Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
Vom Netzwerk:
tragikomische Farce enden sollte, die Endstation meiner Zauberstraße auf keinen Fall mein Zimmer in einer Nervenklinik sein durfte.
    Vraiment, hatte nicht vor lange Zeit Pater Pan selbst erklärt, daß ich meine Straße selbst wählen mußte und daß er mich, wenn mich der Verlauf derselben wieder an seine Seite bringen würde, als gleichen Geist begrüßen würde? Certainement, als Patientin in einer Nervenklinik, als wissenschaftliches Versuchskaninchen, als abermalige Gefangene der Armut konnte ich mich kaum als einen solchen freien Geist bezeichnen, der sich zum phantastischen Leben zwischen den Sternen aufmachte. Vielleicht war Pater Pan immer noch der Flötenspieler meiner geistigen Reise, denn ob mich das Schicksal wieder an seine Seite bringen würde oder nicht – ich hörte das Lied, das er diesem Geist gesungen hatte und das mich dazu brachte, mein Wanderjahr auf der Zauberstraße wieder aufzunehmen, so deutlich, wie ich es nie auf dem Bloomenveldt gehört hatte. Ich sehnte mich danach, die wahre Geschichtenerzählerin zu sein, die ich noch nicht wirklich geworden war; ich wollte meine Geschichte nicht gegen Kost und Logis in einem Sanatorium erzählen, sondern in den Straßen der großen Städte gegen eine Überfahrt im Elektrokoma zu den weitverstreuten Menschenwelten.
    Aber wie?
    In bezug auf die finanzielle Realität war meine Situation genau dieselbe wie zuvor, als ich gezwungen war, Ursos Angebot anzunehmen. Vraiment, ich konnte das Clear Light verlassen, wann immer ich wollte, doch ich hatte kein Geld zum Leben, keine Möglichkeit, in Ciudad Pallas etwas zu verdienen, und keine Möglichkeit, zu einem aussichtsreicheren Planeten weiterzuziehen, wo ich zumindest eine echte Chance hatte, durch die Ausübung meiner Kunst zu überleben.
    Es schien, als wäre ich in einer ökonomischen Falle gefangen, deren Begrenzung, wenn auch nicht deutlicher sichtbar als die Wände des Clear Light hinter den Bäumen, mindestens genauso hart war wie Beton.
     
    Bevor der verzweifelte Entschluß, diesem samtenen Käfig zu entkommen, meinen Geist ganz erfaßte, war mein Leben in dem Sanatorium ein ritualisiertes wie einsames gewesen – eine psychische Rekapitulation meiner Tage auf dem Bloomenveldt. Denn um ehrlich zu sein, konnte man vielleicht sagen, daß ich zwar meine innere, bewußte geistige Gesundheit wiedererlangt hatte, daß ich den wirklichen Wiedereingang in die komplizierte Sozialstruktur der äußeren Welt aber noch finden mußte.
    Ich schlief, aß, ging gelegentlich im Garten spazieren; doch nun, da die Befragungen ein Stadium erreicht hatten, in dem der Nutzen nur noch auf einer Seite lag, beschäftigten sie mich fast die gesamten wachen Stunden damit, als wollten sie mir die botanischen und psychotropen Details, die ich nicht mitteilen konnte, entreißen, indem sie mich mit Langeweile folterten.
    Ich hatte auch noch nicht genügend soziales Bewußtsein wiedererlangt, um das Fehlen tantrischer Betätigung deutlich zu spüren; denn wenn die natürlichen Kundalini-Energien in die Zentren vordrangen, aus denen erotische Vorstellungen erwachsen, sah ich die unerwünschten Bilder meiner letzten sexuellen Erfahrung auf dem Bloomenveldt, nämlich den Kampf um meinen Geist gegen eine böse, pflanzliche Version des Eros.
    Und wenn dies noch nicht genug war, um meine Kundalini-Schlange schläfrig kalt und zusammengerollt zu halten, dann gab mir das soziale Umfeld, das mir offenstand – die anderen Heiminsassen – den Rest; und als ich schließlich den Mangel an Austausch mit Gleichgesinnten zu bemerken begann und die Insassen in Gespräche verwickelte, erfuhr ich nur, was ich instinktiv bereits gewußt hatte.
    In diesem armseligen Haufen war gewiß kein verwandter Geist zu finden. Die Kinder des Glücks von Ciudad Pallas mieden die Künste, das Handwerk, die Unterhaltungen und zweifelhaften Geschäfte, mit denen die Stämme auf Edoku Genüsse gegen Ruegelt einhandelten. Statt dessen verdienten sie als Psychonauten in den Nervenkliniken und Labors ihr Geld, wo sie sich dafür bezahlen ließen, daß sie sich dem hingaben, für das sie sonst, wenn sie Geld gehabt hätten, hätten bezahlen müssen.
    Soll heißen, daß kein einziger dieses engstirnigen Stammes etwas anderes als die psychischen Auswirkungen seltsamer Drogen zu bereden hatte – und welche Labors und Sanatorien im Augenblick die höchsten Löhne zahlten.
    Die Insassen des Clear Light waren von diesen ungesunden Geschäften angezogen worden, um nach den

Weitere Kostenlose Bücher