war in den Straßen dieser Stadt ein Geschichtenerzähler aus dem Schweigen in eine lautstarke Erzählung herausgeplatzt. Ein halbes Dutzend war geblieben, als sie hörten, wie ich über jenes Thema sprach, das jedem Publikum sicherlich das liebste ist, nämlich den Geist und das wirtschaftliche Wohlergehen ihrer selbst. Dies wiederum erzeugte ein kleines Hindernis im Verkehrsstrom auf der Straße, so daß jeder, der vorbeikam, etwas langsamer werden mußte.
    »Ich stehe vor euch als

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