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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Geschichtenerzählerin, die dabei war, ihre Kunst wirklich auszuüben.
    Und während ich nun den lebendigen Prozeß erlebte, zumindest während die Erzählung der Geschichte ihren Fortgang nahm, war es mir egal, daß ich ein armer Schlucker war, gezwungen, in einem Sanatorium zu leben, und auch, daß ich mich an eine Handvoll Leute wandte, in den wenig versprechenden Straßen einer häßlichen Stadt auf einer Welt, die ich so schnell wie möglich verlassen wollte.
    Denn während ich vom Flötenspieler der Kindes des Glücks sprach, dem wir alle auf dem Camino real von den Bäumen unserer Vorfahren zu den Sternen gefolgt war, während ich von der Flötenspielerin des Bloomenveldts sprach, die ihre Schützlinge aus dem Wald führte, während ich von Pater Pan sprach und von Sunshine Shasta Leonardo und all den wahren Kindern des Glücks, die den Funken der Arkologien weitertrugen wie alle wahren Erzähler aller wahren Geschichten, war mein Geist bei den aufmerksamsten Zuhörern, an die ich aus dem Grunde meines Herzens meine Erzählung richtete.
     
    Wie dem auch sei, als ich schließlich zum Ende meiner Geschichte kam, hielt ich mich an die Notwendigkeiten der Berufung, die ich jetzt gefunden hatte – was heißen soll, daß zwar mein Geist mit dem amour propre für das Ding an sich gefüllt war, daß ich aber keineswegs die pragmatische Seite vernachlässigte, um Entlohnung für meine Arbeit zu bitten.
    Mindestens ein Dutzend Menschen standen aufmerksam vor mir, als ich das Finale erreichte, meinen Chip-Umbucher herauszog und ihn einladend unter ihren Nasen schwenkte, während ich mich formvollendet verbeugte.
    »Und dies ist nun meine Geschichte, und dies ist unser Lied, und wenn die Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts eure Geister berührt hat, wenn ihr wahre Kinder des Glücks sein wollt, dann schiebt allen kleinlichen Geiz beiseite und eure Chips hier hinein und gebt mir, was die Großzügigkeit gebietet, damit die Erzählerin der Geschichte dieselbe weitertragen kann zu den weitverstreuten Menschenwelten!«
    Leider war, während die Erzählung der Geschichte diesen Menschen gefallen hatte, wie ihre gefesselte Aufmerksamkeit und ihre Anwesenheit während der ganzen Geschichte verraten hatte, ihre Begeisterung erheblich geringer, als die Flötenspielerin um Entlohnung bat.
    Soll heißen, daß sie nach meiner Aufforderung einer nach dem anderen die Nasen herumdrehten und sich rasch entfernten.
    Nur ein Bursche blieb, ein zerzauster junger Mann; oder besser gesagt, vielleicht ein alternder Junge und ganz offensichtlich einer, der sein Geld als Versuchsperson in den Labors verdiente. Er stand unsicher vor mir, blinzelte mich rheumatisch und offen anbetend an und befingerte etwas, das er in den Hosentaschen verborgen hatte.
    »Komm, komm«, lockte ich, »sind wir nicht wahre Kinder des Glücks, du und ich, verwandte Geister auf der Zauberstraße? Wirst du nicht dem elenden Volk dieser Stadt zeigen, daß wir füreinander sorgen? Laßt uns diese Bloomenkinder des Geistes vor Scham erblassen machen! Eine einzige Krediteinheit wird genügen, wenn es alles ist, das du erübrigen kannst…«
    Seltsam zu sagen, doch es war eine ganz uncharakteristische Bescheidenheit und kein Schuldgefühl, das ich empfand, als ich diesen armen Hund sah, der mich anstarrte – genau wie ich einst die Geschichtenerzähler der Gypsy Joker angestarrt hatte, als ich ebenso naiv war wie er jetzt. Wieviel älter fühlte ich mich, als er mich schüchtern anlächelte, seinen Kreditchip herauszog und in meinen Umbucher steckte.
    »Zwei Einheiten für die Flötenspielerin des Bloomenveldts«, sagte er. »Ich wünsche mir, daß ich eines Tages auch eine solche Geschichte erzählen kann!«
    Ich setzte ihm gerührt einen Kuß auf die Wange, als die Transaktion abgeschlossen war. »Möge die Zauberstraße dir grüßend entgegenkommen«, erklärte ich. »Und mögest du die Mittel finden, ihr zu einer besseren Welt als dieser zu folgen!«
    »Tu también…«, murmelte er. Er errötete und entfernte sich rasch.

 
   26
     
     
    So wurde ich in dieser unwahrscheinlichsten aller Umgebungen endlich die wahre Geschichtenerzählerin, die ich in den viel einträglicheren Straßen des großen Edoku nie geworden war.
    Das soll nun keineswegs heißen, daß ich je fähig war, mit diesem Gewerbe in Ciudad Pallas soviel Geld zu verdienen, daß ich Kost und Logis im Clear Light Sanatorium aufgeben konnte. Selbst wenn die mageren Ergebnisse meiner

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