Kind des Glücks
bizarren Geplapper fort. »König der Zigeuner… Funke der Arkies… Zauberstraße… Hippies… Arkies… Ronin…«, und so weiter ad infinitum, wie es schien, wenn auch in Wirklichkeit kaum mehr als fünf Minuten vergangen waren, ehe mir die Worte ausgingen. Ich fand diesen Versuch, Pater Pan auf eine begrenzte Liste von Hauptwörtern zu reduzieren, etwas geschmacklos, denn ich konnte nicht umhin zu erkennen, daß dieser reduktionistische Prozeß ebensogut auf mich selbst angewendet werden konnte, und zwar mit einer kaum halb so langen Liste.
»Ich glaube, ich bin fertig«, sagte ich schließlich. »Was passiert jetzt?«
»Sie müßten einige Monate eifrig studieren, um die Mathematik des Prozesses zu verstehen, den ich jetzt anwenden werde, wenn das auch certainement die Mühe wert wäre«, erklärte Willa mir. »Zuerst muß ich ein Programm entwerfen, das die Matrix veranlaßt, alle Bezugspunkte durchzugehen, so daß alle Daten, die mit dem Subjekt zu tun haben, freigegeben werden. Dann muß ich sie dazu bringen, auf einer Zeitachse eine Abfolge zu entwickeln, dann müssen Suchrichtungen hypothetisch entworfen und mit dem Datenfeld abgeglichen werden…«
Sie zuckte die Achseln. »Es soll reichen zu sagen, daß es Tage dauert, wenn wir Glück haben – und Wochen, wenn nicht…«
Ich fand den ganzen geheimnisvollen und langwierigen Prozeß ziemlich beängstigend, besonders im Lichte der Tatsache, daß ich letzt auch selbst zu diesem ungeheuren Datenchaos beitragen sollte.
»Muß ich das alles lernen, um meinen eigenen Eintrag aufzuzeichnen?« fragte ich recht entsetzt.
Willa lachte. »Jeder kann Wissen in die Matrix eingeben, indem er einfach einen gewöhnlichen Wortkristall überspielt«, sagte sie. »Es ist das Auffinden von bestimmtem Wissen, das Erfahrung und Geschick verlangt!«
Sie betrachtete Wendi etwas verschlagen. »Hier ist eine Lektion für dich, Wendi Sha Rumi«, sagte sie. »Nämlich, daß wildes Geschwafel nicht im gleichen Maße zur Weisheit beiträgt, wie es die Gesamtmenge der Daten erhöht. Deshalb achte darauf, daß du deiner jungen Freundin hilfst, einen passenden Eintrag zu formulieren, soll heißen einen, der kurz ist, prägnant, ohne übermäßige Verallgemeinerungen und verbale Ergüsse und so objektiv zutreffend wie möglich.«
»Ich habe schon mal Eingaben für die Matrix vorbereitet, Willa«, stellte Wendi trocken fest.
»In der Tat. Überreichlich. Aber bedenke, daß ich als Hüterin der Kohärenz der Matrix die Kompatibilität deiner Produkte beurteilen muß.«
»Haben meine Werke deine Prüfung jemals nicht bestanden?«
»Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen«, räumte Willa ein. »Aber du neigst zur Weitschweifigkeit, also achte darauf, daß du nicht den Stil deiner jungen Freundin mit deinem eigenen Laster infizierst.«
Wendi lachte. »Abgesehen von ihrem Geschick als Datenfinderin betrachtet Willa sich außerdem als verkappte Literaturkritikerin«, erklärte sie mir. »Wenn es ums erste geht, verneige ich mich vor ihrem Können, doch beim letzteren ist sie im besten Fall Amateurin.«
»Wie dem auch sei«, gab Willa zurück, »es ist der Geschmack von uns Amateuren, dem ihr Verfasser von Romanen entsprechen müßt, um euer täglich Brot zu verdienen, no?«
Auf Wendis Vorschlag – sie bestand sehr nachdrücklich darauf – nahmen wir ein leichtes Mittagessen aus Sushi und Sake im Refektorium ein; denn, so erklärte sie, das Abendmahl würde ein feierliches Bankett mit vielen Gängen werden, bei dem ich hellwach sein mußte; sie hatte dafür gesorgt, daß wir am gleichen Tisch mit denen saßen, die bei der Verfeinerung meines Eintrags in die Matrix helfen sollten. Außerdem würde Raumkapitän Dana Gluck Sara bei uns sein, der sein Interesse geäußert hatte, die Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts von den Lippen der Heldin selbst zu hören.
Nach dem Mittagessen gingen wir in ihre Luxuskabine, wo sie mir die Prozedur erläuterte, nach der wir bei unserer Zusammenarbeit vorgehen würden.
Zuerst würde ich meine Geschichte frei und in meinem eigenen Stil auf Wortkristalle sprechen; ich sollte sogar mehrere Versionen aufzeichnen, denn zunächst kam es darauf an, die Möglichkeiten meiner eigenen spontanen Erzählweise auszuschöpfen.
Dann würden wir zusammen mit einigen Wissenschaftlern dieses Rohmaterial durchgehen, um die bildhaften Beschreibungen von!
Ereignissen, der Flora, von psychischen Effekten und so weiter zu schärfen und wo
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