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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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hinausblickte. »Du wirst so froh sein wie ich, diesen Ort zu verlassen, no? Aber komm, setz dich und trink von diesem miesen Wein, den sie so unverschämt teuer verkaufen, und höre meine Namensgeschichte, denn naturellement kenne ich die deine bereits.«
    Sie drängte mich auf eine Couch, setzte sich neben mich, entkorkte eine Flasche Wein, füllte zwei Kelche, rümpfte die Nase und nahm einen Schluck. Als ich den Wein versuchte, erwies er sich als fast so schlecht, wie ich nach ihrer Behauptung erwartet hatte.
    »Bien«, erklärte meine neue Freundin, denn als solche betrachtete ich sie im Geiste schon, wenn ich auch nicht genau wußte, warum.
    »Mein Name ist Wendi Sha Rumi. Mein Vater, Rumi Mitsu Cala, war – oder besser ist – Komponist von musique et lumière, deren Stil keinem bestimmten Planeten zuzuordnen ist, denn er wurde auf einem Sprungschiff gezeugt und wuchs auf Schiffen auf. Seine Mutter, Cala Abdu Etroy, war dort Freidienerin, und sein Vater, Mitsu Bryan Chiri, war Raumkapitän. Seinen Eigennamen Rumi wählte er anläßlich der Premiere seiner ersten Komposition zu Ehren des legendären Sufidichters.
    Meine Mutter, Sha Smith Gotha, die leider verstorben ist, war Sprungschiffdomo. Ihr Vater, Smith Willa Carlyle, war Künstler, der in den Kosmokulturen Schmuck verkaufte, und ihre Mutter, Gotha Lee Kotar, war, um offen zu sein, eine Kurtisane desselben und von großer Schönheit und mit gewaltigen tantrischen Fähigkeiten, wie man sagte; ihren Eigennamen Sha wählte sie, als sie Domo wurde, zu Ehren von Sha Lao Hari, einer der frühesten Künstlerinnen dieses Metiers. Sie war die erste, die ihr Grand Palais mit einem Vivarium ausstattete.
    Mein Eltern trafen sich, als sich die Kurse ihrer endlosen Reisen kreuzten, an Bord der Pegasus d’Or, und eins der Ergebnisse dieser Vereinigung war naturellement ich selbst, und ich wurde ebenfalls en passage erzogen. So verkörpere ich die dritte in der Kosmokultur geborene Generation, was zweifellos mein Unbehagen gegenüber Planeten erklärt; eine so erbärmliche Welt wie diese hätte es dazu gar nicht gebraucht.
    Aus schlecht verstandenem rebellischem Stolz und dem Wunsch, mich in allem zu wälzen, das die Menschenwelten anzubieten hatten, schlug ich die elterliche Großzügigkeit aus und verbrachte mein Wanderjahr auf eigene Faust; und ein langes und wildes war es, ma petite, denn ich war ein neues, armes Kind des Glücks, das auf die übliche Weise von Welt zu Welt kam, nämlich durch die Freundlichkeit ihrer wohlhabenden Liebhaber und mit Hilfe ihrer tantrischen Künste, als Freidienerin, durch Tricks, die offen gesagt nichts anderes als Diebstahl waren, und schließlich als wandernde Geschichtenerzählerin mit einem reichlichen Schatz dunkler und scharfer Geschichten, meine Liebe.
    Schließlich, vraiment, es dauerte eine ganze Weile, begann es mir zu dämmern, daß es lukrativere Orte für mein Gewerbe gab als Straßen und Plätze; ich begann meine Romane und Geschichten auf Wortkristalle zu speichern – ein Medium, das ich dringend deiner Aufmerksamkeit empfehlen möchte, Liebes, denn der Verkauf derselben erlaubt es mir heute, in dem Stil zu leben, mit dem vertraut zu werden sich alle zivilisierten Menschen wünschen sollten.
    Meinen Eigennamen Wendi wählte ich als passenden nom de plume für die Veröffentlichung meines ersten Wortkristalls zu Ehren der Sammlerin der verlorenen Jungen in der Geschichte Peter Pan, denn certainement hatte ich in meinem Wanderjahr eine ganze Menge derselben gesammelt, und die Herren des priapischen Geschlechts waren das Publikum, das ich mit meinen amourösen Romanen ansprechen wollte – «
    »Pater Pan!« rief ich. »Die Geschichte von Pater Pan?«
    »Peter Pan«, berichtigte Wendi mich. »Es ist seltsam, daß du diesen anderen Namen kennst, denn vor langer Zeit kannte ich flüchtig einen Mann, der sich so nannte, und was für ein Kerl er war, Liebes – mit einer gewaltigen goldenen Haarmähne, der reizendsten Angeberei und einem Anzug, du würdest es nicht glauben…«
    Sie lächelte mich strahlend an, während ich dasaß und den Mund aufriß. »Aber vielleicht doch«, sagte sie belustigt, »denn er war aus Patchwork zusammengenäht, dessen Flicken deinem Halstuch nicht unähnlich sind!«
    Ich riß die Augen auf. Ich gurgelte. Ich kippte einen gewaltigen Schluck Wein. Wendi klopfte mir aufs Knie und lachte schallend.
    »Pardon, ma pauvre petite, natürlich habe ich mir einen kleinen Spaß auf deine Kosten

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