Kind des Glücks
serviert wurden; außerdem ein Goreng mit vielerlei Fleisch, das mit dunkelbraunem Bier hinuntergespült wurde. Allerdings ist meine Erinnerung an diese Phase des Mahls etwas getrübt durch die Getränke und den aufregenden Anblick von sieben klaren Augenpaaren, die aufmerksam und anerkennend auf mich gerichtet waren, und das Bewußtsein, daß sieben begierige Ohrenpaare an meinen Lippen hingen – jedenfalls schien es mir so.
Es soll reichen, daß ich mich wie die Königin aller Welten fühlte, als ich einen Fruchtsalat mit einer Creme aus geräucherten Nüssen verspeist hatte.
Doch ebenso wie dieser süße Gang nicht das vermutete Ende des Banketts war, führte der Abschluß meiner Erzählung zu zwei weiteren intellektuellen Gängen, bei denen ich mich nicht gerade wie die chef maestra fühlte. Als nächstes kam eine kalte rote, großzügig mit Kirschwasser gespritzte und mit winzigen Croutons aus Nußmehl garnierte Fruchtsuppe, und mit ihr begannen die Fragen.
»Sind Sie ganz sicher, daß diese wahren Bloomenkinder völlig unbewußt waren?« fragte Linda Yee Lech. »Welche Parameter haben Sie zu dieser Beurteilung benutzt? Die Menzies-Rademacher-Kriterien, die es seit Jahrhunderten gibt, oder meine eigene, neuere Entwicklung?«
»Es tut mir leid, daß mir der Unterschied zwischen beiden im Augenblick nicht gegenwärtig ist«, bluffte ich, denn natürlich hatte ich keine Ahnung, was sie meinte. »S’il vous plaît, wenn Sie so gut wären, meiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen…«
»Die Menzies-Rademacher-Kriterien beziehen sich auf die Frage, ob nur in grammatischen Sequenzen eine Bedeutung transportiert wird oder ob jeder Laut eine eigene Bedeutung besitzt«, erinnerte Linda Yee Lech mich. »Wogegen meine Entwicklung, die auf einer Systemanalyse der Abwesenheit oder Gegenwart von sozialen Interaktionen beruht, ein weit schärferes Instrument ist.«
»Wie ich schon sagte, sind die Bloomenkinder völlig stumm«, erklärte ich ihr. »Und die sozialen Interaktionen erschienen zwar auf komplizierte Weise verwoben, doch nicht mehr als das Leben in einem Bienenstock.«
»Waren Sie in der Lage, eine ausreichende Zahl von Interaktionen zu katalogisieren, so daß Ihre Aussage durch eine Analyse auf eine höhere Wahrscheinlichkeit als fünfzig Prozent gebracht werden konnte?« fragte Linda Yee Lech scharf.
»Ich fürchte nein«, gab ich zu. »Aber wenn Sie gesehen hätten, wie ich es sah, wie Kinder an Blumenzitzen säugten, dann hätte es keinen – «
»Con su permiso«, unterbrach Timothy Ben Bella höflich. »Wenn es erlaubt ist, ich glaube, die Frage, der Linda sich anzunähern versucht, ist die, ob wir es mit unschuldigen Tieren zu tun haben, in denen nie das Bewußtsein erwachte, oder mit bewußten Menschen, deren höhere Zentren durch die Ausdünstungen der Blumen von der Ebene des gezielten Ausdrucks getrennt sind…«
»Oder noch besser, ob man nicht den Bloomenwald selbst als bewußt bezeichnen könnte«, erklärte Lazaro Melinda Kuhn. »Und wenn dies so ist, ob sich dieses Bewußtsein dann in Symbiose mit der Degeneration seiner menschlichen Befruchter entwickelte oder ob dieser Duftgarten ein schon vorher existierendes Phänomen war. Haben Sie eine starke Ausbreitung von Blumen in Übergangsstadien beobachtet? Hat eins der einheimischen Säugerwesen ein durch Blumen koordiniertes Verhalten auf einer etwas weniger komplexen Ebene gezeigt?«
»Was die Zwischenstufen der Organisation der Blumen zwischen isolierten Exemplaren und dem komplexen Duftgarten angeht, so hätte man vraiment schon blind sein müssen, um es nicht zu bemerken«, sagte ich. »Doch wenn es um die Beobachtung der Verhaltensweisen der einheimischen Säuger geht, so war es mir völlig unmöglich, nahe genug an sie heranzukommen, um sie deutlich zu sehen. Doch gewiß deutet das Säugen von Menschenkindern an Pflanzenzitzen darauf hin, daß letztere sich zum Dienst der ersteren entwickelt haben, no?«
»Eine wahrscheinliche Schlußfolgerung…«, räumte Lazaro ein. »Aber haben Sie Junge einer einheimischen Art beim selben Verhalten beobachtet? Dies könnte Ihrem logischen Schluß erheblich mehr Substanz geben, Kind…«
»Je ne sais pas«, gab ich lahm zu. »Ich hab’ damals nicht daran gedacht, es zu untersuchen…«
»Und was ist mit den Gerüchen, die Sie als ›Pheromone‹ und ›Düfte‹ bezeichnet haben?« fragte Timothy Ben Bella. »Ist das ein literarisches Bild, oder haben Sie Proben zur Analyse
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